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Arbeiten bei Lieferando: Gehalt, Karriere, Jobs beim Lieferdienst

Tipps & Tricks zum Thema Gehalt, Karriere & Berufsleben
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Ein Kunde bezahlt mit der Karte einen Pizzalieferanten an der Tür.

Nach einem langen Arbeitstag auch noch etwas kochen, darauf hat nicht jeder Lust. Kein Wunder also, dass immer mehr Menschen sich dazu entschließen, frisch zubereitetes Essen über das Internet zu bestellen. Das geschieht hierzulande häufig über Lieferando – und zwar oftmals selbst dann, wenn nicht direkt über die Website oder die App des Lieferservices bestellt wird.

Mit seinem einprägsamen orangefarbigen Logo hat sich das Unternehmen mittlerweile eine allgegenwärtige Markenpräsenz erarbeitet. Monatlich vermittelt der Lieferdienst etwa zehn Millionen Aufträge – Tendenz steigend. Gerade im Zuge der Corona-Pandemie hat das ohnehin schon boomende Take-away-Geschäft noch stärkeren Zulauf erfahren, 2020 lieferte Lieferando Mahlzeiten im Wert von etwa 2,5 Milliarden Euro direkt vor die Haustür.

Damit eine derart große Anzahl an Bestellungen ausgeliefert wird, kann sich das Unternehmen auf seine mehr als 10.000 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen verlassen, der Großteil davon Fahrer bzw. Fahrerinnen. Wir haben uns Lieferando als Arbeitgeber genauer angeschaut: Wie hoch ist der Stundenlohn für einen Kurier? Welche Berufe gibt es sonst noch bei Lieferando? Und wie sieht es mit den Arbeitsbedingungen aus? Diese und weitere Fragen beantworten wir in diesem Artikel.

Geschichte und Geschäftsmodell von Lieferando

Zu Beginn einer guten Geschäftsidee steht oftmals eine Marktlücke. So ist es auch im Jahr 2000, als der niederländische Student Jitse Groen über das Internet Essen bestellen möchte, stattdessen aber nur einen unübersichtlichen Wust aus Restaurantadressen vorfindet. Ihm kommt der Einfall, Lieferdienste in einem einzigen Portal zu bündeln – noch im selben Jahr wird Thuisbezorgd.nl (auf Deutsch: Hauslieferung) geboren. 2008 folgt dann die Expansion ins deutschsprachige Ausland.

Nur ein Jahr später wird in Berlin der Grundstein für ein ähnliches Unternehmen gelegt: Die drei Studenten Christoph Gerber, Jörg Gerbig und Kai Hansen rufen ein Start-up namens Yourdelivery ins Leben, später folgt die Umbenennung in Lieferando. 2014 verschmelzen die beiden Konkurrenten: Groens Unternehmen, mittlerweile unter dem Namen Takeaway.com tätig, übernimmt Lieferando für 50 Millionen Euro. Der markige Name bleibt für die Deutschland-Sparte des Konzerns bestehen.

Das Businessmodell ist simpel: Lieferando fungiert als Mittler zwischen Restaurant und Kunde. Während Konsumenten von einem schier grenzenlosen, aber ungeordneten und unübersichtlichen Gewirr aus Restaurantservices überwältigt werden, haben viele gastronomische Betriebe weder Know-how noch Personal- und Marketingressourcen für eine ansprechende Online-Präsentation. Hier kommt Lieferando als Bindeglied ins Spiel. Das Unternehmen führt die beiden Seiten zusammen und erhebt hierfür einen festen Prozentsatz des Verkaufspreises als Provision.

Auf Basis dieses Prinzips agieren auch andere Unternehmen. Insbesondere Delivery Hero stellt sich als hartnäckiger Konkurrent heraus, beide Branchenriesen kämpfen viele Jahre um die Vormachtstellung auf dem deutschen Markt. 2018 hat dieses Duell ein Ende, Takeaway.com übernimmt das Deutschlandgeschäft des Kontrahenten inklusive namhafter Marken wie Foodora, Pizza.de und Lieferheld. Ähnliche Erfolge kann der Konzern auf internationaler Ebene feiern.

Knapp zwanzig Jahre nach seiner Gründung ist der Konzern ganz oben angekommen, dank seiner internationalen Präsenz in 15 Ländern hat der Lieferservice seinen Umsatz 2020 auf einen Rekordwert von mehr als zwei Milliarden Euro gesteigert Lieferando.de trägt hierzu mit ungefähr 370 Millionen Euro bei. Kunden können via Lieferando Mahlzeiten von mehr als 20.000 Restaurants beziehen, 13 Prozent des Bestellwerts werden als Provision einbehalten. Um an diese Vermittlungsgebühr zu gelangen, greift das Unternehmen mitunter zu zweifelhaften Methoden: Sogenannte Schattenwebseiten sind identisch mit Internetpräsenzen von Restaurants, werden jedoch von Lieferando selbst geschaltet. Ungefähr 50.000 solcher Imitate soll es in Deutschland geben. Für den arglosen Kunden ist kein offensichtlicher Unterschied erkennbar, dank dieses Tricks bestellen zahlreiche Konsumenten unwissentlich über Lieferando – zum Nachteil der jeweiligen Restaurants.

Dass der Lieferdienst derartige Praktiken durchführen kann, liegt vor allem auch an seiner Quasi-Monopolstellung. Durch die zahlreichen Übernahmen hat das Unternehmen sämtliche Konkurrenten weitgehend vom Markt verdrängt, hieraus ergibt sich für gastronomische Betriebe wiederum ein problematisches Abhängigkeitsverhältnis. Lieferando nutzt seine Dominanz gnadenlos aus und kann den auf Onlinedienste angewiesenen Partnerrestaurants die Bedingungen diktieren. Jene Alleinhoheit könnte allerdings bald ein Ende haben, denn mit Uber Eats und der zu Delivery Hero zugehörigen Marke foodpanda haben zwei nennenswerte Konkurrenten dem Branchenprimus den Kampf angesagt.

Fahrradkurier für Essen: Was verdienen Fahrer bei Lieferando?

Man sieht sie fast überall auf deutschen Straßen: Gekleidet in eine orangefarbene Jacke und ausgestattet mit einem großen eckigen Rucksack radeln Lieferando-Fahrer durch den Verkehr und bringen das warme Essen schnellstmöglich zum Adressaten. Die gängige Annahme, dass eine via Lieferando getätigte Bestellung zumeist auch vom Unternehmen ausgeliefert wird, ist allerdings falsch: Tatsächlich ist das die Ausnahme, fast alle Restaurants bringen die Ware selbst zum Kunden. Nur etwa in einem von 15 Fällen übernimmt Lieferando auch den Kurierdienst, in kleineren Ortschaften ist das Unternehmen ohnehin nicht mit eigenen Mitarbeitern vertreten.

Dennoch besitzt Lieferando eine vielköpfige Fahrerflotte, die momentan in knapp 40 deutschen Städten aktiv ist. Ungefähr 10.000 Fahrer und Fahrerinnen sind insgesamt im Einsatz und benutzen hierfür oftmals ein E-Bike, einen Motorroller oder ihr eigenes Fahrrad. Selbst mit teilmotorisiertem Gefährt ist der Job mit körperlicher Anstrengung verbunden, zudem sind Kuriere stets Wind und Wetter ausgesetzt und müssen selbst bei stärkstem Niederschlag losziehen. Mit einem Stundenlohn von etwa 10 Euro werden die Anstrengungen jedoch nur wenig gewürdigt.

Wie viel Lieferando-Fahrer im Monat verdienen, lässt sich nicht pauschal bestimmen, denn zum Basissatz kommen noch geringfügige Boni sowie Trinkgeld vom Kunden hinzu. Außerdem wird die Tätigkeit sehr häufig in Teilzeit oder als Minijob auf 450-Euro-Basis ausgeübt; insbesondere unter Studierenden ist der Aushilfsjob nicht zuletzt aufgrund flexibler Arbeitszeiten durchaus beliebt. Theoretisch kann sich aber jeder bewerben, spezielle Zugangsvoraussetzungen gibt es nicht, und aufgrund des rapiden Unternehmenswachstums werden ständig neue Fahrer und Fahrerinnen eingestellt.

Welche Berufe gibt es sonst noch bei Lieferando?

Auch wenn man bei einem Lieferando-Mitarbeiter vor allem an einen Fahrer denkt, bedeutet das bei weitem nicht, dass alle Beschäftigten beruflich auf zwei Rädern unterwegs sind. Jede lokale Kurierflotte wird von sogenannten Driver Coordinators gemanagt, und in der Unternehmenszentrale in Berlin arbeiten zahlreiche Angestellte in herkömmlichen Bürojobs. Lieferando beschäftigt in seinen Büro Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in folgenden Bereichen:

  • Corporate
  • Customer Service
  • Data & Analytics
  • Finance
  • Human Resources
  • Marketing
  • Operations & Logistics
  • Sales
  • Tech & Product

Rund 1000 Mitarbeiter sorgen insgesamt im Hintergrund dafür, dass alle Arbeitsprozesse reibungslos ablaufen. Ob IT-Fachkraft, Kundenberater oder Personalmanager, die Palette an Tätigkeiten ist groß. Die folgende Übersicht zeigt eine Auswahl an Berufen und deren ungefähre Jahresgehälter:

Offene Stellen bei Lieferando

Bruttogehalt:
Durchschnittliches Bruttogehalt bei 40 Wochenstunden

Arbeitsbedingungen bei Lieferando in der Kritik

So beliebt die Nutzung von Lieferdiensten auch ist, so schlecht ist der Ruf der Branche als Arbeitgeber. Schon einstige Konkurrenten wie Foodora und Deliveroo mussten sich hier ständiger Kritik erwehren. Das ist bei Lieferando nicht anders und beginnt schon beim Gehalt: Selbst mit möglichen Zuschlägen liegt dieses nur unwesentlich über der Mindestlohngrenze. Hinzu kommen allerdings noch Trinkgelder, auch wenn es Berichten zufolge technische Probleme bei deren Erfassung und Weiterleitung gab, wenn diese im Zuge der Kontaktbeschränkungen digital übermittelt wurden. Stellenweise kam es außerdem zu Klagen über fehlerhafte Stundenabrechnungen. Lieferando wies diese Vorwürfe von sich und sprach von Einzelfällen.

Ein weiterer Kritikpunkt bezieht sich auf die Arbeitsausrüstung: Nicht immer hatte Lieferando entsprechende Fahrräder und Smartphones zur Verfügung gestellt. Manche Mitarbeiter waren dadurch gezwungen, ihre privaten Räder und das eigene Datenvolumen zu nutzen. Zwei Beschäftigte klagten dagegen, vor Gericht wurde ihnen Recht gegeben. Dies war nicht das erste Mal, dass sich die Justiz mit Lieferando beschäftigte – als Reaktion auf Anschuldigungen, wonach das Unternehmen die Gründung von Betriebsräten absichtlich erschwere, stellte das Landesarbeitsgericht Frankfurt nicht kooperatives Verhalten des Arbeitgebers fest.

Ohnehin ist die Beziehung zwischen Lieferando und Betriebsräten bzw. Gewerkschaften von Unstimmigkeiten begleitet; diese bemängelten etwa die Vielzahl an befristeten Verträgen oder die Nicht-Einhaltung von Sicherheitsrichtlinien. Überdies geriet das Unternehmen ins Visier von Datenschützern: Lieferando-Fahrer nehmen Aufträge mithilfe einer firmeninternen App namens Scoober entgegen. Diese erfasst allerdings den Standort des Fahrers in Sekundenabständen, die hierdurch gewonnenen Bewegungsprofile werden in manchen Fällen jahrelang gespeichert. Mitarbeiter beklagen permanente Überwachung sowie eine Verschärfung des ohnehin schon prekären Zeitdrucks. Zumindest einen der hier genannten Mängel hat Lieferando mittlerweile ausgemerzt: Erst kürzlich teilte das Unternehmen mit, es würde all seinen Fahrern unbefristete Verträge anbieten.

Ein Blick auf Bewertungsportale im Internet zeigt ohnehin, dass viele Auslieferungsfahrer ihren Beruf dennoch gerne ausüben. Kuriere schätzen vor allem die zeitliche Flexibilität, schließlich ist die Tätigkeit für sie in den meisten Fällen ein Nebenjob. Weitgehend positiv sind außerdem die Beurteilungen der Mitarbeiter in der Unternehmenszentrale, insbesondere die moderne Unternehmenskultur und der große Teamzusammenhalt werden lobend hervorgehoben. Auf der anderen Seite steht dennoch eine nicht zu ignorierende Menge an Vorwürfen gegenüber Lieferando – so komfortabel und vorteilhaft gastronomische Take-away-Dienste für den Kunden auch sind, diese Vorteile scheinen noch nicht bei allen ausliefernden Mitarbeitern angekommen zu sein.

 

Quellen:

Frankfurter Rundschau

Glassdoor

Just Eat Takeaway.com

Kununu

Spiegel

Statista

Süddeutsche Zeitung

Tagesschau

Tagesspiegel

Wirtschaftswoche

 

Autor: Michel Vo