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Ländervergleich Norwegen: Arbeit, Gehalt und Leben

Tipps & Tricks zum Thema Gehalt, Karriere & Berufsleben
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Haus auf den Lofoten in Norwegen

Hoch im Norden liegt das Paradies – so jedenfalls scheint es aus Arbeitnehmersicht. Norwegen steht für ein Gesellschaftsklima, das die Menschen in den Mittelpunkt stellt, für einen sicheren Sozialstaat, für eine familienfreundliche Politik mit kurzen Arbeitszeiten, für eine niedrige Arbeitslosigkeit und für einen generell hohen Wohlstand. Zudem wird Gleichberechtigung großgeschrieben und gelebt und Transparenz hat einen wichtigen Stellenwert.

Auch wenn sie einen im weltweiten Vergleich recht hohen Lebensstandard genießen, gelten die Menschen in Norwegen als bescheiden. Reichtum zur Schau zu stellen ist verpönt, der Grundsatz lautet: lieber nicht auffallen. Zwar hängt der wirtschaftliche Erfolg des nordischen Landes zu einem großen Teil von einem endlichen Rohstoff ab, und zwar dem Erdöl. Doch das zukunftsorientiere Norwegen sorgt bereits jetzt für die Zeit nach den fossilen Brennstoffen vor.

Wie ist es, im Königreich zwischen Oslo, Kristiansand, Bergen und Hammerfest zu arbeiten? Welche Berufszweige im Norden sind besonders gefragt? Und worauf kommt es als Einwanderer in Norwegen an? Infos zu genau diesen Themen haben wir hier für Sie in folgender Übersicht zusammengestellt.

Kennzahlen: Arbeiten in Norwegen

  • Einwohnerzahl: 5,3 Mio.
  • Währung: Norwegische Krone (NOK)
  • Durchschnittlicher Verdienst: ca. 532.000 Norwegische Kronen (55.340 €) brutto im Jahr (monatlich 4.610 € umgerechnet auf 12 Monate)
  • Gehaltsbestandteile: (brutto und netto) Grundgehalt plus variable Gehaltsbestandteile. Die Sozialabgaben sind relativ niedrig für Arbeitnehmer und betragen 8,2 % des Bruttoeinkommens, bei Selbstständigen sind es 11,4 % und bei Rentnern und Jugendlichen 5,1 %. Die Arbeitgeberbeiträge sind höher und werden gleich einbehalten. Darüber hinaus wird das Sozialwesen zusätzlich durch Steuern finanziert. Bestandteile der Sozialversicherung (folketrygden) sind die Absicherungen bei Krankheit, Schwangerschaft/Geburt, Arbeitslosigkeit, Ruhestand, Arbeitsunfähigkeit und Verlust des Versorgers.
  • Steuersatz/Steuersystem: Die Steuern in Norwegen sind vergleichsweise hoch, damit der Wohlfahrtsstaat finanziert werden kann. Das System gilt allerdings als relativ simpel. Die progressive Einkommensteuer beginnt bei 25 %, der Höchstsatz beträgt 38,7 %.
  • Krankenkasse & Co: Die Norweger haben keine Krankenversicherung im eigentlichen Sinne. Von Arzthonoraren bis Krankengeld ist das meiste durch den folketrygden, die allgemeine Sozialversicherung, abgedeckt. Allerdings sind bei einigen Behandlungen und Medikamenten relativ hohe Eigenanteile zu zahlen. Das norwegische Gesundheitssystem hat im internationalen Vergleich einen ausgezeichneten Ruf, sogar in abgelegenen Gegenden ist die Patientenversorgung in der Regel gut.
  • Rente: Seit einer Pensionsreform 2011 ist das Rentenalter in Norwegen flexibel. Um die volle Rente aus dem folketrygden zu erhalten, muss man ein Alter von 67 Jahren erreicht haben. Für den Renteneintritt gibt es eine flexible Spanne zwischen 62 und 75 Jahren, in der Arbeitnehmer schrittweise ihre Arbeitszeit reduzieren können.
  • Babypause/Elternzeit: Eltern haben infolge einer Schwangerschaft einen gemeinsamen Anspruch auf 12 Monate Arbeitsunterbrechung. In dieser Elternzeit sind 12 Wochen Mutterschutz während der Schwangerschaft sowie sechs Wochen Urlaub nach der Geburt enthalten. Zusätzlich kann jeder Elternteil bis zu einem weiteren Jahr Erziehungsurlaub pro geborenem Kind unmittelbar nach der Elternzeit nehmen.
  • Zahlweise Gehalt: In der Regel monatlich, seltener zweiwöchentlich oder wöchentlich als Überweisung aufs Bankkonto.
  • Wochenarbeitszeit: Üblich ist in Norwegen die 37,5-Stunden-Woche. Die Arbeitszeit ist auf neun Stunden am Tag sowie 40 Stunden die Woche begrenzt, bei belastenden Jobs in Schicht- oder Nachtarbeit liegt die Höchstgrenze bei 36 bis 38 Stunden.
  • Urlaubsanspruch im Jahr: Mindestens 25 Werktage im Jahr haben Menschen in Norwegen bezahlten Urlaub. Ältere Arbeitnehmer über 60 erhalten fünf Urlaubstage extra. Hinzu kommen elf gesetzliche Feiertage.
  • Arbeitspausen: Nach fünfeinhalb Stunden steht Arbeitnehmern eine Pause zu. Wenn die Arbeitszeit acht Stunden oder mehr am Tag beträgt, muss die Pause mindestens eine halbe Stunde betragen. Wer seinen Arbeitsplatz nicht verlassen kann oder keinen eigenen Pausenraum nutzen kann, darf sich die Pause als Arbeitszeit anrechnen lassen. Zwischen zwei Arbeitsschichten müssen elf Stunden Zeit liegen, innerhalb einer Woche haben Arbeitnehmer mindestens einmal 35 Stunden frei.

Norwegen im Ländervergleich

Der hohe Lebensstandard in Norwegen basiert zu einem wesentlichen Teil auf einer mächtigen Öl- und Gasindustrie. Trotz seiner bescheidenen Bevölkerungsgröße ist das Land der 13-größte Erdölförderer der Welt. Um nachhaltig zu wirtschaften und auf schlechtere Zeiten vorbereitet zu sein, werden Teile der Einnahmen aus dem (staatlichen) Ölgeschäft in einen Fonds investiert.

Das mit dem Wohlstand war allerdings nicht immer so. Noch bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts galt Norwegen als eines der Armenhäuser Europas; man lebte vom Fischfang und von der Land- und Forstwirtschaft. Doch seitdem Ende der 1960er Jahre die ersten ertragreichen Erdölquellen entdeckt wurden, sprudelt der Reichtum in dem skandinavischen Land. Inzwischen ist Norwegen als drittgrößter Erdölexporteur eines der reichsten Länder der Welt, auch wenn die Schwankungen beim Ölpreis der norwegischen Ökonomie teilweise zu schaffen machen. Denn die Wirtschaft ist sehr stark vom Abbau und Export der fossilen Rohstoffe abhängig. Aus diesem Grunde kam es auch schon vor, dass aus dem staatlichen Ölfonds Geld entnommen wurde, um andere Wirtschaftszweige anzukurbeln.

Bemerkenswerterweise nutzt Norwegen seine Energieträger selbst vergleichsweise wenig zur Gewinnung von Elektrizität. Das gebirgige Land verfügt über jede Menge Möglichkeiten, aus Wasserkraft Strom zu erzeugen, weshalb Norwegen auch komplett auf Kernenergie verzichten kann.

Weitere wichtige Wirtschaftszweige des Landes sind der Schiffbau und die Seefahrt – Norwegen verfügt über die viertgrößte Handelsflotte der Welt. Auch der Fischfang hat nach wie vor eine hohe Bedeutung, wobei dieser allmählich von der Fischzucht abgelöst wird. Und schließlich nimmt der Tourismus eine starke Rolle in der norwegischen Ökonomie ein. Die Besucher kommen hauptsächlich aus Deutschland, Schweden und dem Vereinigten Königreich.

In steter Sorge um ihren Lebensstandard lehnten die Norweger wiederholt eine EU-Mitgliedschaft ihres Landes ab. Allerdings ist die norwegische Volkswirtschaft schon aufgrund der geografischen Nachbarschaft eng mit der Europäischen Union verbunden und als Teil des Europäischen Wirtschaftsraumes den EU-Mitgliedern in vielen Punkten gleichgestellt.

Einen generellen Mindestlohn gibt es in Norwegen nicht. Allerdings haben die Gewerkschaften, in denen mehr als die Hälfte der Beschäftigten organisiert sind, Mindestlöhne für einzelne Branchen durchgesetzt. Diese schwanken allerdings erheblich. In der Elektrobranche beträgt der Mindestlohn für Fachkräfte zum Beispiel 210,40 NOK (22 €) pro Stunde, im Gütertransport 167,65 NOK (17,54 €) und bei (ungelernten) Festangestellten in der Landwirtschaft 135,05 NOK (14,13 €). Arbeitnehmer unter 18 Jahren erhalten einen geringeren Mindestlohn.

Arbeitsmarkttrends in Norwegen

Nicht nur für Touristen, sondern auch für Arbeitnehmer ist Norwegen attraktiv. Während man nämlich Erdöl und Erdgas exportieren kann, werden Arbeitskräfte importiert. Die Arbeitslosigkeit lag 2017 – nach einer kurzen Phase des Anstiegs, bedingt durch Ölpreis-Schwankungen – bei gerade einmal 4 %.

Wer nach Norwegen auswandern und dort arbeiten möchte, benötigt als Bürger des Europäischen Wirtschaftsraumes zunächst kein Visum. Drei Monate kann man sich zur Jobsuche im Land aufhalten, erst danach muss man sich bei der Polizei registrieren lassen. Die Chancen sind gut, dass Berufsabschlüsse aus Deutschland anerkannt werden. Da norwegische Unternehmen gern Informationen aus erster Hand über potenzielle neue Angestellte einholen, sind Referenzen bzw. Kontaktdaten früherer Arbeitgeber bei der Bewerbung hilfreich.

Ein wichtiger Unterschied zu Deutschland ist die Familienorientierung der norwegischen Firmen. So ist es in Dienstleistungsunternehmen üblich, nachmittags schon nach Hause zu gehen und Zeit mit den Kindern zu verbringen – sowohl für Frauen als auch für Männer. Und so finden so gut wie nie Meetings am späteren Nachmittag statt. Dafür beginnen die Norweger ihren Arbeitstag häufig bereits um acht Uhr morgens oder früher und nehmen auch nach dem Abendessen noch mal den Laptop in die Hand. Eine hohe Geburtenrate von 1,75 Kindern pro Frau scheint dem norwegischen System Recht zu geben.

Für Menschen in Deutschland kaum vorstellbar ist die in Norwegen gelebte Transparenz. Noch bis vor wenigen Jahren konnte jeder im Internet die Steuer- und damit die Gehaltsdaten aller Bürger des Landes einsehen – freilich nicht ohne kontroverse Debatten über die Sinnhaftigkeit dieser Maßnahme. Inzwischen gibt es die Zahlen nur noch nach Registrierung, da ein Missbrauch durch Kriminelle befürchtet wurde.

Welche Berufe sind in Norwegen gefragt?

Gefragte Branchen und Wirtschaftszweige mit zahlreichen freien Stellen in Norwegen sind:

Folgende Berufsgruppen haben besonders gute Chancen auf dem norwegischen Arbeitsmarkt:

Um in Norwegen zu arbeiten, sind mindestens gute Englischkenntnisse nötig. Wer Norwegisch oder eine der sehr ähnlichen skandinavischen Sprachen Dänisch oder Schwedisch beherrscht, hat noch bessere Karten auf dem Arbeitsmarkt.

Schulsystem und Ausbildung in Norwegen

Die Schulbildung in Norwegen ist grundsätzlich als Gemeinschaftsschule konzipiert und teilt sich wie folgt auf:

  • Grundschule (Barneskole) für Schüler von 6 bis 13. Hier werden noch keine Noten vergeben.
  • Sekundarstufe I (Ungdomskole) für Schüler von 13 bis 16. Hier entscheidet sich die weitere Zukunft der Schüler.
  • Oberstufe (Videregående skole) für Schüler von 16 bis 19 als optionale gymnasiale Ausbildung. Ein Großteil der Schüler besucht die weiterführende Schule, ein kleiner Teil geht direkt ins Berufsleben.

Dazu gibt es das System der Folkehøyskole (Volkshochschule), bei denen Menschen aller Altersklassen zusätzliche Kompetenzen in allen möglichen Fächern erwerben können.

Wer in Norwegen studieren möchte, kann dies an einer von acht Universitäten oder acht staatlichen wissenschaftlichen Hochschulen tun. Darüber hinaus bieten 19 weitere staatliche Hochschulen sowie einige private Institute fachlich orientierte Studiengänge an. An staatlichen Einrichtungen gibt es grundsätzlich keine Studiengebühren, auch nicht für internationale Studierende. Zahlreiche Kurse werden auf Englisch angeboten.

Arbeiten in Norwegen: Fazit

Hohe Gehälter, familienfreundliche Arbeitszeiten, ein gut ausgebauter Sozialstaat und eine hervorragende Infrastruktur: Es wirkt, als sei Norwegen ein absolutes Musterland. In der Tat gibt es nur wenige Faktoren, durch die das Land der Fjorde in einem negativen Licht erscheinen könnte, denn selbst der Abhängigkeit vom Rohstoff Öl wird eine nachhaltige Wirtschaftspolitik entgegengesetzt, um für die Zukunft gewappnet zu sein. Beispielhaft seien hier die Pläne genannt, die Hauptstadt Oslo ab 2019 in eine autofreie Zone zu verwandeln und ab 2040 Kurzstreckenflüge nur noch mit Strom zu betreiben.

Wer in Norwegen arbeiten und leben möchte, muss sich aber natürlich darüber im Klaren sein, dass das Land als Lebensmittelpunkt nicht jedermanns Sache ist. Dunkle Winter, wechselhaftes Wetter, lange Wege und abgelegene Orte in der Einsamkeit – Dinge wie diese sind der Preis dafür, in einem der wohlhabendsten Länder der Welt zu leben. Und schließlich gilt für manche der Janteloven genannte skandinavische Verhaltenskodex, der nur wenige Abweichungen von der gesellschaftlichen Norm duldet, als eine Bremse für herausragende Leistungen.

Quellen:

Deutscher Akademischer Austauschdienst
Deutsch-Norwegische Freundschaftsgesellschaft
FAZ.net
Königlich Norwegische Botschaft in Berlin
Monster.de
NAV.no
Skatteetaten
SPIEGEL Online
Statista
Statistisk Sentralbyrå
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