Ländervergleich Spanien: Arbeit, Gehalt und Leben
- Kennzahlen: Arbeiten in Spanien
- Spanien im Ländervergleich
- Arbeitsmarkttrends und die spanische Wirtschaftslage
- Gefragte und zukunftsträchtige Branchen und Berufe
- Die spanische Kommunikation und Arbeitskultur
- Gehälter und Löhne in Spanien
- Durchschnittliche Bruttojahreslöhne ausgewählter Berufe
- Fazit: Arbeiten in Spanien
Das spanische Festland und die umliegenden Inselgruppen sind nicht nur ein beliebtes Reiseziel für den Sommerurlaub: Ein Arbeitsplatz in Küstennähe oder in einer belebten spanischen Großstadt ist auch für viele Expats eine verlockende Vorstellung. Wer in Spanien für einen längeren Zeitraum leben und arbeiten möchte, sollte allerdings auch weitere Faktoren im Blick haben, um bestmöglich auf einen Aufenthalt im Süden Europas vorbereitet zu sein. Was ist bei einer Berufstätigkeit in Spanien zu beachten? Welchen Einfluss hat die wirtschaftliche Lage auf den Arbeitsmarkt und mit welchen Gehältern ist zu rechnen? Diese und weitere Fragen beantwortet der folgende Artikel.
Kennzahlen: Arbeiten in Spanien
- Einwohnerzahl: 47,6 Mio.
- Währung: Euro
- Durchschnittlicher Verdienst: Im Jahr 2020 betrug das Bruttojahreseinkommen im Schnitt 33.929 Euro (OECD-Datensatz). Das spanische Arbeitsgesetz (Estatuto de los Trabajadores, ET) sieht allerdings eine Auszahlung von 14 Monatsgehältern im Jahr vor, woraus sich ein monatliches Einkommen von 2.378 Euro brutto ergibt. Das zusätzliche Gehalt erhalten Arbeitnehmer anlässlich Sommerzeit und Weihnachten. Neben weiteren Einflussfaktoren wirken sich regionale Unterschiede auf den Verdienst aus, sodass im Baskenland und Städten wie Madrid die Gehälter deutlich über denen in ländlichen Gebieten wie etwa der Niedriglohnregion Extremadura an der Grenze zu Portugal oder in den Kanaren liegen.
- Gehaltsbestandteile: Die monatliche Gehaltsabrechnung umfasst mindestens das Grundgehalt sowie ggf. weitere Zusatzleistungen, welche tariflich bzw. im Arbeitsvertrag geregelt sind und beispielsweise als Betriebsrenten, Transportfahrkarten oder eine Krankenzusatzversicherung sichtbar werden. Hinzu kommt jeweils im Juli und Dezember das 13. bzw. 14. Monatsgehalt. Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträge werden regulär vom monatlichen Bruttolohn abgezogen, wobei Letztere zu einem Großteil vom Arbeitgeber übernommen werden und für Beschäftigte mit 4,7 Prozent vergleichsweise niedrig ausfallen. Der gesetzliche Mindestlohn (salario mínimo interprofesional, SMI) wird jährlich von der spanischen Regierung angepasst und beträgt zurzeit 6,06 Euro pro Stunde (Stand 2022). Bei 14 Monatsgehältern sind das ca. 1000 Euro im Monat. Zum Vergleich: In Deutschland dürfen Arbeitnehmer zum jetzigen Zeitpunkt nicht weniger als 9,82 Euro pro Stunde verdienen.
- Steuersatz/Steuersystem: In Spanien unterscheidet man zwischen direkten Steuern, welche von den Bürgern zu leisten sind bzw. von ihrem Gehalt bezogen werden, und indirekten Steuern, wie beispielsweise der Mehrwertsteuer (impuesto sobre el valor añadido (IVA)). Zu den direkten Abgaben für Residenten (Ansässige) zählt der Impuesto de Renta sobre las Personas Físicas (IRPF), die Einkommenssteuer. Diese unterteilt sich in einen nationalen Betrag (parte estatal) und eine Steuer der autonomen Regionalkörperschaften (parte autonómica), welche je nach Gebiet bedingt variieren kann. Der Steuerfreibetrag für unter 65-Jährige liegt bei ca. 5.500 Euro. Dieser erhöht sich mit steigendem Alter. Hinzu kommen Freibeträge für unterhaltsberechtigte Kinder unter 25 Jahren. Grundsätzlich zahlen Steuerpflichtige in Spanien von ihrem allgemeinen Einkommen (renta general) einen Steuersatz zwischen 19 und 47 Prozent, wobei sich der Betrag stufenweise ab festgelegten Grenzwerten erhöht. Weitere direkte Steuern wie etwa die Vermögenssteuer, die Kapitalerwerbssteuer oder die Mieteinkommenssteuer hängen zum Beispiel mit dem Besitz oder Verkauf einer Immobilie bzw. großen Vermögenswerten zusammen.
- Krankheit, Rente & Co. – Sozialversicherungen: Jeder Beschäftigte oder Selbstständige in Spanien ist verpflichtet, sich bei der staatlichen Sozialversicherungsanstalt Seguridad Social (INSS) sowie dem Gesundheitsinstitut (INSALUD) anzumelden. In der Regel übernimmt dies der Arbeitgeber, sodass die monatlichen Sozialversicherungsbeiträge direkt vom Gehalt abgebucht werden. Auswanderer benötigen außerdem eine Número de Identidad de Extranjero (NIE), eine Identifikationsnummer für Ausländer, welche für jegliche steuerrechtliche und gehaltstechnische Vorgänge gebraucht wird. Die Beiträge der gesetzlichen Krankenkasse sind fallen zwar geringer aus als in Deutschland, ebenso verhält es sich allerdings mit den Leistungen der staatlichen Krankenversicherung: Arzneimittelkosten müssen zu etwa 40 Prozent selbst übernommen werden, Zahnbehandlungen werden fast ausschließlich aus eigener Tasche bezahlt. Aus diesem Grund schließen viele Spanier eine private Zusatzversicherung ab, wodurch mehr Praxen und Kliniken genutzt und größere Kosten abgedeckt werden können. Wer eine schwere Krankheit durchläuft oder bereits hochbetagt ist, muss jedoch damit rechnen, dass die jeweilige private Versicherung von ihrem Kündigungsrecht Gebrauch macht. Die reguläre gesetzliche Rente (jubilación ordinaria) erhalten alle Arbeitnehmer und Selbstständige, welche als aktives Mitglied in das Rentensystem eingezahlt haben und das Rentenalter von derzeit 65 Jahren erreicht haben. Voraussetzung für die Beanspruchung der vollständigen Altersrente ist eine Mitgliedszeit von mindestens 37 Jahren und drei Monaten. Wer weniger gearbeitet hat, erhält die gesetzliche Rente erst im Alter von 66 Jahren. Bei 15 Beitragsjahren werden 50 Prozent des Rentenbeitrags ausgezahlt. Je höher die Beitragszeit, desto höher fällt auch die Rente entsprechend der jährlich angepassten Beträge aus. Außerdem gibt es mit der flexiblen Rente (jubilación flexible) und der Teilrente (jubilación parcial) noch weitere Möglichkeiten des Rentenbezugs, wobei in diesen Fällen die Rente mit einer Teilzeittätigkeit kombiniert wird. Die Arbeitszeit wird um 25 bis 50 Prozent verkürzt, während der Rentnerstatus erhalten bleibt. Auch vor Erreichen des Renteneintrittsalters kann eine Teilrente beantragt werden. Voraussetzung hierfür ist eine Mindestbeitragszeit von 33 Jahren.
- Babypause/ Elternzeit: 16 Wochen Elternzeit dürfen Mütter in Spanien nach Geburt des Kindes in Anspruch nehmen und erhalten dabei die volle Bezahlung ihres Arbeitgebers. Für Väter galt diese Regelung lange Zeit nicht, ihnen wurde nur eine verkürzte Elternzeit gewährleistet – 2016 waren dies gerade einmal zwei Wochen. Seit 2021 gilt allerdings eine neue Bestimmung hinsichtlich der Elternzeit für Väter: Ein obligatorischer Vaterschaftsurlaub von sechs Wochen nach Geburt des Kindes und insgesamt 16 Wochen Elternzeit für Väter wurden von der spanischen Regierung beschlossen, um der Benachteiligung von Frauen auf dem Arbeitsmarkt entgegenzuwirken und Vätern eine längere Erziehungszeit zu gewährleisten. Beide Elternteile erhalten in diesem Zeitraum weiterhin das volle Gehalt. Der Vaterschaftsurlaub darf dabei nicht auf die Frau übertragen werden. Allerdings besteht die Möglichkeit, die Erziehungszeit mit einer Teilzeitarbeit zu verknüpfen. Außerdem muss der Vaterschaftsurlaub nicht am Stück genommen werden.
- Arbeitszeiten: Die maximale Wochenarbeitszeit ist in Spanien auf 40 Stunden im Jahresdurchschnitt begrenzt. Zudem dürfen Arbeitnehmer in der Regel nicht länger als neun Stunden am Tag arbeiten und müssen eine Ruhezeit von 12 Stunden zwischen den einzelnen Arbeitstagen einhalten. Im Jahr dürfen zudem maximal 80 Überstunden geleistet werden. Konkrete Bedingungen und Ausnahmeregelungen werden individuell in den Arbeits- und Tarifverträgen vereinbart. Die meisten Beschäftigten in Spanien fangen zwischen 8:30 und 9:00 Uhr morgens an und enden zwischen 17:00 und 20:00 abends. Grund für diese ungewöhnlich langen Arbeitstage ist die Siesta, die spanische Mittagspause, welche durchaus zwei Stunden dauern kann.Im Jahr 2019 lag der Wochenarbeitsdurchschnitt in Spanien bei 36,4 Stunden. Dennoch liegt Spanien hinsichtlich der Arbeitsproduktivität hinter dem europäischen Durchschnitt. Ein im Jahr 2021 eingeführtes Pilotprojekt soll Abhilfe schaffen: Mit 200 Unternehmen testet das Land erstmals die Vier-Tage-Woche und erhofft sich davon nicht nur zufriedenere Arbeitnehmer, sondern auch eine gesteigerte Produktivität und weniger Krankheitstage.
- Urlaubsgeldanspruch im Jahr: Vollzeitbeschäftigte in Spanien haben jährlich Anspruch auf 30 Kalendertage bezahlten Urlaub. Außerdem wird Arbeitnehmern bei festgelegten besonderen Umständen ebenfalls Sonderurlaub (permisos) zugesprochen. Nach einer Eheschließung beispielsweise dürfen 15 Tage zusätzlicher Urlaub genommen werden. Bei schwerer Krankheit oder einem Todesfall in der Verwandtschaft kann sich der betroffene Mitarbeiter zwischen zwei und vier Tage freinehmen, bei einem Umzug kann er einen Tag Urlaub in Anspruch nehmen. Insgesamt gibt es 14 nationale gesetzliche Feiertage in Spanien, zu denen unter anderem Weihnachten, der spanische Nationalfeiertag (Día de la Hispanidad) und Ostern gehören. Weitere regionale Feiertage fallen je nach autonomer Gemeinschaft unterschiedlich aus. Fällt der Feiertag auf einen Sonntag, dürfen die Spanier einen arbeitsfreien Montag genießen.
- Probezeit und Kündigungsfrist: Die Probezeit ist im Arbeitsvertrag festgelegt bzw. tarifvertraglich geregelt und darf bei qualifizierten Fachkräften eine Höchstdauer von sechs Monaten, bei allen anderen Arbeitnehmern maximal zwei Monate betragen. Kündigungsfristen sind in der Regel ebenfalls im Tarifvertrag geregelt oder von einem branchenüblichen Zeitraum. Für gewöhnlich muss der Arbeitnehmer mindestens 15 Tage vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses die ordentliche Kündigung (dimisión del trabajador) einreichen und ist nicht verpflichtet, Gründe für seine Entscheidung anzugeben. Wird die Frist nicht eingehalten, ist mit einer regulierten oder ausbleibenden restlichen Bezahlung bzw. Verlust der verbleibenden Urlaubstage zu rechnen. Eine außerordentliche Kündigung ist nach spanischem Arbeitsrecht ebenfalls möglich und bei Einhaltung aller Erfordernisse zulässig. In Spanien ist die Begründung eines Arbeitsverhältnisses in schriftlicher Form nicht zwingend notwendig. Um Widersprüchlichkeiten und Probleme zu vermeiden, kann sowohl Beschäftigter als auch Arbeitnehmer jederzeit eine schriftliche Verfassung des vereinbarten Vertrags fordern, unabhängig von der bisherigen Beschäftigungszeit.
Spanien im Ländervergleich
Das deutsche und spanische Arbeitsleben lässt sich in den Grundzügen miteinander vergleichen, wobei es doch einige markante Unterschiede zwischen den beiden Ländern gibt. Während das gut ausgebaute Gesundheitssystem und die offene spanische Kultur und Lebensweise positiv ins Gewicht fallen, ist nicht zuletzt das Gehalt ein ausschlaggebender Faktor bei der Wahl des Arbeitsortes. In diesem Zusammenhang muss berücksichtigt werden, dass die Lebenshaltungskosten ebenfalls um einiges niedriger ausfallen als in Deutschland, was den geringeren Verdienst unter Umständen wieder ausgleicht. Das Leben in den Großstädten ist zwar noch einmal deutlich teurer als in den ländlichen Regionen und von variiert auch innerhalb der autonomen Gemeinschaften. Dennoch fallen regelmäßige Kosten wie etwa die Miete günstiger aus: Die anteilige Überbelastung der spanischen Bevölkerung durch Wohnkosten fiel im Jahr 2020 mit ca. 8,2 Prozent erheblich geringer aus als der Durchschnitt in Deutschland mit 19,9 Prozent. Weitere Einflussfaktoren wie die wirtschaftliche Lage, gefragte Berufe und Trends auf dem Arbeitsmarkt spielen natürlich ebenfalls eine wichtige Rolle und werden im Folgenden näher betrachtet.
Arbeitsmarkttrends und die spanische Wirtschaftslage
Spanien hat seit Jahren mit einer hohen Arbeitslosenzahl zu kämpfen und verzeichnet mit 13,3 Prozent im Jahr 2022 die höchste Arbeitslosenquote innerhalb der Europäischen Union (Quelle: Statista). In Deutschland ist aktuell rund 3 Prozent der Bevölkerung arbeitslos.
Nachdem die Corona-Pandemie im Jahr 2020 einen Rückgang des Bruttoinlandprodukts von 10,8 Prozent verursachte und die Zahl der Arbeitslosen entsprechend stieg, erlebte das BIP im darauffolgenden Jahr einen Aufstieg um ganze 5 Prozent. Dies verfehlte zwar das Ziel der spanischen Regierung, jedoch sorgt die starke Inflation von 8,4 Prozent (Stand: April 2022) bedingt durch Lieferengpässe, die Pandemie sowie die Folgen des Ukraine-Kriegs für eine geringere Kaufkraft der spanischen Bevölkerung und entsprechend weniger wirtschaftliche Erfolge innerhalb des Landes. Mit rund 15 Prozent macht die Tourismusbranche einen großen Anteil an der spanischen Wirtschaft aus, was unter anderem zu starken Einbußen im Krisenjahr 2020 führte.
Spaniens zentrale Handelspartner sind die Nachbarländer Frankreich, Italien sowie Deutschland. Außerdem ist das Land wichtigster Handelspartner für das angrenzende Portugal. Exportware sind vor allem Kraftfahrzeuge und Vorerzeugnisse sowie Lebensmittel. Obst, Gemüse, Wein und Schweinefleisch zählen zu den am meisten exportierten Nahrungsmitteln Spaniens, sodass der Agrarsektor in Spanien immer noch eine wichtige Rolle spielt. Steigende Energie- und Materialpreise sowie der weltweite Halbleitermangel belasten jedoch besonders die Automobilindustrie und treffen vor allem Produktionsbetriebe hart.
Ein verbreitetes Phänomen auf dem spanischen Arbeitsmarkt sind die sogenannten mileuristas. Als solche werden gut ausgebildete bzw. überqualifizierte Fachkräfte bezeichnet, deren monatliches Einkommen jedoch nur bei rund 1000 Euro liegt. Insbesondere junge Arbeitskräfte sind betroffen und nicht wenige ziehen eine Tätigkeit im Ausland in Erwägung. Zu Beginn der Corona-Pandemie verloren über die Hälfte aller Spanier unter 35 ihren Arbeitsplatz.
In einer schwierigen Lage ist außerdem die spanische Bauindustrie: Bauleistungen werden zwar an vielen Stellen benötigt, jedoch stellen die hohen Materialpreise für viele Bauunternehmen derzeit eine große Hürde dar. Außerdem bedarf es allein im Bausektor ca. 700.000 Arbeitskräfte (Stand: 2021).
Derzeit gehören folgende Tätigkeiten zu gefragten Berufen mit guten Chancen auf eine Anstellung:
- Handwerker/-in
- Ingenieur/-in
- IT-Experte/-in
- Kellner/-in
- Koch/Köchin
- Lkw-Fahrer/-in
- Naturwissenschaftler/-in
- Pflegefachkraft
- Reinigungspersonal
Weniger gefragt sind Bewerber im Bereich Wirtschaftswissenschaften und Geisteswissenschaften, da im Land selbst ein Überangebot an qualifizierten Fachkräften bzw. Studienabsolventen herrscht.
Gefragte und zukunftsträchtige Branchen und Berufe
Gute Aussichten auf einen Job haben Bewerber vor allem in den Großstädten, beispielsweise in Barcelona oder Madrid. Hier sammeln sich nicht nur viele Touristen – auch internationale Unternehmen und Start-ups sind in Ballungszentren sowie Industriegebieten angesiedelt.
Zu den Sektoren und Branchen mit einem aktuell hohen Bedarf an Arbeitskräften zählen:
- Chemische Industrie
- Gesundheitswesen
- Informationstechnologie (IT)
- Maschinenbau
- Pharmaindustrie
- Umwelttechnik
Viele Berufstätige sind in Spanien befristet oder im Teilzeitverhältnis beschäftigt. Grund dafür sind unter anderem die saisonal bedingten Stellen, welche vor allem in der Tourismusbranche zu finden sind. Eine Anstellung ist hier vergleichsweise leicht zu finden, beispielsweise als Barkeeper, Koch, Animateurin oder Servicekraft.
Aussichten auf eine Festanstellung haben Bewerber zum Beispiel im Einzelhandel, im Handwerk oder im Baugewerbe.
Die spanische Kommunikation und Arbeitskultur
Die spanische Art zu leben und zu arbeiten unterscheidet sich doch stark von dem Effizienzdenken und der hohen Sachlichkeit der Deutschen.
Geschäftliches und Privates wird durchaus vermischt und eine gute Zusammenarbeit basiert in der Regel auf einem vertrauensvollen persönlichen Verhältnis zwischen Kollegen und Geschäftspartnern. Auch in ihrer Entscheidungsfindung gehen die Spanier weniger rational vor, als dass sie sich von ihrem Eindruck und Gefühl leiten lassen. So ist es üblich, am Arbeitsplatz oder nach der Arbeit Small Talk zu halten oder beim Besuch eines Cafés oder einer Bar ins persönliche Gespräch zu kommen. Thematisiert werden häufig Kultur und Freizeit, Familie, Sport und Erlebnisse. Weniger gern gesehen sind politische Themen, das spanische Königshaus oder Berufliches. Beim Fußball, Stierkampf oder der Unabhängigkeit spanischer Kolonien sollte man mit der eigenen Meinung vorsichtig sein, denn viele Spanier werten entsprechende Ansichten als kränkend und nehmen Kommentare persönlich.
Die Kleiderordnung ist im Vergleich zu Deutschland strenger, ein elegantes Auftreten ist besonders im beruflichen Umfeld wichtig. Körperbetonte Kleidung bei Frauen ist eher unüblich.
Die Arbeit selbst ist mit Ausnahme junger Unternehmen und Start-ups vergleichsweise hierarchiegeprägt. Sowohl bei der Arbeit als auch im privaten Umfeld wird die Meinung älterer oder erfahrener Menschen bzw. Autoritäten sehr geschätzt.
Wichtige Entscheidungen werden häufig im Alleingang von Verantwortlichen getroffen und die allgemeine Mitarbeiterschaft befolgt meist Anweisungen und erledigt geforderte Aufgaben. Auf Pünktlichkeit wird nicht allzu viel Wert gelegt, von deutschen Angestellten jedoch häufig erwartet. Termine und Fristen dienen vermehrt der Orientierung und das parallele Arbeiten an mehreren Aufgaben ist keine Seltenheit. Besprechungen und geschäftliche Gespräche werden nicht nach einem strengen Zeitplan geführt. Direkt zum Punkt zu kommen und Probleme anzusprechen, wie es etwa in Deutschland üblich ist, wird im spanischen Arbeitsumfeld eher negativ wahrgenommen. Grundsätzlich umschreiben Spanier gern und nähern sich Themen über ausschweifende und längere Gespräche. Ebenso verhält es sich mit Kritik: Beim direkten Ansprechen negativer Gesichtspunkte fühlt sich der Gegenüber konfrontiert und ggf. sogar persönlich angegriffen, was keine gute Grundlage für das Führen geschäftlicher Angelegenheiten und eine positive Arbeitsatmosphäre ist.
Wer einen guten Eindruck hinterlassen möchte, passt sich seinem Umfeld an und kommuniziert, wenn möglich, auf Spanisch. Castellano ist die offizielle Amtssprache, auch wenn je nach autonomer Region noch eigene Sprachen hinzukommen können.
Der spanische Alltag startet nicht wie hierzulande früh am Morgen, um pünktlich um 16:00 oder 17:00 in den Feierabend zu gehen – Arbeitsbeginn in Spanien ist meist nicht vor 9:30 Uhr. Außerdem zelebrieren die Spanier die siesta, sodass nach einer langen Mittagspause, in welcher eine warme Mahlzeit und gelegentlich auch in Maßen Alkohol zu sich genommen wird, der Arbeitstag erst gegen 19:00 endet. Entsprechend spät für den deutschen Lebensrhythmus findet auch das gemeinsame Abendessen mit Familie oder Freunden statt. Frühestens 20:00 Uhr wird cena gegessen. Gastfreundschaft und Teilen wird beim Essen ebenfalls großgeschrieben. Pedantismus ist in Spanien äußerst unangebracht.
Gehälter und Löhne in Spanien
Die Bezahlung in Spanien hängt wie in Deutschland auch von verschiedenen Faktoren ab. Berufserfahrung, Qualifikation, Unternehmensgröße sowie Region der Arbeitsstätte spielen hierbei eine Rolle. Das Gehalt richtet sich nach dem gesetzlichen Mindestlohn und nach den geltenden Tarifverträgen bzw. wird individuell im Arbeitsvertrag geregelt. Beim Thema Equal Pay ist Spanien Vorreiter vor vielen anderen europäischen Staaten: Trotz bzw. gerade wegen der schwierigen Wirtschaftslage im Jahr 2020 wurde die gleichwertige Bezahlung von Männern und Frauen gesetzlich vorgeschrieben. Unternehmen müssen die Vergütung der Beschäftigten transparent halten und bei Verletzung der Vorschriften mit hohen Geldstrafen rechnen. Während der Verdienstunterschied zwischen männlichen und weiblichen Arbeitnehmern in Deutschland im Jahr 2020 noch 18 Prozent betrug, waren es in Spanien im privaten Sektor gerade einmal 9,4 Prozent (Quelle: Statista).
Folgende durchschnittliche Bruttojahresgehälter sind in diversen Branchen der spanischen Wirtschaft bei 14 Monatsgehältern üblich (Stand: 2018):
- Bauwirtschaft: 26.166 €
- Bergbau: 41.552 €
- Energiewirtschaft: 66.864 €
- Finanzwesen, Versicherungen und Banken: 56.056 €
- Gastronomie und Hotelwesen: 16.188 €
- Handel: 23.464 €
- Immobilienbranche: 25.396 €
- Information und Telekommunikation: 39.466 €
- Logistik und Transport: 27.734 €
- Verarbeitendes Gewerbe: 31.514 €
- Wasser- und Entsorgungswirtschaft: 28.392 €
- Wissenschaft und Forschung: 33.600 €
Durchschnittliche Bruttojahreslöhne ausgewählter Berufe
- Buchhalter/-in: 48.664 €
- Geschäftsführer/-in: 236.418 € bis 305.620 €
- Ingenieur/-in: 73.906 €
- Kraftfahrer/-in: 33.068 €
- Programmierer/-in: 60.410 €
- Sekretär/-in (mit Fremdsprachenkenntnissen): 52.570 €
- Vertriebsleiter/-in: 93.184 €
Fazit: Arbeiten in Spanien
Auswandern nach Spanien ist selbstverständlich eine Umstellung, allerdings zeigen sich insbesondere in Sachen Infrastruktur und Arbeitsrecht Ähnlichkeiten, sodass der Einstieg in die spanische Arbeitswelt kein völlig fremdes Erlebnis ist. Grundsätzlich ist Spanien als ein expat-freundliches Land zu betrachten, das sich offen gegenüber anderen Kulturen sowie sexuellen Orientierungen zeigt und auch hinsichtlich der Geschlechtergleichheit fortschrittlicher denkt und handelt als beispielsweise Deutschland. Besonders in den Metropolregionen und im industriellen Umfeld sind viele innovative und internationale Unternehmen angesiedelt. Der spanische Arbeitsmarkt ist aufgrund der hohen Arbeitslosenquote hart umkämpft. Saisonarbeitskräfte sowie qualifizierte Fachkräfte in spezifischen Branchen haben dennoch gute Chancen auf eine berufliche Anstellung.
Eine Herausforderung für deutsche Auswanderer in Spanien stellt womöglich die andere Art und Weise der Kommunikation dar sowie der spanische Arbeits- und Tagesrhythmus. Wer jedoch gewillt ist, sich anzupassen und sich auch sprachlich ausdrücken kann bzw. die spanische Sprache lernt, wird sicherlich eine erlebnisreiche und spannende Zeit in Spanien verbringen.
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Quellen:
auslandslust.de
eu-info.de
cbbl-lawyers.de
costanachrichten.com
enterspain.com
europa.eu
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handelsblatt.com
idealista.com
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Autorin: Antonia Grübl