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Längere Elternzeit als Vater? Probleme und Chancen für die Karriere

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Vater mit Kleinkind auf dem Arm

Wenn sich Nachwuchs ankündigt, beginnt eine schöne und aufregende Zeit, die meist viel zu schnell vorübergeht. Aus diesem Grund – und weil das Bild der Kindeserziehung als reine Frauenaufgabe veraltet und überholt ist – nutzen immer mehr Männer den sogenannten Vaterschaftsurlaub, um mehr Zeit mit ihren Kindern zu verbringen. Doch dabei ergeben sich für Väter ganz eigene Probleme – vor allem deshalb, weil Gesellschaft und Arbeitgeber noch immer nicht richtig auf diese Entwicklung eingestellt sind. Dennoch ist es für Väter lohnenswert, sich für die eigene Elternzeit zu entscheiden.

Elternzeit & Elterngeld – was ist das eigentlich?

Die Elternzeit, wie der Vaterschaftsurlaub eigentlich heißt, ist die gesetzlich garantierte, unbezahlte Freistellung von der Arbeit nach der Geburt eines Kindes. Diese kann insgesamt 36 Monate dauern, von denen 12 in den ersten drei Lebensjahren des Kindes genutzt werden müssen. Es können aber auch lediglich einige Tage oder Wochen Elternzeit genommen werden, da es keine Mindestdauer gibt. Um das entsprechend fehlende Einkommen teilweise aufzufangen, können Eltern für bis zu 12 Monate – wenn beide Elternteile in Elternzeit gehen in Summe sogar bis zu 14 Monate – das staatliche Elterngeld beantragen. Da statistisch nicht erfasst werden kann, wie viel Elternzeit Väter beantragen, ermittelt das Bundesfamilienministerium die Dauer der Elternzeit über die Auszahlungsdauer des Elterngeldes. Die Statistiken zeigen dabei deutlich, dass das Gefälle zwischen den Geschlechtern sehr groß ist, obwohl beiden Elternteilen gesetzlich gleich viel Elternzeit zusteht: Väter sind deutlich seltener und kürzer in Elternzeit.

Immer mehr Väter nutzen das Angebot – doch selten lange

Das Positive vorab: Die Anzahl der Kinder, deren Väter Elterngeld beziehen, steigt kontinuierlich an. Seit der Einführung 2007 hat sich der Anteil von rund 20 auf über 36 Prozent fast verdoppelt und in einigen Regionen liegt dieser sogar bei 57 Prozent. Bundesweit bezieht im Gesamtschnitt also rund jeder dritte Vater zumindest für eine Weile Elterngeld. Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) bewertet diesen Wandel sogar als „kleine Kulturrevolution“.

Allerdings sind Väter, die wirklich länger bei ihrer Familie bleiben, nach wie vor eine Seltenheit: Die überwiegende Mehrheit bezieht lediglich zwei Monate lang Elterngeld. Dabei handelt es sich um die sogenannten Partnermonate, welche den Gesamtanspruch der beiden Elternteile auf Elterngeld um zwei Monate auf insgesamt 14 Monate erhöhen. Somit beträgt die durchschnittliche väterliche Bezugsdauer – trotz einer theoretischen Höchstdauer von bis zu 12 Monaten – insgesamt nur 3,0 Monate. Im starken Kontrast hierzu steht die durchschnittliche Bezugsdauer von Müttern, welche im Jahre 2018 immerhin 11,7 Monate betrug.

Ein ungleiches Geschlechterverhältnis zeigt sich auch beim Elterngeld Plus, der Kombination aus Teilzeitarbeit und Elterngeldbezug, welche die mögliche Auszahlungsdauer des Elterngelds verdoppelt. Hier betrug die durchschnittliche Bezugsdauer von Vätern zwar 8,9 Monate, die von Müttern jedoch 20 Monate.

Warum nehmen Männer seltener längere Elternzeiten?

Die Statistiken zeichnen das Bild eines Vaters, dem Arbeit und Karriere letztlich wichtiger sind als die Zeit mit seinem Kind. So einfach ist es natürlich nicht: Für die Mehrheit der Väter gehört zum Vatersein heute ein intensives Engagement in der Familie dazu. Auch aus diesem Grund geben 70 Prozent der Papas an, dass sie sich mehr an der Erziehung und Betreuung der Kinder beteiligen als ihre eigenen Väter. Mehr als die Hälfte der Väter mit Kindern unter sechs Jahren würde sogar gerne mindestens die Hälfte der Kinderbetreuung übernehmen. Vor allem jüngere Männergenerationen sind der Meinung, dass Väter ihre Berufstätigkeit reduzieren sollten, solange die Kinder noch klein sind, und über 50 Prozent der erwerbstätigen Väter würden dies sogar gerne tun. Außerdem wünscht sich jeder dritte Vater mehr Zeit mit der Familie.

Die Vorstellungen vom Vatersein haben sich in der gesamten Gesellschaft verändert: Vorbei sind die Zeiten, in denen Väter sich hauptsächlich auf die materielle Absicherung der Familie konzentrierten. Stattdessen sollen sich Männer aktiv in die Betreuung und Erziehung ihrer Kinder einbringen und so viel Zeit wie möglich mit ihnen verbringen. 82 Prozent der Bevölkerung finden es sogar gut, wenn Väter eine Auszeit nehmen oder ihre Arbeitszeiten zugunsten der Kinderbetreuung reduzieren.

Angesichts der Zahlen stellt sich also die Frage, was aus all diesen Vorstellungen, Erwartungen und Wünschen wird. Dominieren etwa doch traditionelle Rollenverständnisse oder sind es externe Faktoren, die Väter vom Familienglück fernhalten?

Wenig Verständnis für die moderne Vaterrolle bei vielen Arbeitgebern

Wie auch Frauen, sehen sich werdende oder frischgebackene Väter, die mehr Zeit mit ihrer Familie verbringen wollen, speziellen Hürden gegenüber. Denn die Arbeitswelt ist längst noch nicht so familienfreundlich, wie sie es sein könnte: Die Angst vor beruflichen Nachteilen und die aufwendige betriebsinterne Organisation sind zwei Faktoren, welche Väter davon abhält, eine längere Elternzeit zu beanspruchen – oder überhaupt in Elternzeit zu gehen. Gerade in bestimmten Phasen der Karriere, wenn man unter stärkerer Beobachtung steht und Beförderungen angestrebt werden, sind Väter besonders vorsichtig: Schließlich könnte der Wunsch nach Elternzeit als Mangel an Arbeitsbereitschaft oder fehlender Karrierewunsch gedeutet werden. Außerdem ist die Einstellung und Einarbeitung einer Vertretung nicht nur mit erhöhtem Aufwand verbunden, sondern birgt auch die Gefahr, trotz Kündigungsschutz während der Elternzeit, langfristig ersetzt zu werden.

Obwohl mangelndes Verständnis von Vorgesetzten und Kollegen laut Umfragen eine eher untergeordnete Sorge zu sein scheint, gibt es doch immer wieder anderslautende Medienberichte: Vorgesetzte, insbesondere aus älteren Generationen, haben kein Verständnis für Väter, die sich in die Erziehung ihrer Kinder einbringen wollen. Betroffene berichten von Ansehensverlust, Druck aus der Chefetage, Vorwürfe von Kollegen, Kündigungsandeutungen und Repressalien wie die Streichung von Boni. Ähnlich verhält es sich beim Wunsch nach Teilzeit, welcher bei Männern weniger gesellschaftliche Akzeptanz erfährt als bei Frauen.

Eine Frage des Geldes?

Hinzu kommen ökonomische Faktoren. Die Einkommenssituation der (werdenden) Eltern hat einen starken Einfluss auf die Inanspruchnahme von Elternzeit: So hängt die Wahrscheinlichkeit, dass Väter Elterngeld beantragen, in der ‚klassischen‘ heterosexuellen Partnerschaft mit der Berufstätigkeit der Mutter zusammen und steigt mit ihrem Gehalt. Wo Frauen nach der eigenen Elternzeit mit hoher Stundenzahl erwerbstätig sind, sind Väter eher dazu geneigt, Elternzeit zu nehmen. In den meisten Beziehungen sind Männer aber aufgrund verschiedener Faktoren das besserverdienende Haushaltsmitglied. Die Sorge um Einkommensverluste durch den Verzicht auf eine Vollzeitbeschäftigung ist daher ein relevanter Faktor bei der Entscheidung gegen eine längere Elternzeit. Insbesondere bei einkommensschwächeren Familien ohne große finanzielle Rücklagen gestaltet sich die Elternzeit für Väter besonders schwierig.

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist, dass sich Frauen oftmals aktiv dazu entscheiden, insbesondere in der Anfangsphase die Rolle der Vollzeitmutter einzunehmen. Dies bedeutet im Umkehrschluss, dass sich Väter zwangsläufig in der Position des Versorgers wiederfinden. So begründeten 32 Prozent der befragten Väter in einer Studie für das Familienministerium ihren Verzicht auf Elternzeit mit dem Wunsch der Partnerin, sich um das Kind kümmern zu wollen. Inwieweit es sich hierbei um eine bewusste Entscheidung oder aber lediglich um die Weiterführung gesellschaftlicher Traditionen und die Erfüllung von Erwartungshaltungen handelt, ist eine andere Frage.

Chancen und Vorteile der Elternzeit für Väter

Die effektive Vereinbarkeit von Familie und Beruf kann sich für Eltern je nach Unternehmen und Branche unterscheiden. In traditionellen Feldern, wie beispielsweise dem Finanzsektor, scheint die Idee väterlicher Elternzeit nur langsam angenommen zu werden. Dies ist nicht nur für die Familien der Beschäftigten problematisch. Der Väterreport des BMFSFJ stellt beispielsweise fest, dass die Ausweitung der Familienfreundlichkeit auf Väter einen positiven Effekt auf den betriebswirtschaftlichen Erfolg von Unternehmen hat: Neben Vorteilen bei der Mitarbeitergewinnung und -bindung steigert sie die Zufriedenheit der Angestellten und sorgt für geringe Fehlzeiten und schließlich für höhere Produktivität.

Bei der Sorge um berufliche Nachteile gibt das Familienministerium Entwarnung: Für die Mehrheit der Väter führt die Nutzung von Elterngeldmonaten zu keinen langfristigen negativen Folgen im Beruf. Dies gilt insbesondere für die stark bevorzugte Variante der zwei Partnermonate. Bei längeren Auszeiten hätte sie nur temporäre Auswirkungen auf den Beruf: Statt eines harten Schnitts gebe es einen „befristeten Karriereknick“.

Somit stehen Väter finanziell besser da als Mütter, die oft mit einem messbaren und nachhaltigen Gehaltseinschnitt rechnen müssen. Dies ist unter anderem davon abhängig, für welches Beschäftigungsmodell sich die Eltern entscheiden: Während nur jede sechste Mutter in Vollzeit arbeitet, tun dies 80 Prozent der Väter. Dennoch wünscht sich knapp die Hälfte der Väter, dass beide Partner etwa gleich lang arbeiten und 76 Prozent der jungen Männer favorisieren, wenn die Partnerin ihren Teil zum Haushaltseinkommen beiträgt. Auch aus diesem Grund könnte eine längere Elternzeit der Väter sinnvoll sein: Sie begünstigt nicht nur nachweislich die berufliche Rückkehr der Mütter und aktiviert wichtige Potenziale für den Arbeitsmarkt, sondern sorgt auch dafür, dass noch Jahre später die Familienarbeit zwischen den Partnern gleichmäßiger aufgeteilt wird.

Nahezu alle Väter, die mindestens drei Monate Elterngeld bezogen haben, berichten, dass sie dadurch eine intensivere Bindung zum Kind aufbauen konnten. Langfristig profitiert davon die gesamte Familie. Außerdem nutzten viele die berufliche Auszeit, um ihre Prioritäten zugunsten einer besseren Work-Life-Balance neu zu ordnen.

Der Trend gibt Grund zur Hoffnung

Männer wie Frauen sehen sich bei der Vereinbarung von Arbeit und Familie vielen Hindernissen ausgesetzt. Vorurteile, die Sorge um Stigmatisierung und sozioökonomische Faktoren halten häufig insbesondere Männer noch davon ab, längere Elternzeiten zu nehmen. Diejenigen Väter, die das Angebot genutzt haben, bewerten die Zeit als überaus positiv und viele hätten diese gerne verlängert.

Die statistische Entwicklung lässt auf Gutes hoffen: Immer mehr Väter nutzen ihr Recht auf Elternzeit. Allein im letzten Jahr erhöhte sich die Zahl der Elterngeld beziehenden Väter um sieben Prozent. Dies ist ein klares Zeichen dafür, dass das Modell des aktiven und engagierten Vaters immer mehr Anklang findet. Und je mehr Kollegen, Vorgesetzte und Chefs sich in die Elternzeit verabschieden oder ihre Arbeitsstunden reduzieren, desto selbstverständlicher wird dies in Zukunft sein.

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Quellen:

Arbeitsrechte.de
Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Hans-Böckler-Stiftung
Institut der deutschen Wirtschaft
Institut für Demoskopie Allensbach
Statista
Statistisches Bundesamt
XING
ZEIT Online