Was bringt ein Doktortitel (nicht) für die Karriere?
Zwei Buchstaben und Punkt: Der Doktortitel
Viele Doktoranden freuen sich auf seriöse Stellenangebote, fesselnde Herausforderungen und hohe Dotierungen. Erfüllt ein Doktortitel diese Verheißungen am Arbeitsmarkt wirklich? Immerhin dauert eine Promotion durchschnittlich fünf Jahre. Sie kostet intensiven Arbeitseinsatz und einiges an Geld. Dabei wissen beileibe nicht alle Studenten, die eine Dissertation beginnen, was sie auf dem Arbeitsmarkt im Anschluss erreichen wollen. Der Begriff Promotion hat seinen Ursprung im lateinischen Wort „promotio“. Übersetzt bedeutet er Beförderung. Daher denken zahllose Studierende, der Doktortitel katapultiere sie an die Spitze der Berufswelt. In der modernen Gesellschaft hat ein Doktortitel viel von seiner Bedeutung als Auszeichnung für wissenschaftliche Qualifikation eingebüßt. Er ist mehr zu einem Symbol der Kapitalisierung auf dem Arbeitsmarkt geworden. Die jüngsten Veröffentlichungen über Aberkennungen von Doktortiteln durch die Verwendung von Plagiaten haben den Stellenwert des Titels schwer erschüttert.
In welchen Studienfächern wird häufig promoviert?
Studenten schließen naturwissenschaftliche Fächer wie
- Biologie,
- Chemie,
- Physik und
- Medizin
häufig mit einer Promotion ab. Das ist in der Regel sinnvoll, auch wenn die Absolventen nicht die Absicht haben, selbst in der Wissenschaft tätig zu werden. Wer ein Angestelltenverhältnis oder eine Verbeamtung im naturwissenschaftlich-technischen Bereich anstrebt, ist mit einer Promotion gut gerüstet. In Industrie und öffentlichem Dienst besitzen zahlreiche Laborleiter und Lehrer einen Doktortitel. Dieser Berufswunsch bleibt ohne Promotion oft unerfüllt. In der Regel zahlt sich die Doktorarbeit in diesen Berufen ebenso finanziell aus.
In Ingenieurwissenschaften wird grundsätzlich seltener promoviert. Dazu zählen beispielsweise die Fächer Elektrotechnik, Maschinenbau und Verfahrenstechnik. Für interessierte Ingenieure, die auf einem solchen Gebiet in Forschung und Entwicklung Karriere machen möchten, lohnt sich ein Doktortitel bei der Jobsuche allerdings schon.
Wann erleichtert ein Doktortitel die Jobsuche nicht?
Eine Promotion im Studium von Geisteswissenschaften, Sozial- und Kulturwissenschaften oder Sprachen wird nur in Einzelfällen bei der Arbeitsplatzfindung oder der Erreichung einer höheren Gehaltsstufe helfen. Personalmanager empfinden Bewerber mit Doktortitel als über- beziehungsweise fehlqualifiziert. Das sehen Betroffene vielmals selber so. Die Doktoren haben zahlreiche Sachkenntnisse, die im praktischen Beruf überhaupt nicht erforderlich sind. Das Einüben praktischer Handgriffe ist hingegen in der Theorie zu kurz gekommen. So bekommt unter Umständen eine Fachkraft mit weniger Expertise aber mehr direkter Berufserfahrung den Zuschlag für eine ausgeschriebene Stelle. Unternehmen können es sich heutzutage kaum leisten, Geld oder Löhne auszugeben für etwas, das sie nicht brauchen oder verlangen. Arbeitgeber bezahlen für die Erfüllung des Bedarfs, den sie haben.
Besser verdienen mit Doktortitel?
Grundsätzlich bietet der Arbeitsmarkt für Berufseinsteiger mit Promotion höhere Einstiegsgehälter. Arbeitgeber, die sich einen Doktor von der Universität weg leisten wollen, sind bereit, entsprechend dafür zu zahlen. Im Laufe des beruflichen Werdegangs können sich die Gehaltsunterschiede mit und ohne Doktortitel jedoch wieder relativieren. Nach einigen Jahren im Job zählt in der Wirtschaft die Qualität der abgelieferten Leistung und der Zielerreichungsgrad mehr als die ursprünglich mitgebtrachte Vorbildung.
Zu Top-Verdienern gehören nach wie vor promovierte Juristen. Sie erhalten bei Eintritt in den Beruf weitaus bessere Jahresgehälter als Berufseinsteiger, die lediglich das Staatsexamen abgelegt haben. Dazu müssen sie allerdings eine Anstellung in einer einschlägigen Großkanzlei finden. In der Funktion als mittelständischer oder freiberuflicher Anwalt wirkt sich ein Doktortitel nicht maßgeblich aus. Er dient dann vorwiegend als Nachweis, dass auf dem Gebiet entsprechende Sachkenntnis vorhanden ist, aber nicht als Garantie für hohe Einnahmen.
Im umgangssprachlichen Gebrauch wird "Doktor" oft mit "Arzt" gleichgesetzt. Das hat sich nicht zuletzt deshalb so etabliert, weil Ärzte in der Regel promovieren. Dabei ist die Promotion auch für Mediziner nicht verpflichtend und zahlt sich auch nur dann erheblich aus, wenn Mediziner Personalverantwortung tragen. Das ist der Fall, wenn sie als Ober- oder Chefärzte in Krankenhäusern fungieren oder eine eigene Praxis betreiben. Ein Doktortitel lässt das Einkommen dann um 15.000 Euro pro Jahr steigen.
Im Gesamtdurchschnitt der Geisteswissenschaftler ohne Personalverantwortung verdienen Doktoren rund 8.020 Euro brutto mehr im Jahr. Für den Einstieg gilt das allerdings noch nicht. In den ersten 3 Jahren nach Berufsantritt beträgt dieser Mehrverdienst durchschnittlich 3.200 Euro. Finanzielle Gründe rechtfertigen die Promotion damit nicht ausschließlich. Zumal Geisteswissenschaftler mit Doktortitel wie zuvor erklärt stärker darum kämpfen müssen, überhaupt eine Anstellung zu finden.
Gehälter je nach Fachrichtung bei Berufseinstieg und bis zu 3 Jahren Berufstätigkeit mit und ohne Promotion:
Ob Arbeitnehmer mit Promotion besser verdienen als ihre Kollegen ohne Doktortitel hängt unter anderem auch von der Branche ab, in der sie beschäftigt sind. So zeit sich am Beispiel von Chemie- und Autoindustrie, dass promovierte Naturwissenschaftler in der Chemiebranche zwar mehr verdienen als Nicht-Promovierte, jedoch beeinflusst der Titel nicht im selben Maße das Einkommen wie in der Autoindustrie. Können Ingenieure einen Doktortitel vorweisen, dürfen sie im Schnitt mit ca. 15.000 € brutto mehr im Jahr rechnen.
Karrieren mit und ohne Doktortitel
Vor rund fünf Jahren begann Frederike C. ihre Dissertation zum Thema „Urgeschichtliche Archäologie“. Zeitgleich nahm sie zur Finanzierung der Promotion eine stundenweise Beschäftigung bei einem medizinischen Dienst in der Funktion der Schreibkraft auf. Dort wollte sie anfangs dreimal pro Woche aushelfen. Nach kurzer Zeit bot der Betrieb ihr aufgrund guter Leistungen eine Stelle mit Festvertrag in der Verwaltung an. Inzwischen verantwortet Frederike C. als angehende Vertriebsleiterin den Außendienst ihres Unternehmens. „Anfangs zählte für mich nur ein zuverlässiger Zuverdienst. Dass mir eine Tätigkeit im Vertrieb liegt und Spaß macht, hat sich dann zufällig ergeben. Wenn ich das Jobangebot nicht angenommen hätte, wäre ich vielleicht heute mit der Dissertationsarbeit fertig. Ich stünde aber vermutlich ohne Einkommen da“. Sie hat noch Kontakt zu früheren Studienkolleginnen: „Leider hat bisher nur eine aus meinem Studienkreis die Zusage, bei einem Denkmalpflegeamt eine Anstellung zu bekommen. Ich verdiene inzwischen sehr gut und habe ein abwechslungsreiches Arbeitsfeld gefunden.“ Frederike C. bereut es nicht, dass sie die Arbeit an ihrem Doktortitel aufgegeben hat.
Matthias B. hingegen arbeitet seit mehr als einer Dekade beim öffentlichen Dienst. Er ist inzwischen 47 Jahre alt und leitet eigenverantwortlich eine Weiterbildungseinrichtung. „Die Promotion in Kulturwissenschaften war für meinen Beruf überhaupt nicht von Relevanz. Ich wusste im Vorfeld, dass meine langjährige Beschäftigung genau richtig für mich ist und dass ich nichts daran verändern wollte. Aber ich hatte das persönliche Bedürfnis, mir selbst intellektuell zu beweisen, dass ich das schaffe“. Matthias B. hat sich sehr viel Zeit gelassen, um den Doktortitel zu erwerben. „Ich hatte es absolut nicht eilig. Mein regelmäßiges Gehalt war nicht beeinflusst oder abhängig von einem Titel. Da mir das bereits vor Beginn mit der Arbeit klar war, habe ich mir auch keine blauäugigen Versprechungen gemacht, dass ich im Anschluss mehr Geld auf dem Konto haben würde. Und so war es dann auch.“ Matthias B. hat eine Weile viel gelernt und einige Familientage und Treffen mit Freunden versäumt. „Glücklicherweise brauchte ich aber nicht immer und auf alles verzichten. Schließlich ging es mir nur darum, mit Spaß an der Wissenschaft ein Thema tiefer zu ergründen. Wer den Titel für den Berufseinstieg braucht, hat diesen Luxus vermutlich nicht.“
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