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Pendeln – gut fürs Geld, schlecht für die Psyche?

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Person sitzt im Auto im Stau

Wohl niemand mag die tägliche Rush Hour morgens und abends, während der sich hunderte Fahrzeuge auf den Straßen tummeln und die öffentlichen Verkehrsmittel überfüllt sind. Zum Großteil ist dieses Phänomen auf Pendler und Pendlerinnen zurückzuführen: Jeder vierte Beschäftigte in Deutschland pendelt mindestens 30 Minuten zu seiner Arbeitsstätte, wobei 3,4 Millionen Menschen sogar in einem anderen Bundesland tätig sind.

Pendler ist laut dem Statistischen Bundesamt jeder, dessen Wohn- und Arbeitsort nicht übereinstimmen. Doch warum nehmen so viele Erwerbstätige einen vergleichsweise langen Arbeitsweg auf sich? Mit welchen gesundheitlichen Konsequenzen müssen Langzeitpendler auf lange Sicht rechnen und was hat es mit der Pendlerpauschale auf sich? 

Fakten und Gründe: Warum und wie wir pendeln

Die Kernursache des Pendelns ist in den meisten Fällen das Streben nach einem gewinnbringenden Arbeitsplatz in einem erfolgreichen Unternehmen, welches üblicherweise in oder nahe bei einem Ballungszentrum angesiedelt ist. Allerdings sprechen die hohen Mietpreise in der Stadt oder der Wunsch nach ländlicher Ruhe oft gegen einen Umzug. Pendeln ist für viele Berufstätige also die einzige Lösung, um eine angenehme Wohngegend sowie den besagten Job unter einen Hut zu bekommen und trotzdem flexibel zu bleiben. Lange Strecken im zweistelligen Kilometerbereich rücken dabei oft in den Hintergrund.

So bildet der PKW laut einer Studie des Statistischen Bundsamtes mit 68 Prozent das meistgenutzte Fortbewegungsmittel pendelnder Arbeitnehmer – der dabei verursachte CO2-Fußabdruck wird zugunsten zeitlicher Flexibilität und aufgrund eines mancherorts unzureichend ausgebauten ÖPNV-Netzwerks in Kauf genommen. Lediglich 14 Prozent gaben an, mit öffentlichen Verkehrsmitteln wie Bus und Bahn zur Arbeit zu fahren, und 17,1 Prozent kamen mit dem Fahrrad oder zu Fuß zu ihrer Beschäftigungsstelle.

Ja, aber … die Folgen des Pendelns und wie sich zusätzliche Belastungen vermindern lassen

Mehr als 2,2 Millionen Pendler und Pendlerinnen in Deutschland nehmen einen Fahrtweg von 60 Minuten und mehr für die einfache Strecke auf sich, nur um jeden Tag den Arbeitsplatz zu erreichen. Eine Menge Zeit, die unterschiedlich genutzt und für manch einen zur anstrengenden Bürde werden kann. Tatsächlich steigert Pendeln das Stressempfinden vieler Menschen enorm. Ein in der Regel hohes Verkehrsaufkommen während der Pendelzeiten verstärkt den Druck, die Anschlussverbindung zu verpassen oder zu spät zu einem wichtigen Termin zu kommen. Zeit für Familie, Sport und andere Freizeitaktivitäten passt schlichtweg nicht mehr in die Tagesplanung. Besorgungen, Einkäufe oder der Haushalt werden zwischen Tür und Angel erledigt und Mahlzeiten unterwegs zu sich genommen. Auch wenn sich ein gesellschaftlicher Wandel abzeichnet, erfahren meist Frauen immer noch eine doppelte Belastung, da meistens sie es sind, die sich neben dem Job und der Wohnung noch um die Kinder kümmern.

Viele Pendler in dieser Situation leiden unter Schlafstörungen, fehlender Bewegung und ernähren sich unausgewogen. Der dauerhafte Stress kann zu einem übermäßigem Suchmittel- und Medienkonsum führen, weil Betroffene auf diese Weise versuchen, herunterzufahren und zu entspannen. Bleibt die Situation über einen längeren Zeitraum unzufriedenstellend, breiten sich die Auswirkungen spürbar aus. Die belastete Person ist gereizter, vernachlässigt private Beziehungen und leidet zum Beispiel durch lange Sitzzeiten unter körperlichen Beschwerden. Psychische Erkrankungen wie Burnout oder Erschöpfungsdepressionen können die Folge sein. Ebenso gefährlich ist der Konzentrationsmangel aufgrund der immer gleichen Strecke, die Pendler zurücklegen. Autofahrer sind weniger aufmerksam und gehen ein erhöhtes Unfallrisiko ein.

So schwerwiegend die Konsequenzen des Pendelns ausfallen können – in einigen Fällen kann bereits eine positivere Grundeinstellung Symptome mindern und für ein besseres Zeitmanagement sorgen. Sowohl Nutzer des öffentlichen Nahverkehrs als auch Autofahrer haben die Chance, den Pendelweg sinnvoll zu gestalten. Podcasts und Musik hören oder lesen können beispielsweise helfen, zu entspannen. Außerdem schafft ein langer Heimweg nicht nur räumliche, sondern auch psychische Distanz zum Arbeitsplatz und den damit verbundenen Aufgaben, sodass einige Pendler besser abschalten können und berufliche Angelegenheiten weniger ins Privatleben übertragen. Pendler können bewusst Zeit für Bewegung einplanen und auf eine gesunde Ernährung achten. Bemerkbar macht sich dieser Effekt besonders bei aktiven Pendlern, welche zum Beispiel mit dem Fahrrad zur Arbeit fahren oder ein wenig mehr Zeit einplanen und einen Teil der Strecke zu Fuß zurücklegen, anstatt noch zwei Stationen im Bus abzusitzen.

Fahrgemeinschaften sind nicht nur weniger umweltbelastend, sondern tragen auch zu einem angenehmeren Fahrtweg bei. Der soziale Kontakt und interessante Gespräche etwa können Stress und schlechte Laune vertreiben. Außerdem verteilt sich der Stress des Fahrens im Berufsverkehr auf mehrere Menschen.

Auch der Arbeitgeber kann für ein motivierteres Arbeitsklima sorgen und den Beschäftigten einen Teil der Belastung abnehmen, indem beispielsweise aktives Pendeln durch die Bereitstellung von Dienstfahrrädern fördert oder die Arbeitszeiten generell flexibler gestaltet. So können Arbeitnehmer Angebote der Gleitzeit oder der mobilen Telearbeit wahrnehmen, etwa durch einen Tag im Home-Office. Die Corona-Pandemie sorgte für einen großen Schritt in Richtung Remote Work, den viele Unternehmen von sich aus nicht gewagt hätten. Einen Teil der Arbeitswoche im Home-Office zu verbringen, stärkt laut einer aktuellen Studie des Bayerischen Forschungsinstituts für Digitale Transformation jedoch nicht nur die Zufriedenheit der Beschäftigten, sondern fördert ebenfalls die Nutzung digitaler Medien und leitet ein fortschrittliches Umdenken in der betrieblichen Organisation und Führung ein.

Finanzielle Vorteile aus dem Pendeln ziehen

Lange Strecken mit Bus, Bahn oder Auto sind auf Dauer ein kostspieliges Unterfangen. Aus diesem Grund können Fahrtkosten zum Arbeitsplatz von den Steuern abgesetzt werden: Das Finanzamt berechnet die sogenannte Pendlerpauschale bzw. Entfernungspauschale nach §9 des Einkommenssteuergesetzes (EStG) mit 30 Cent pro vollen Kilometer. Seit 2021 beträgt diese sogar 35 Cent ab dem 21. Entfernungskilometer. Auf welche Weise der Pendler zur Arbeit gelangt, ist dabei unerheblich. Ausschlaggebend für die Berechnung der Pauschale sind die Zahl der Arbeitstage sowie die Kilometerentfernung der kürzesten Strecke zur ersten Tätigkeitsstätte. Diese legt der Arbeitgeber fest und spielt besonders bei mehreren Arbeitsstellen eine wichtige Rolle. Außerdem setzt das Finanzamt eine Jahreshöchstgrenze von 4.500 Euro Pendlerpauschale fest. Überschreiten die tatsächlichen Fahrtkosten den Betrag und der Arbeitnehmer kann dies nachweisen, wird eine entsprechende Entfernungspauschale angerechnet. Ausgenommen von der Pauschale sind Flugtickets.

Wege zu anderen Arbeitsstätten lassen sich übrigens als Reisekosten steuerlich absetzen. Diese setzen sich aus einer 30-Cent-Pauschale pro Entfernungskilometer, Parkgebühren, einer Verpflegungspauschale und ggf. Übernachtungskosten zusammen und werden als Dienstreise gewertet.

Pendeln: Fluch oder Segen?

Pendeln stellt für viele Menschen eine attraktive Möglichkeit dar, sich in ihrem Beruf zu verwirklichen, ohne das vertraute soziale Umfeld verlassen bzw. ständig umziehen zu müssen. Mit der richtigen Einstellung lassen sich Beruf und Privatleben erfolgreich miteinander kombinieren. Besonders zeitaufwändiges Pendeln ist und bleibt auf Dauer allerdings eine Belastung. Langzeitpendler und -pendlerinnen setzen sich einem gesundheitlichen Risiko aus und sollten daher unbedingt Maßnahmen zum Schutz ihrer physischen wie psychischen Situation treffen.

Quellen:

Bayerischer Rundfunk
Finanztip.de
Planet Wissen
Persona Service
Spiegel
Statistisches Bundesamt
Steuern.de
Stiftung Warentest
Tagesschau
Techniker Krankenkasse

 

Autorin: Antonia Grübl