Arbeit und Gehalt in Stiftungen: mehr als nur Ehrenamt

Für eine gute Sache mit interessantem Tätigkeitsfeld zu arbeiten, ohne dabei wirtschaftlichen Zwängen unterworfen zu sein – das ist offenbar der Wunsch vieler Menschen in Deutschland. Gemeinnützige Stiftungen als Arbeitgeber erfreuen sich wachsender Beliebtheit. Aber ist dieses Arbeitsfeld wirklich so attraktiv, wie die steigenden Suchanfragen nach Jobs in Stiftungen vermuten lassen? Zumindest, was das Gehalt betrifft, müssen Arbeitnehmer kompromissbereit sein.
Was ist eigentlich eine Stiftung?
Eine verbindliche rechtliche Definition gibt es nicht, wohl aber eine sprachliche Herleitung: „Stiftung“ kommt von „stiften“. Ein Stifter stellt eine größere Menge Geld zur Verfügung, das dann in seinem Sinne eingesetzt werden soll. Ursprünglich waren Stiftungen ausschließlich religiöse Gründungen (das Stift), mit denen sich der Stifter die Sicherstellung seines Seelenheils erhoffte.
Heutzutage entstehen Stiftungen meist, weil der Gründer seinen Reichtum zu einem gemeinnützigen Zweck einsetzen möchte. Die Verwalter der Institution legen das Stiftungsvermögen sicher und gewinnbringend an, zum Beispiel in Wertpapiere, Immobilien oder Unternehmensanteile, und finanzieren aus den Zinsen und Überschüssen dann Projekte im Sinne des Stifters. Die Stiftung ist langfristig gedacht, sie soll – wie einst zu Zeiten, als sie noch vollständig geistliches Vorhaben war – die Zeiten überdauern. Der Schenker trennt sich für immer von seinem Vermögen und kann die Einrichtung nicht rückgängig machen. Meistens sind die Gründer Privatpersonen; es gibt allerdings auch Organisationen, die dahinter stehen.
Welchen Zwecken Stiftungen dienen
Weit gefasst ist, was der Zweck einer Stiftung sein kann – in aller Regel ist er gemeinnützig, er soll also dem allgemeinen Wohl dienen. Häufig werden Förderungen in folgenden Themenbereichen geleistet:
- Wissenschaft und Forschung
- Religion
- Gesundheitswesen
- Jugend- und Altenhilfe
- Kunst und Kultur
- Denkmalschutz und Denkmalpflege
- Erziehung, Volks- und Berufsbildung
- Naturschutz
Dazu gibt es exotischere Zwecke wie den Schutz von Strafgefangenen, Heimatpflege oder Kleingärtnerei. Bekannt ist die Stiftung Warentest, die sich der Untersuchung von Produkten für Verbrauchern verschrieben hat.
Verfolgt werden die Ziele zum Beispiel durch Stipendien für Nachwuchswissenschaftler, die Vergabe von Forschungsaufträgen, die Förderung von kulturellen Einrichtungen oder den Betrieb von Betreuungseinrichtungen. Da Stiftungen steuerlich begünstigt werden, nutzen einige Unternehmen dieses Instrument allerdings auch zu einem fragwürdigen Zweck – zur Steuervermeidung, was beispielsweise IKEA vorgeworfen wird. Ein anderer Vorwurf an Stiftungsgründer lautet „Greenwashing“: Mittels einer Stiftung soll das angeschlagene Image eines Unternehmens aufpoliert werden, ohne dass es den Stiftern ernsthaft um das gemeinnützige Vorhaben gehe.
Es gibt rund 21.300 rechtsfähige Stiftungen bürgerlichen Rechts in Deutschland, die zusammen über etwa 100 Milliarden Euro Vermögen verfügen. Allein im Jahr 2017 wurden hierzulande 549 neue Stiftungen gegründet. Die „Branche“, wenn man sie so nennen möchte, ist also auf einem aufsteigenden Ast, was sich auch durch wachsendes Stiftungskapital bemerkbar macht.
Die größten Stiftungen in Deutschland nach Eigenkapital (gerundet):
- RAG-Stiftung: 15 Mrd.
- Else Kröner-Fresenius-Stiftung: 10,6 Mrd.
- Dietmar Hopp Stiftung: 5,9 Mrd.
- Robert Bosch Stiftung GmbH: 5,2 Mrd.
- VolkswagenStiftung: 3,1 Mrd.
- Klaus Tschira Stiftung gGmbH: 3 Mrd.
- Deutsche Bundesstiftung Umwelt: 2,2 Mrd.
- Baden-Württemberg Stiftung gGmbH: 2,1 Mrd.
- Joachim Herz Stiftung: 1,4 Mrd.
- Software AG – Stiftung: 1,2 Mrd.
- Bertelsmann Stiftung: 1,2 Mrd.
- Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung: 1,1 Mrd.
Arbeit in einer Stiftung
So vielfältig, wie die Zwecke einer Stiftung sein können, so unterschiedlich sind auch die Berufsgruppen, die dort Arbeit finden. Für die zentralen Verwaltungs- und Finanzaufgaben sind beispielsweise Stiftungsmanager verantwortlich – ein Weiterbildungsberuf, der sich an Menschen richtet, die bereits im Stiftungswesen tätig sind oder quer einsteigen wollen. Davon abgesehen gibt es nicht den typischen Beruf oder Studiengang, um in einer Stiftung zu arbeiten. Wissenschaftler aus allen Fachrichtungen haben Betätigungsmöglichkeiten: Kunsthistoriker finden Arbeit in Organisationen, die sich der Förderung von Kunst und Kultur verschrieben haben, während bei Naturschutzzwecken beispielsweise Umweltwissenschaftler eine wichtige Rolle spielen.
Von grundsätzlicher Bedeutung in einer Stiftung ist die Organisation zeitlich begrenzter Vorhaben, weshalb Projektmanager wichtige Mitarbeiter sind. Da es häufig auch um das Einwerben neuer Gelder für besondere Projekte geht, sind Fundraiser gefragt. Zudem legen Stiftungen hohen Wert auf ihre Außenwahrnehmung – hier kommen PR-Manager und Marketing-Fachleute ins Spiel. Dazu kommen IT-Kräfte, Personaler, Juristen, Finanzmanager und, gerade in kleineren Stiftungen, Allrounder, die von allem ein bisschen können.
Ehrenamtlich = unentgeltlich? Was man in Stiftungen verdient
Die meisten Stiftungen in Deutschland könnten nicht existieren, gäbe es nicht das Ehrenamt. 96 Prozent aller Einrichtungen verfügen über Organe, die ganz oder teilweise aus ehrenamtlichen Mitarbeitern bestehen. Allerdings heißt „ehrenamtlich“ nicht zwangsläufig „unentgeltlich“, denn es dürfen Aufwandsentschädigungen gezahlt werden. Und diese können Summen erreichen, von denen es sich sogar in einigen Fällen gut leben lässt. Bis zu 52.000 Euro im Jahr können ehrenamtliche Vorstände und Geschäftsführer in manchen Stiftungen erhalten. Die Regel ist dies allerdings nicht, meistens fallen die Aufwandsentschädigungen bedeutend geringer aus.
Hauptamtliche Mitarbeiter gibt es natürlich auch. Allerdings lässt sich festhalten, dass in Stiftungen keine Spitzengehälter wie in der Wirtschaft gezahlt werden. Hochrangige Führungskräfte können mit 100.000 Euro Jahresgehalt rechnen, in Einzelfällen bis zu 250.000 Euro – kein Vergleich zu den Top-Gehältern in DAX-Konzernen. Schließlich erwirtschaften Stiftungen in der Regel keinen Gewinn und müssen eventuelle Überschüsse zumindest langfristig im Sinne des Stiftungszwecks einsetzen. Dass die Organisationen ihre Einnahmen aus Kapitalanlagen schöpfen, kann in Zeiten niedriger Zinsen durchaus finanzielle Probleme nach sich ziehen. Allgemein orientieren sich die Vergütungen in gemeinnützigen Stiftungen an denen des Öffentlichen Dienstes. Das bedeutet zum Beispiel, dass Akademiker mit einem Masterabschluss ungefähr mit 40.000 Euro Jahresgehalt einsteigen können.
Zwar stehen die Stiftungen bei der Rekrutierung neuer Mitarbeiter in Konkurrenz zu den deutlich besser zahlenden Wirtschaftsunternehmen, allerdings haben sie gegenüber diesen einen wesentlichen Vorteil. Denn der Wunsch nach einer sinnstiftenden Tätigkeit ist gerade bei jüngeren Arbeitnehmern immer größer. „Millennials“ nehmen gern Gehaltseinbußen in Kauf, sofern der Beruf einen höheren Zweck erkennen lässt. Und so wächst die Anzahl der Bewerber im Stiftungswesen trotz geringer Gehälter. Es kommt eben nicht immer nur aufs Geld an.
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Quellen:
Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz
Bundesverband Deutscher Stiftungen
Deutsches Stiftungszentrum
Kester-Haeusler-Forschungsinstitut für Stiftungsgründung und Stiftungsrecht
ZEIT Online