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Streik - Übersicht und rechtliche Fragen

Inhaltsverzeichnis

Auf dieser Seite finden Sie alles zum Thema Streik. Dass Arbeitnehmer streiken dürfen, ist in Deutschland gesetzlich verankert. Doch welche rechtlichen Grundlagen müssen Arbeitnehmer dabei beachten? Wir zeigen Ihnen außerdem alle Details zu den Streiks in einer Übersicht und aktuelle Streikmeldungen.

Wer darf streiken? Wer darf nicht streiken?

Rein arbeitsrechtlich betrachtet ist das Recht zu einem Streik in der Verfassung verankert. Allerdings wird das so nicht deutlich ausgesprochen. Deswegen kommt es nicht selten zu Meinungsverschiedenheiten, wenn die Frage aufkommt: Wer darf eigentlich streiken – und wer nicht? Doch noch einmal zurück zum Ausgangspunkt: Das Streikrecht steht indirekt im Grundgesetz, Artikel 9, Absatz 3. In diesem Paragraphen wird die Koalitions- und Vereinigungsfreiheit wie folgt beschrieben:

„Das Recht, zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen Vereinigungen zu bilden, ist für jedermann und für alle Berufe gewährleistet. Abreden, die dieses Recht einschränken oder zu behindern suchen, sind nichtig, hierauf gerichtete Maßnahmen sind rechtswidrig. Maßnahmen [...] dürfen sich nicht gegen Arbeitskämpfe richten, die zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen von Vereinigungen im Sinne des Satzes 1 geführt werden.“

Bei bestimmten Berufsgruppen und in bestimmten Bundesländern jedoch ist ein Streik via Verfassung anders geregelt. So haben in Hessen beispielsweise Beamte dasselbe Streikrecht wie Angestellte. In Rheinland-Pfalz und im Saarland ist eigentlich ein Streikverbot verbrieft, allerdings steht rein rechtlich betrachtet das Recht des Bundes über dem des Landesrechts – was im Artikel 33 des Grundgesetzes mit den folgenden Worten festgesetzt ist: „Bundesrecht bricht Landesrecht.“

Ein Blick in entsprechende Urteile zeigt jedoch sowohl Fälle, in denen disziplinarische Folgen als nicht-rechtskräftig deklariert wurden ebenso wie Fälle, in denen ein disziplinarrechtlicher Verweis als rechtmäßig galt. Ein „Ausweg“ könnte sein, es den Richtern gleichzutun, die 2007 in Nordrhein-Westfalen nicht streikten, sondern protestierten.

 

Nicht-Gewerkschaftsmitglieder und Noch-Nicht-Gewerkschaftsmitglieder

Stützt sich die Argumentation auf die im Grundgesetz in Ansätzen verankerte Streik-Definition, so sind Streiks auch nur dann erlaubt, wenn sie von einer Gewerkschaft initiiert wurden. Alle anderen Streikformen werden als sogenannte „wilde Streiks“ bezeichnet. Und wenn eine Gewerkschaft streikt, bedeutet das auch, dass diverse Formalien eingehalten werden müssen.

So darf beispielsweise ernst nach Ablauf der sogenannten „Friedenspflicht“ gestreikt werden, übersetzt bedeutet das: Während der Laufzeit eines gültigen Tarifvertrages darf auch eine Gewerkschaft keinen Streik ausrufen. Auch muss ein Streik ein Anliegen haben, das an den Arbeitgeber adressiert ist und nicht etwa einen politischen Umschwung herbeiführen möchte. Darüber hinaus gilt: Der Streik ist quasi die letzte Instanz des Arbeitnehmers. Das bedeutet aber auch, dass es Verhandlungen im Vorfeld gegeben haben muss.

Soweit zu den geltenden Formalien. Nun zu den Mitgliedern einer Gewerkschaft und der häufig gestellten Frage: „Dürfen auch Nicht-Gewerkschaftsmitglieder streiken?“ Ja, dürfen sie. Allerdings genießen sie während des Streiks nicht dieselben Vergünstigungen. Diese Einschränkungen beziehen sich in erster Linie aufs Finanzielle. Der Unterschied ist: Gewerkschaftsmitglieder bekommen Geld aus der Streikkasse. Nicht-Gewerkschaftsmitglieder nicht. Auch müssen Nicht-Gewerkschaftsmitglieder etwaige Streitigkeiten mit dem Arbeitgeber selbst ausfechten. Gewerkschaftsmitglieder hingegen können auf den in der Gewerkschaft verankerten Rechtsschutz bauen.

Das bedeutet jedoch nicht, dass der Arbeitgeber streikende Nicht-Gewerkschaftsmitglieder im Gegensatz zu den Mitgliedern strafen darf. Nur wenn der Streik rechtswidrig ist, müssen Arbeitnehmer mit einer Abmahnung oder einer Kündigung rechnen. Doch genau an diesem Punkt beginnt die rechtliche Grauzone. Warnstreiks sind zulässig. Sympathiestreiks werden hingegen erst seit Kurzem nicht mehr als „rechtswidrig“ eingestuft.

Beamte

Beamte dürfen in Deutschland nicht streiken. Diese Tatsache ist Fakt, auch wenn der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte Ausnahmeregelungen initiieren wollte, die vorsahen, dass nur Beamte mit sogenannten „hoheitlichen Pflichten“ vom Streikrecht ausgenommen werden. Der Grund: Die Menschenrechtskonvention muss sich dem Grundgesetz unterwerfen, wonach kein Beamter das Recht hat zu streiken, schließlich – so die Begründung – hätten sie eine sogenannte „Treuepflicht gegenüber ihrem Dienstherren“.

Gegner des Streikverbots für Beamte jedoch führen als Argument ins Feld, dass ein Streikverbot für Beamte – auf Grundlage der Annahme der „Dienstherr“ würde ohnehin gut für seine Bediensteten sorgen – nichts mit Gleichberechtigung zu tun habe und infolgedessen auch nicht mehr zeitgemäß sei. Gewerkschaften, die auch für ein Streikrecht von Beamten kämpfen, argumentieren, dass das Recht auf kollektive Verhandlungen ein Menschenrecht sei, worunter auch das Recht auf einen Arbeitskampf falle.

Und halten sich die Beamten an das Streikverbot? Nicht alle. Über 10.000 verbeamtete Lehrer seien laut Angaben der GEW bereits zu Warnstreiks aktiv geworden und hätten für einige Unterrichtsstunden der Schultafel den Rücken gekehrt. Aber Achtung: Tönt die Nachricht durch die Medien, dass die Lehrer streiken, muss das noch lange nicht bedeuten, dass Beamte streiken, denn längst sind nicht mehr alle Lehrer gleichzeitig Beamte. Dabei zeigt sich eine regionale Diskrepanz: Im Osten gibt es kaum Lehrer im Beamtenstatus. In einigen anderen Bundesländern wie beispielsweise Hessen, Bayern, Hamburg und dem Saarland sind noch 90 Prozent der Lehrer auch Beamte.

Lehrer ist also nicht gleich Lehrer. Lehrer, die nicht verbeamtet sind, dürfen nach Artikel 9, Absatz 3, des Grundgesetzes streiken. Verbeamteten Lehrern ist dies im Artikel 33, Absatz 5, des Grundgesetzes als „Staatsbediensteten“ untersagt. Wer sich dem Gesetz widersetzt, dem droht eine Disziplinarstrafe.

Personalräte

Betrachtet man die Definition von Personalräten, dann sind sie die von den Beschäftigten gewählten Interessenvertreter, gehören also auch zur Gruppe der Arbeitnehmer, die grundsätzlich streikberechtigt sind. Das bedeutet, Personalräte dürfen streiken und als Vertreter der Gewerkschaft einen Streik ausrufen bzw. diesen organisieren. Als Arbeitnehmer in der Gewerkschaft dürfen sie auch die Leitung des Streiks übernehmen und Vereinbarungen aushandeln, die die Zeit während des Streiks betrifft.

Betrachtet man jedoch den Personalrat als Organ, so gilt die Neutralitätspflicht, die besagt, dass keine Streiks ausgerufen werden, keine Aufrufe veröffentlicht werden dürfen und auch keine Notvereinbarungen geschlossen werden dürfen. Als Organ innerhalb eines Betriebs darf der Personalrat jedoch sehr wohl die Mitarbeiter informieren. Insbesondere der aktuelle Stand der Tarifverhandlungen ist in diesem Zusammenhang natürlich eine spannende Information, die die Mitarbeiter interessiert. Gerade weil die Informationspolitik im Streikfall äußerst wichtig ist, dürfen Personalräte auch im Streik außerordentliche Personalversammlungen einberufen. Sollten die Tarifverhandlungen Teil der Agenda sein, werden oft auch Gewerkschaftsmitglieder zur Personalversammlung geladen.

Der Personalrat bleibt arbeitsfähig – auch während eines Streiks. Nur wenn es ausschließlich um Themen wie Mehrarbeit und Versetzungen geht, wird die Arbeitsfähigkeit des Personalrates schnell zur Streitfrage. Grundsätzlich aber bleibt das Mitbestimmungsrecht erhalten – allein schon, um gesetzte Fristen einzuhalten. Allerdings gilt: Personalratsmitglieder, die streiken, haben keinen Anspruch auf Lohn. Gerade aufgrund der Nähe der verschiedenen Rollen, die Personalräte, Gewerkschaftsmitglieder und Arbeitnehmer einnehmen können, ist es wichtig, offen darzulegen, in welcher Rolle agiert wird.

Außertarifliche (AT)-Angestellte

Zunächst einmal gibt es ganz unterschiedliche Auffassungen darüber, wer ein außertariflicher Beschäftigter, kurz AT-Angestellter, ist. Wer eine pauschale Abgrenzung braucht, dem sei die folgende Regelung an die Hand gegeben: AT-Angestellte übernehmen Aufgaben, die über der höchsten Tarifgruppe liegen, oder bekommen eine Vergütung die analog dazu über der höchsten Vergütungsstufe liegt.

Das Bundesland Baden-Württemberg ist hier eine Ausnahme, denn dort gilt: Was für Tarifverträge erstritten wird, gilt auch für außertarifliche Angestellte. Die Regelung, das AT-Angestellte mit höheren Aufgaben oder einer höheren Vergütung deswegen aus dem Tarifvertrag fallen, bleibt davon im Übrigen unberührt.

Da der Betriebsrat von tariflichen und außertariflichen Angestellten gewählt wurde, ist dieser auch für alle zuständig. Auch haben außertariflich Angestellte die Möglichkeit, sich in den Betriebsrat wählen zu lassen. Ausnahme: Wenn ein AT-Angestellter in leitender Position agiert, ist der Betriebsrat nicht mehr für ihn zuständig.

Auch außertarifliche Angestellte haben ein Recht darauf zu streiken. In der Praxis wird das als Solidarisierung gegenüber den Streikenden betrachtet. Die gleichen Rechte wie tarifliche Angestellte haben außertarifliche Angestellte allerdings nur, wenn der Tarifvertrag auch in Teilen für außertarifliche Angestellte gilt. Dies ist in der Regel dann der Fall, wenn es sich um einen Manteltarifvertrag handelt wie beispielsweise bei Banken und Versicherungen. Auch wenn Urlaub und Arbeitszeiten ähnlich geregelt sich wie bei tariflichen Angestellten, werden die Angestellten mit und ohne Tarifvertrag „gleichgesetzt“.

Beschäftigte in Sicherheitsbereichen (z.B. Rechenzentrum, Eingangskontrolle etc.)

Beschäftigte, die in Sicherheitsbereichen tätig sind, haben ebenso das Recht zu streiken wie ihre Kollegen in anderen Abteilungen – wenn die Gewerkschaft zum Streik aufruft. Arbeiten sie in einer wichtigen Sicherheitsfunktion, kann ein entsprechender Notdienst zwischen den Gewerkschaftsvertretern und dem Arbeitgeber ausgehandelt werden.

Ein Notdienst bedeutet jedoch nicht, dass der Streik ohne Beeinträchtigung von statten geht. Ausgefallene oder verspätete Flüge sind die Folge. An Flughäfen kann es zudem zu langen Warteschlangen kamen. Am Flughafen zählen insbesondere Angestellte bei der Gepäck-, Waren- und bei der Personenkontrolle zu den sicherheitsrelevanten Berufsgruppen. Die Reaktion auf den Streik des Sicherheitspersonals beispielsweise an Flughäfen kann übrigens vielfältig ausfallen. An manchen Flughäfen muss der Flugbetrieb minimiert werden. Andere setzen im Streikfall auf Mitarbeiter der Fluggesellschaften. Legitim ist grundsätzlich das Verhalten, das keine Sicherheitslücken entstehen lässt.

Vertreten werden die Beschäftigten in Sicherheitsbereichen entweder von der Gewerkschaft oder dem BDSW, dem Bundesverband der Sicherheitswirtschaft. Im BDSW werden nicht nur Flughafenangestellte vertreten, sondern auch Angestellte aus anderen Bereichen der Sicherheitswirtschaft, insbesondere aber den Sicherheitsdienstleistungen, die über 70 Prozent der Beschäftigten im Bereich der Sicherheitswirtschaft ausmachen. Doch auch Angestellte in der Sicherheitstechnik oder der Sicherheitsberatung nutzen den BDSW als Sprachrohr.

Öffentlicher Dienst

Im öffentlichen Dienst sind sowohl Arbeiter und Angestellte als auch Beamte tätig. Das bedeutet auch, dass nicht alle, die im öffentlichen Dienst tätig sind, per se streiken dürfen, sondern nur Angestellte und Arbeiter. Beamte dürfen in Deutschland nicht streiken. Doch auch Angestellte und Arbeiter im öffentlichen Dienst dürfen nur eingeschränkt dem Arbeitskampf nachgehen. Diejenigen, die im Gesundheitswesen oder der Energieversorgung tätig sind, dürfen nur mit Rücksicht auf die Bevölkerungsbedürfnisse streiken. Grundsätzlich gilt, dass weder Sach- noch Personenschäden billigend in Kauf genommen werden dürfen.

Wer nun glaubt, es wäre eine clevere Lösung, Beamte auf die Stelle von streikenden Angestellten im öffentlichen Dienst zu setzen, der irrt, den das ist laut den Regelungen zum Streikeinsatz von Beamten verboten. An dieser Stelle ist sich auch die Rechtsprechung nicht einig, denn obgleich der Einsatz von Beamten als „Streikbrecher“ nicht erlaubt ist, sprangen sie auf Anweisung des Arbeitsgebers ein. Die Gewerkschaft klagte.

Grundsätzlich gilt auch beim Streik im öffentlichen Dienst: Nur gewerkschaftlich organisierte Streiks sind erlaubt. Alle anderen sind sogenannte „wilde Streiks“ und entbehren der rechtlichen Grundlage (die Koalitionsfreiheit im Grundgesetz), streiken zu dürfen. Und auch die anderen, grundsätzlichen Voraussetzungen für einen Streik (kein aktiv laufender Tarifvertrag, Ende der Friedenspflicht, fehlgeschlagene Verhandlungen im Vorfeld) müssen gegeben sein, damit der Streik auch vor dem Gesetz Bestand hat.

Wann darf gestreikt werden?

Zu streiken ist laut Grundgesetz Artikel 9, Absatz 3, ein verbrieftes Recht eines Arbeitnehmers. Allerdings darf er nicht alleine auf die Straße gehen. Der Unterschied zwischen einem zulässigen und einem unzulässigen Streik besteht nämlich darin, dass der rechtmäßige Streik an einige Voraussetzungen geknüpft ist. Der Grund für die Voraussetzungen ist dabei denkbar einfach, schließlich bedeutet ein Streik, die per Vertrag geschuldete Arbeit niederzulegen – ohne das Arbeitsverhältnis zu beenden oder gar zu riskieren.

Zulässige Streiks (im Gegensatz zu „wilden“ Streiks) sind von der Gewerkschaft organisiert, haben ein tarifrechtlich lösbares Ziel und stehen im Verhältnis zur Forderung. Gestreikt werden darf nur, wenn die sogenannte „Friedenspflicht“ abgelaufen ist. Während der „Friedenspflicht“ befindet sich der Vorbote des Streiks, also die Tarifverhandlung, im sogenannten Schlichtungsverfahren. Zwei Schlichter versuchen dabei eine Einigung herbeizuführen, auch wenn es in der ersten Verhandlungsrunde nicht zu einer Einigung kam.

Kommt es auch im Schlichtungsverfahren nicht zu einer Einigung, folgt die Urabstimmung. Dabei werden die Mitglieder der Gewerkschaft gefragt, ob sie für einen Streik als „letztes Mittel“ („ultima ratio“) bereit sind, um ihre Forderungen durchzusetzen. Für die Urabstimmung gilt die 75 Prozent-Regelung: Stimmen 75 Prozent für den Streik, beantragt die Gewerkschaft beim Vorstand den Streik mit einer ungefähren Abschätzung des zeitlichen Rahmens und des Umfangs. An dieser Stelle wird der Streik auch genehmigt. Dokumentiert wird alles Vereinbarte in der Arbeitskampfrichtlinie. Die Gewerkschaften bzw. die Arbeitskampf-Leiter bestimmen die Rahmenbedingungen und rufen zum Streik auf.

Zur Wiederaufnahme der Verhandlungen kann der Streik ausgesetzt werden, das ist aber nicht Grundvoraussetzung. Ähnlich wie die Urabstimmung den Startschuss gab, müssen nun auch wieder 75 Prozent für die Weiterführung des Streiks stimmen. Stimmen weniger als 75 Prozent der Gewerkschaftsmitglieder für den Streik, beendet der Gewerkschaftsvorstand via Beschluss den Streik.

Was ist der Unterschied zwischen einem Warnstreik und einem Streik?

Ein Warnstreik kann die Vorstufe eines Streiks sein, kann aber diesen auch in der letzten Konsequenz verhindern. Er wird oft als Mittel genutzt, um im Rahmen einer Tarifverhandlung, Druck aufzubauen oder „Bewegung in die Verhandlungen zu bringen“ wie es oftmals formuliert wird. Allerdings gelten bei einem Warnstreik auch andere Grundregeln wie bei einem Streik. Warnstreiks sind zeitlich begrenzt, Arbeitnehmer haben keinen Anspruch auf Lohn und auch Streikgeld wird nicht aus der Streikkasse bezahlt.

Der unbefristete Streik folgt erst nach einem Warnstreik. Die zeitliche Reihenfolge ist dabei so, dass zum Warnstreik noch während der laufenden Tarifverhandlungen ausgerufen wird. Anschließend werden die Verhandlungen für gescheitert erklärt und das Schlichtungsverfahren startet. Scheitern auch die von beiden Seiten benannten Schlichter und kommen zu keiner Einigung, ist eine weitere Voraussetzung für die Ausrufung eines Streikes gegeben. Stimmen nun in der Urabstimmung 75 Prozent der Gewerkschaftsmitglieder der Arbeitsniederlegung zu, wird von der Gewerkschaft ein Streik ausgerufen.

So wird oftmals die Urabstimmung als der zeitliche Dreh- und Angelpunkt deklariert. Vor der Urabstimmung ist es ein zeitlich meist überschaubarer Streik – und damit per Definition ein „Warnstreik“. Nach der Urabstimmung handelt es sich um einen ausgerufenen „Erzwingungsstreik“. Ab dem Zeitpunkt zu dem der Streik in Kraft tritt muss der Streikende den Weisungen des Arbeitgebers nicht mehr Folge leisten. Stattdessen ist der Streikleitung zu folgen. Eine Ausnahme gibt es jedoch: Kein Streikender kann zu Übernahme eines aktiven Parts (Hilfsdienst, Streikposten) gezwungen werden.

Urabstimmung

Eine Urabstimmung ist ganz grundsätzlich betrachtet eine gewichtige Abstimmung, zu der alle Mitglieder der abstimmenden Partei, der Gewerkschaft oder des Vereins aufgerufen sind. Urabstimmungen außerhalb des Streikrechts unterliegen festgelegten Regelungen, ab wie viel Beteiligten eine Abstimmung als Zustimmung oder eben als Ablehnung gewertet wird. In aller Regel sind Zweidrittelmehrheiten nötig, doch dies ist nicht für alle Urabstimmungen gesetzlich vorgeschrieben.

Die Urabstimmung im deutschen Streikrecht ist wiederum eine Besonderheit, denn hierbei ist alles festgelegt. Die Urabstimmung findet dann statt, wenn Tarifverhandlungen, Warnstreiks und Schlichtungsverfahren erfolglos verlaufen sind. Die Urabstimmung findet dann in aller Regel mittels Briefwahl statt, was allein schon darin begründet liegt, dass Gewerkschaften nicht örtlich gebunden sind. Bei der Urabstimmung im Streikrecht sind 75 Prozent der Stimmen die magische Grenze, also eine Zweidrittelmehrheit. Stimmen 75 Prozent der Gewerkschaftsmitglieder zu, wird gestreikt.

Auch wenn nach dem Streik weiter verhandelt wird, gilt: Mindestens 25 Prozent müssen für den neuen Tarifvertrag (im Rahmen einer 2. Urabstimmung) zustimmen, um diesen auch final anzunehmen – und so den Streik zu beenden. Bei der Urabstimmung wahlberechtigt sind alle Gewerkschaftsmitglieder, die von den umstrittenen Tarifverträgen betroffen sind. Die Wahl erfolgt in jedem Fall geheim.

Friedenspflicht

Friedenspflicht ist ein Begriff aus dem Tarifrecht und bezeichnet die Pflicht, Arbeitskämpfe zu unterlassen. Unterschieden wird in drei Varianten der Friedenspflicht: in die absolute Friedenspflicht, die relative Friedenspflicht und die Friedenspflicht bei Verbandsaustritt. Die absolute Friedenspflicht gilt für Arbeitgeber, Betriebsrat und Tarifvertragsparteien, falls diese im Tarifvertrag niedergeschrieben ist. Die relative Friedenspflicht ist hingegen in jedem Tarifvertrag festgeschrieben. Diese besagt, dass während der Tarifvertrag gültig ist, das Verbot des Arbeitskampfes herrscht. Auch wenn ein Arbeitgeber aus dem Verband austritt bleibt er vorerst im Rahmen einer sogenannten „Nachbindung“ an den Tarifvertrag und damit auch die dort festgeschrieben Friedenspflicht gebunden.

Hat der Tarifvertrag Bestand, darf die Gewerkschaft nicht zu einem Erzwingungsstreik aufrufen. Der rechtskräftige Ablauf ist also so, dass zunächst der Tarifvertrag gekündigt sein muss, anschließend müssen Verhandlungen über einen neuen Tarifvertrag stattfinden. Dies passiert in der Regel während der Kündigungsfrist. Sind die Verhandlungen erfolglos und kommen auch die Schlichter im Rahmen des nun folgenden Schlichtungsverfahrens nicht auf einen Nenner, kommt es zur Urabstimmung, zur Genehmigungsanfrage an den Gewerkschaftsvorstand und in letzter Konsequenz zum unbefristeten Streik. Die Friedenspflicht gilt während des kompletten Schlichtungsverfahrens.

Ein Verstoß gegen die geltende Friedenspflicht wäre im Übrigen ein Verstoß gegen die höchstrichterliche Rechtsprechung, denn demnach ist der Arbeitskampf während der Laufzeit des Tarifvertrags verboten. Ausnahme sind dieser Definition folgend alle tarifrechtlich nicht geregelten Fragen, doch hier eröffnet sich eine rechtliche Grauzone.

Darf der Arbeitgeber Beschäftigten die Beteiligung am Streik untersagen?

Vor dem Hintergrund, das mit einem rechtskräftig durchgeführten, also auch gewerkschaftlich organisierten Streik, das Bestimmungsrecht des Arbeitgebers verhallt, kann diese Frage mit einem klaren „nein“ beantwortet werden. Ein Arbeitgeber darf demnach seinen Arbeitnehmern die Beteiligung am Streik nicht untersagen. Und um noch einen Schritt zuvor zu beginnen, sei an dieser Stelle noch einmal an das via Grundgesetz verbriefte (Streik-)Recht in Artikel 9, Absatz 3, verwiesen.

Die Tatsache, dass ein Arbeitgeber weder das Recht hat, die Teilnahme an einem Streik zu untersagen, noch andere Weisungsbefugnisse dem Arbeitnehmer gegenüber hat, bedeutet aber noch lange nicht, dass der Arbeitnehmer Narrenfreiheit hat. Er muss der Streikleitung, die durch die Gewerkschaften gestellt wird, Folge leisten, außer es würde verlangt, gegen den eigenen Willen aktiv zu werden. Die Gewerkschaft trägt dafür Sorge, dass während des Streiks keine Rechtswidrigkeiten begangen werden.

Immer vorausgesetzt es handelt es sich um einen rechtmäßigen Streik (der wiederum an einige Voraussetzungen gebunden ist), hat der Arbeitgeber folgende Möglichkeiten, den Betrieb aufrecht zu erhalten. Notstandsarbeiten kann er mit der Gewerkschaft entsprechend abstimmen, insbesondere dann, wenn es um sicherheitsrelevante Aufgaben geht. Erhaltungsarbeiten hingegen haben den Zweck, die Funktion des Betriebs aufrechtzuerhalten. Bekannt, aber aktuell nur noch selten praktiziert, ist die Maßnahme der Aussperrung, die als Ausschließung des Angestellten ohne Lohnfortzahlung definiert ist, allerdings im Detail sich auch in einer rechtlichen Grauzone bewegt.

Der Arbeitgeber kann (Angestellte mit Beamtenstatus einmal ausgeschlossen) Streikbrecher an den Arbeitsstellen einsetzen, die durch streikende Kollegen verwaist sind. Auch Streikbruchprämien zu zahlen ist ein Mittel des Arbeitgebers, um seine Angestellten wieder zur Aufnahme der Arbeit zu bewegen. Grundsätzlich hat der Arbeitgeber auch das Recht, Urlaube zu verlegen, auf Sonderregelungen wie Mehr- oder Kurzarbeit umzustellen und ggf. Rationalisierungsmaßnahmen anzuordnen. Darüber hinaus steht es dem Arbeitgeber frei, neue Angestellte an die Posten der streikenden Angestellten zu setzen.

Welche Folgen hat die Teilnahme am Streik?

Ein Streik kann Folgen für beide beteiligte Seiten haben. Das bedeutet: Streikt die Belegschaft, kann ein Arbeitgeber in Maßen reagieren. Das heißt, er hat natürlich das Recht, seinen Betrieb aufrecht zu erhalten und ihm ist letztlich auch freigestellt, ob er dafür kurzfristig Arbeiter anheuert, die gegebenenfalls als Zeitarbeiter während des Streikes fungieren. Auch ist es zwar der Gesamtsituation nicht gerade zuträglich, aber durchaus möglich, Streikbrecher auf den Arbeitsstellen einzusetzen, die ansonsten während des Streikes unbesetzt wären. Auch darf ein Arbeitgeber während eines Streikes Anpassungen vorzunehmen, die sich in Kurzarbeit, Urlaubsverlegungen oder gar Rationalisierungsmaßnahmen zeigen können. Seltener greifen Arbeitgeber zur Aussperrung der Mitarbeiter.

Nach dieser Aufstellung darüber, was ein Arbeitgeber darf, gibt es darüber hinaus noch einiges, was er nicht darf, wie zum Beispiel kündigen oder dem streikenden Arbeitnehmer eine Abmahnung wegen des Streiks geben. Arbeitnehmer, die streiken, müssen also nicht mit dem Verlust ihres Arbeitsplatzes rechnen. Immer vorausgesetzt wird diesen genannten Punkten die Tatsache, dass es sich um einen rechtmäßigen Streik handelt. Das Pendant, sogenannte „wilde Streiks“ haben keine rechtlichen Grundlagen. Deswegen gelten auch keine Schutzbestimmungen für die Arbeitnehmer. Handelt es sich um einen gewerkschaftlich organisierten Streik und ist der streikende Arbeitnehmer Teil der Gewerkschaft, bekommt er sogar Geld aus der sogenannten Streikkasse. Da der Arbeitgeber nicht verpflichtet ist, Lohn während des Streiks zu zahlen, ist das Streikgeld als eine solidarische Leistung anzusehen, die nicht versteuert werden muss.

Darf der Arbeitgeber wegen der Teilnahme an einem Streik abmahnen oder kündigen?

Ist ein Streik von einer Gewerkschaft getragen und damit auch rechtmäßig, darf der Arbeitgeber den streikenden Arbeitnehmern weder kündigen – aufgrund der Teilnahme am Streik – noch darf er ihm deswegen eine Abmahnung ausstellen. Gewerkschaften beispielsweise handhaben es „aus Sicherheitsgründen“ so, dass ein Arbeitgeber am Ende des Arbeitskampfes eine sogenannte „Maßregelungsklausel“ unterschreibt, die den Arbeitnehmer nicht nur vor einer Abmahnung oder Kündigung schützen soll, sondern bereits eingeleitete Maßnahmen zurücknehmen soll.

Anwälte, die auf Arbeitsrecht spezialisiert sind, können darüber hinaus Arbeitnehmer insofern beruhigen, dass die Teilnahme an einem rechtmäßigen Streik keine Missachtung des Arbeitsvertrages darstellt – und daher nicht mit einer Abmahnung oder einer Kündigung geahndet werden darf. Die Betonung liegt dabei darauf, dass es sich um einen rechtmäßigen – also um einen vor der Gewerkschaft ausgerufenen – Streik handelt, der auch alle Streikstadien ordnungsgemäß durchlaufen hat. Dazu gehören sowohl der Ablauf der Friedenspflicht, die Tarifverhandlungen, die Urabstimmung und die Genehmigung des Streiks durch den Gewerkschaftsvorstand. Das Arbeitsverhältnis gilt während eines Streiks als „ruhend“, was auch bedeutet, dass der Arbeitnehmer kein Gehalt bekommt.

Die Gewerkschaft schützt die streikenden Arbeitnehmer insofern, dass nicht per se mitgeteilt wird, wer am Streik teilgenommen hat. Jedoch hat der Arbeitgeber das Recht, nachzufragen, wer am Streik teilgenommen hat. Grundsätzlich informieren die streikenden Arbeitnehmer vor dem Streik ihren jeweiligen Vorgesetzten entweder in Form eines deutlichen Hinweises oder durch das Anlegen einer Streikweste. Während der Streikzeit hat der Arbeitgeber keine Weisungsbefugnis für seine Arbeitnehmer. Wurde beispielsweise eine Notdienstregelung zwischen dem Arbeitgeber und der Gewerkschaft ausgehandelt, so vereinbart die Streikleitung, welcher Arbeitnehmer Notdienst verrichten muss, um – durch den Streik – Personen- oder Sachschäden zu verhindern.

Müssen Streikende sich bei ihren Vorgesetzten abmelden?

Arbeitnehmer müssen ein deutliches Signal setzen, dass sie fortan in Streik treten. Das bedeutet, dass sie ihrem Vorgesetzten oder jeweiligen Weisungsbefugten verbal mitteilen, dass sie ab sofort streiken oder alternativ eine Streikweste anziehen. Rein praktisch muss der Arbeitnehmer – wenn er die Arbeit niederlegt um zu streiken – nicht ausstempeln, da die Pflichten, die aus dem Arbeitsvertrag resultieren vorübergehend auf Eis gelegt sind. Das bedeutet, wenn sich ein Arbeitnehmer dem von der Gewerkschaft ausgerufenen und damit rechtmäßigen Streik anschließt, ruht das Arbeitsverhältnis für die Dauer des Streiks. Zeiterfassungen müssen nicht de-aktiviert werden, da sie für die Dauer des Streiks ohnehin außer Kraft sind.

Eine rechtliche Grauzone stellen in diesem Fall Regelungen zu Verhaltens- und Abmeldepflichten innerhalb des Betriebs dar. Während die eine Seite argumentiert, das Grundgesetz (wonach ein Arbeitnehmer das Recht hat zu streiken) stehe über anderen Regelungen, raten Arbeitsrechtler dazu, sich formlos abzumelden. In jedem Fall den Vorgesetzten informieren, müssen jedoch die Arbeitnehmer, die beispielsweise im Besitz von Schlüsseln zu abgeriegelten Bereichen auf dem Firmengelände sind. Sie müssen die Schlüssel abgeben oder gegebenenfalls abholen lassen.

Um rechtlich auf der sicheren Seite zu sein, empfiehlt es sich die Streikleitung mit etwaigen Rückfragen zu konsultieren. Dies kann vor Ort passieren oder durch Service-Hotlines, die von der jeweiligen Gewerkschaft zu Informationszwecken eingerichtet werden. Dort werden auch Tipps zum rechten Verhalten im Streikfall gegeben. Ein Beispiel: Ein Arbeitnehmer, der plant, sich im Rahmen eines gewerkschaftlichen Streiks ebenfalls am Streik zu beteiligen, muss den Arbeitgeber nicht über seine Planung informieren. Auch Streiklisten müssen nicht ausgefüllt werden. Auf Anfrage des Arbeitgebers kann dieser bei der Gewerkschaft erfahren, wer gestreikt hat.

Was versteht man unter Aussperrung?

Aussperrung ist das Pendant zum Streik. Arbeitnehmer treten (gewerkschaftlich organisiert) in den Streik. Arbeitgeber reagieren mit Aussperrung. So ist die Aussperrung im Grunde eine Gegenmaßnahme des Arbeitgebers, die allerdings nicht während des Schlichtungsverfahrens eingeleitet werden darf. Um (finanziellen) Druck aufzubauen, versperrt der Arbeitgeber den streikenden Arbeitnehmern den Zugang zum Betrieb. Auch eine Aussperrung muss rechtmäßig sein – und dazu einige Voraussetzungen erfüllen.

Grundsätzlich ist die Aussperrung ein Mittel in einem rechtmäßigen Arbeitskampf. Allerdings müssen sowohl die streikenden Arbeitnehmer als auch die den Streik ausrufende Gewerkschaft über die Aussperrung informiert werden. Ausführendes Organ der Aussperrung ist der Arbeitgeberverband. Eine Aussperrung ist nur ohne die Verletzung etwaiger Strafgesetze rechtmäßig. Darüber hinaus darf keine Gefahr für Personen oder Sachen bestehen. So muss auch die Versorgung mit Energie während der Aussperrung gewährleistet sein. Grundsätzlich können auch Arbeitnehmer von einer Aussperrung betroffen sein, die nicht streiken, allerdings muss sich das Verhältnis der betroffenen Streikenden und Nicht-Streikenden die Waage halten.

In der Praxis möglich ist die sogenannte „Abwehraussperrung“ als Reaktion auf den Streik. Die aktive „Angriffsaussperrung“ ist hingegen unüblich. Drastischer ist hingegen die „heiße Aussperrung“, die sich durch die Aussperrung von Beschäftigung und Lohn zeigt und ebenfalls als Reaktion auf einen Streik zutage trifft. Unter „kalter Aussperrung“ versteht man die Folge für ein Unternehmen, dass nur indirekt von einer „Abwehraussperrung“ oder einem Streik betroffen ist – beispielsweise, weil es sich um einen Zulieferbetrieb handelt. Die von der Aussperrung betroffenen Arbeitnehmer bekommen in diesem Fall weder Streik- noch Kurzarbeitergeld. Die sozialrechtlichen Folgen einer Aussperrung sind der Erhalt von Kranken- und Pflegeversicherung, die Aussetzung der Rentenversicherung, die Aussetzung der Unfallversicherung und die Verwirkung des Anspruches auf Arbeitslosengeld I für den Zeitraum der Aussperrung.

Kann man für die Teilnahme am Streik Urlaub nehmen oder Mehrstunden abgelten?

Der Arbeitgeber ist nicht verpflichtet, einen Urlaubsantrag oder die Abgeltung von Mehrstunden während der Streikzeit zu genehmigen. Das Recht des Arbeitgebers sieht an dieser Stelle vor, dass er während des Streiks kein Gehalt zahlen muss. Ob ein Arbeitgeber mit sich insofern verhandeln lässt, dass die Streikzeit im Nachhinein als Urlaubszeit oder mit einem Mehrstundenkonto verrechnet wird, ist lediglich eine Gut-Will-Aktion des Arbeitgebers. Dennoch sind diese Fälle bereits vorgekommen – und damit für jeden Arbeitnehmer sicherlich eine Option. Weniger Glück werden streikende Arbeitnehmer wohl haben, wenn sie Bildungsurlaub beantragen wollen würden. Ein Streik ist keine Fortbildungsmaßnahme, das bedeutet, dass hierfür sicherlich auch keinem Antrag Bildungsurlaub stattgegeben werden kann.

Auch hier gibt es – Gerichtsurteilen zufolge – eine rechtliche Grauzone. Während die einen die Zeiterfassung als Billigung einer autonomen Arbeitszeit im Rahmen der Gleitzeitregelung titulieren und damit auch Raum für Verhandlungen mit dem Arbeitgeber lassen, wenn der Arbeitnehmer während des Streiks ausstempelt, interpretieren andere das so: Wer zum Streik ausstempelt, geht aktiv in Freizeit. Soll anschließend versucht werden, die Teilnahme am Streik durch das Gleitzeitkonto abzugelten, werden hier schlechte Verhandlungschancen prognostiziert. Einigkeit herrscht hier im Arbeitsrecht nur minimal, denn ganz grundsätzlich gilt: Der Arbeitnehmer muss während eines Streiks nicht ausstempeln und die Teilnahme am Streik kann nicht mit Urlaubstagen oder Mehrstunden „bezahlt“ werden. Alle anderen Möglichkeiten obliegen einer individuellen Regelung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer.

Sind die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates/Personalrates während eines Arbeitskampfes außer Kraft gesetzt?

Betriebsräte und Personalräte sind gleichermaßen Arbeitnehmer und zu Streikzeiten diesen auch insofern gleichgestellt, dass sie streiken dürfen. Darüber hinaus büßen sie nicht ihre Leistungsfähigkeit in ihrer Funktion als Betriebs- oder Personalrat ein. Allerdings gibt es eine kleine Einschränkung, denn Betriebs- und Personalräte müssen für den Arbeitgeber erreichbar sein. Das Mitbestimmungsrecht wird insofern aufrechterhalten, wenn auf andere Arbeitnehmer (beispielsweise aus der Zentrale) ausgewichen werden soll. Die Informationsrechte, die die Interessenvertreter haben, bleiben unangetastet. Allerdings gibt es eine Einschränkung: Der Erhalt der Rechte bezieht sich ausschließlich auf die Personen, nicht auf die Organe, die zur Neutralität verpflichtet sind.

Besonders die aktive Informationspflicht ist ein wichtiges Recht, das auch während des Streiks erhalten bleibt. Die Einberufung außerordentlicher Personalversammlungen ist möglich. Stehen die aktuellen Tarifverhandlungen auf dem Themenplan, ist es nicht selten der Fall, dass auch Gewerkschaftsmitglieder als Referenten geladen werden. Wichtig ist für Betriebsräte und Personalräte, offen darüber zu sprechen, welche Rolle sie gerade erfüllen. Das hilft Rechtsstreitigkeiten vorzubeugen.

Betriebsräte können in einem Betrieb mit mindestens fünf wahlberechtigen Arbeitnehmern gegründet werden. Der Arbeitgeber muss die Wahl des Betriebsrats nicht forcieren, darf diese aber auch nicht verhindern. Wahlberechtigt sind alle volljährigen Mitarbeiter. Der Unterschied zwischen Personal- und Betriebsrat liegt in erster Linie in der Form des Arbeitgebers. Die Rechte und Pflichten des Betriebsrates sind im Betriebsverfassungsgesetz, die des Personalrats im Bundespersonalvertretungsgesetz geregelt.

Streikgeld

Grundsätzlich gilt: Während eines Streiks muss der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer keinen Lohn zahlen. An diese Stelle tritt das sogenannte Streikgeld, das nicht vom Arbeitgeber, sondern von den Gewerkschaften bezahlt wird. Ziel des Streikgeldes ist es, am Streik teilzunehmen, auf den vertraglich geregelten Lohn zu verzichten ohne dabei selbst in existentielle Nöte zu geraten. Arbeitslosengeld wird Streikenden indes nicht gewährt, da es sich im Streikfall um ein ruhendes Arbeitsverhältnis handelt. Daher bildet das Streikgeld eine wichtige Option, um die Gewerkschaften zu stärken. Würde kein Streikgeld bezahlt, würde sich die Zahl der gewerkschaftlich streikenden Kämpfer massiv minimieren.

Streikgeld wird aus Mitgliedsbeiträgen und Rücklagen gestellt. Deswegen wird Streikgeld auch nur an die Mitglieder eine Gewerkschaft gezahlt. Das bedeutet im Umkehrschluss: Wer streikt, ohne zu einer Gewerkschaft zu gehören, der kann zwar die Interessen der Gewerkschaft via Arbeitskampf vertreten, aber Streikgeld bekommt er dafür nicht. Zudem gilt: Nur wenn es sich um einen rechtmäßigen und damit gewerkschaftlich organisierten Streik handelt, haben streikende Gewerkschaftsmitglieder einen Anspruch auf Streikgeld. „Wilde Streiks“ werden indes nicht mit Streikgeld belohnt. Besonders schlecht gestellt sind Arbeitnehmer, die sich nicht aktiv am Streik beteiligen, keiner Gewerkschaft angehören, jedoch aber durch Aussperrung nicht arbeiten können. Sie erhalten weder Streik- noch Arbeitslosengeld.

Die Höhe des Streikgeldes richtet sich nach dem jeweiligen Mitgliedsbeitrag und der Länge der Mitgliedschaft. Grundsätzlich gilt, dass diejenigen Streikgelder erhalten, die mindestens einen Monatsbeitrag ihrer Gewerkschaftsmitgliedschaft bereits voll bezahlt haben. Gemessen am Mitgliedsbeitrag liegt der Tagessatz des Streikgelds beim zwei- bis zweieinhalbfachen. Der Wochensatz liegt umgerechnet beim 13-fachen des Monatsbeitrags.

Muss der Arbeitgeber für Streikzeiten das Gehalt weiterzahlen?

Handelt es sich um einen rechtmäßigen Streit – der daran erkennbar ist, dass es sich um ein tarifrechtliches Thema handelt, das auf Gesprächsebene nicht belegt werden konnte und es auch im Schlichtungsverfahren nicht zu einer Einigung kam, woraufhin der Streik seitens der Gewerkschaft ausgerufen wurde – muss der Arbeitgeber kein Gehalt zahlen. Arbeitsrechtlich betrachtet wird das Arbeitsverhältnis zur Zeit des Streiks als „ruhend“ bezeichnet.

Für einen Ausgleich kann hier die Streikkasse der Gewerkschaft sorgen, die in Abhängigkeit vom Mitgliedsbeitrag und von der Mitgliedsdauer das sogenannte „Streikgeld“ zahlt. Das heißt aber auch, dass nur Gewerkschaftsmitglieder Geld aus der Streikkasse bekommen – was im Übrigen mit ein Grund dafür ist, dass Arbeitnehmer, die nicht in der Gewerkschaft sind, weniger lange streiken als ihre gewerkschaftlich organisierten Kollegen. Denn ohne Gewerkschaft gibt es weder Gehalt noch Streikgeld.

Der Arbeitgeber zahlt im Übrigen auch nicht, wenn er als Gegenmaßnahme die „Aussperrung“ wählt. Besonders schwierig wird die Lage für Arbeitnehmer, wenn es sich um eine „kalte Aussperrung“ handelt. Diese erkennt man daran, dass nicht der Betrieb direkt bestreikt wird, sondern ein essentiell wichtiger Zulieferer seinen (Liefer-)Verpflichtungen nicht nachkommen kann und infolgedessen die Produktion ruht. In diesem Fall nämlich erhalten die Arbeitnehmer weder Geld vom Arbeitgeber, noch aus der Streikkasse. Möchte ein Arbeitnehmer nicht streiken, aber der Arbeitgeber kann ihm keine Beschäftigung geben, handelt es sich im Grunde genommen um eine Aussperrung, die sich gegen eine Einzelperson richtet. Der Arbeitnehmer hat nun noch die Möglichkeit, Urlaub zu nehmen.

Erhalten Streikende, die während eines Arbeitskampfes Mitglied werden, ebenfalls Streikgeld?

Die Streikkasse bildet sich aus Rücklagen der Gewerkschaft und aus den Mitgliedsbeiträgen. Die logische Folgerung daraus ist: Streikgeld erhält nur derjenige, der auch in der Gewerkschaft ist. Das Streikgeld bemisst sich sowohl nach dem Beitrag als auch nach der Länge der Mitgliedschaft in der Gewerkschaft. Wer während des laufenden Streiks Mitglied einer Gewerkschaft wird, um die Rechte von Gewerkschaftsmitgliedern zu genießen, erhält kein Streikgeld. Der Eintritt in die Gewerkschaft muss mindestens einen Monat vor dem Streikbeginn liegen – und infolgedessen muss das Gewerkschaftsmitglied auch mindestens einen Monatsbeitrag geleistet haben, um Streikgeld aus der Streikkasse zu erhalten.

Da ein Streik nicht von heute auf morgen vom sprichwörtlichen Zaun gebrochen werden kann, gibt es einige Gewerkschaftsmitglieder, die vergleichsweise kurz Mitglied sind. In Anbetracht der Tatsache, dass es vor einem unbefristeten, gewerkschaftlich organisierten (und damit rechtmäßigen) Streik zahlreiche Ereignisse gibt, die die zwingende Voraussetzung für den Beginn des Streiks darstellen, so wird genau dieser Zeitraum von vielen genutzt, um in einer Gewerkschaft einzutreten. Bevor es zum Streik kommt, muss der Tarifvertrag gekündigt werden, es müssen Verhandlungen geführt worden sein, ein Schlichtungsverfahren muss durchlaufen worden sein und letztlich müssen sich in der Urabstimmung 75 Prozent für einen Start des Streiks aussprechen. Dieser Vorlauf ist auch Pflicht, um einzuhalten, dass ein Streik das „ultima ratio“, also das „letzte Mittel“, ist, um Tarifgespräche zu einer Einigung zu führen.

Sind Streikgelder zu versteuern?

Gewerkschaften betonen, dass es sich bei Streikgeld nicht um einen Ersatz für den regulär vom Arbeitgeber bezogenen Lohn handelt (weil keine Arbeit erbracht und diese folgerichtig auch nicht entlohnt werden muss), sondern, dass Streikgeld als solidarische Unterstützungsleistung dienen soll. Diese Unterstützungsleistung von der Gewerkschaft für streikende Gewerkschaftsmitglieder ist nicht zu versteuern, allerdings kann sie im Rahmen der Steuererklärung angegeben werden – und in diesem Zusammenhang die Rückfrage ersparen, warum Lohnabrechnungen fehlen.

Apropos Steuererklärung: Entstehen einem Streikenden durch den Streik Kosten – wie zum Beispiel die Fahrtkosten zu einem Streik – können diese nicht bei der Steuer geltend gemacht werden. Anders verhält sich das mit dem Mitgliedsbeitrag für die Gewerkschaft. Dieser kann als Werbungskosten abgesetzt werden.

Laut aktueller Rechtsprechung unterliegt Streikgeld auch nicht dem „Progressionsvorbehalt“, das bedeutet, dass Streikgeld weder versteuert werden muss noch zur Berechnung des Steuersatzes herangezogen werden. „Progressionsvorbehalt“ bedeutet, dass Einkünfte zwar steuerfrei sind, aber dennoch die Steuerlast steigen lassen. Bei Eltern- oder Arbeitslosengeld ist dies beispielsweise der Fall. Auch Insolvenzgeld, Kurzarbeitergeld, Unterhaltsgeld, Krankengeld und Mutterschaftsgeld sind per se steuerfreie Einkünfte die dem Progressionsvorbehalt unterliegen und damit zur Berechnung des Steuersatzes herangezogen werden. Verbrieft ist dieses Recht im Einkommenssteuergesetz (EStG).

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