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Als Freiberufler zurück in die Festanstellung? Pro und Contra

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Eine junge Freiberuflerin sitzt nachdenkend an ihrem heimischen Schreibtisch.

Endlich der eigene Chef werden – davon träumen viele Arbeitnehmer. Daher überrascht es nicht, dass der Weg von der Festanstellung in die Selbstständigkeit häufig thematisiert und diskutiert wird. Wer mit seinem Angestelltenverhältnis unzufrieden ist und einer der aktuell 4,1 Millionen Selbstständigen in Deutschland werden will, findet daher an vielen Stellen Hinweise und Hilfen, um den Weg in die Freiberuflichkeit zu beschreiten.

Doch wie sieht es eigentlich andersherum aus? Obwohl Umfragen zufolge mehr als die Hälfte aller Freiberufler eine Rückkehr in die Festanstellung nicht ausschließen würde, ist dieses Phänomen in der allgemeinen Wahrnehmung eher eine Randerscheinung. Doch gerade durch die aktuelle Corona-Krise und die damit zusammenhängenden Probleme und Herausforderungen für viele Freiberufler, dürfte dieses Thema vermehrt in den Fokus vieler Selbstständiger rücken.

Doch warum ist Selbstständigkeit für viele überhaupt so attraktiv? Weshalb entscheiden sich manche dennoch für den Weg zurück? Und welche Hindernisse müssen dabei überwunden werden? Mit diesen Fragen beschäftigen wir uns in diesem Artikel.*

Selbstständigkeit oder Festanstellung? Einige Berufe, in denen beides geht

Als beruflich selbstständig kann sich jeder bezeichnen, dessen Erwerbstätigkeit nicht an einen Arbeitgeber gebunden ist. Das zeigt sich etwa daran, dass man keinen Vorgesetzten hat; zudem sind Arbeitsort und Arbeitszeit frei bestimmbar. Eine Unterform hiervon sind die sogenannten Freelancer, oft auch freie Mitarbeiter genannt: Diese führen projektgebundene Aufträge für einen oder mehrere Arbeitgeber aus und schließen hierzu in der Regel befristete Werk- oder Dienstverträge ab.

Ein weiterer Begriff, der häufig in diesem Zusammenhang genannt wird, ist der des Freiberuflers – damit sind offiziell diejenigen Selbstständigen gemeint, die einen sogenannten Freien Beruf (auch: Katalogberuf) ausüben. Laut §18 EstG (Einkommenssteuergesetz) zählen hierzu Tätigkeiten aus dem künstlerischen, schriftstellerischen, erzieherischen, unterrichtenden oder wissenschaftlichen bzw. technischen Bereich sowie heilende und wirtschafts-, rechts- und steuerberatende Berufe. Freiberufler müssen kein Gewerbe anmelden und sind daher auch von der Gewerbesteuer befreit.

Wann eine berufliche Aktivität als Freier Beruf angesehen werden kann, ist allerdings nicht immer eindeutig. Daher sind beispielsweise viele PR- oder Marketingberater gewerbetreibend, manche hingegen freiberuflich tätig, je nachdem wie stark der künstlerische und textende Fokus ist. Hier entscheidet am Ende das Finanzamt. Doch während diese Unterscheidung steuerrechtlich von großer Bedeutung ist, werden im allgemeinen Sprachgebrauch auch viele Gewerbetreibende zu den Freiberuflern gezählt, sodass der Begriff oftmals synonym zur Selbstständigkeit verwendet wird.

Die berufliche Selbstständigkeit ist in den meisten Berufsfeldern möglich. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales verzeichnet knapp 50 Branchen, in denen sich deutschlandweit mindestens 25.000 Erwerbstätige selbstständig gemacht haben – hierzu zählen etwa Humanmedizin, Landwirtschaft und Heilkunde. Prinzipiell steht es aber nicht nur jedem Angestellten frei, sich selbstständig zu machen – jeder Freiberufler kann ebenso den umgekehrten Weg gehen, zumindest wenn er bereit ist, eine Stelle anzunehmen, die nicht exakt der alten Position entspricht. Besonders fließend sind die Grenzen zwischen Selbstständigkeit und Angestelltenverhältnis allerdings vor allem in Branchen wie Marketing, Coaching, Medien, IT, Bildung oder Design. Relevant ist eine Rückkehr in die Festanstellung daher beispielsweise für folgende Berufe:

Die berufliche Selbstständigkeit aufgeben? Das spricht dagegen

Wenn man Freelancer und Freiberufler danach fragt, was sie an ihrem Arbeitsmodell am meisten schätzen, steht persönliche Unabhängigkeit meistens weit vorne. Gerade die Möglichkeit zur Selbstentfaltung und Selbstbestimmtheit ist für viele verlockend: Nicht nur entfallen Anweisungen eines Chefs, vor allem können Selbstständige ihre Interessen verfolgen, selbstgewählte Projekte vorantreiben und somit eigene Ideen verwirklichen. Viele reizt auch das Unternehmertum und die Möglichkeit, selbst etwas aufzubauen.

Diese Freiheit beschränkt sich nicht nur auf den Inhalt der Arbeit: Flexible Arbeitszeiten und in vielen Fällen ein Homeoffice bedeuten größeren Komfort, aber ebenso eine höhere Effizienz, zumal dann auch die Anfahrt ins Büro entfällt. Besonders wichtig: Dies wirkt sich direkt auf die Work-Life-Balance und somit auf die Lebensqualität aus. Einen Tag freinehmen, weil man sich müde fühlt? Arbeitsbeginn erst ab Mittag, damit man die Kinder zur Schule bringen kann? Oder vielleicht sogar Urlaub, wann immer man will? Das sind Privilegien, die in einer Festanstellung üblicherweise nicht möglich sind. Viele Freiberufler wertschätzen die bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf, die eine Selbstständigkeit mit sich bringt.

Wer all diese Aspekte nicht missen mag, sollte sich genauestens überlegen, ob eine Rückkehr in ein geregeltes Angestelltenverhältnis das Richtige ist. Obendrein sollte durchaus erwähnt werden: Insbesondere gut ausgebildete Spitzenkräfte können in der Selbstständigkeit häufig (wenngleich nicht immer!) mehr verdienen. Der Bedarf an Fachpersonal ist groß, und somit lässt sich das eigene Gehalt in einer Umgebung maximieren, wo das Einkommen von Angebot und Nachfrage bestimmt wird, so wie es beim freien Markt der Fall ist.

Zurück ins Angestelltenverhältnis: Das können Gründe dafür sein

Gleichzeitig gibt es durchaus viele Freiberufler, die sich (wieder) nach einer Festanstellung sehnen. Nicht immer gelingt die Selbstständigkeit, und manche unternehmerischen Vorhaben verlaufen schlichtweg im Sand, sodass finanzieller Druck eine Veränderung der Arbeitssituation unvermeidlich werden lässt. Das bedeutet allerdings nicht, dass Freiberufler nur aus der Not in den Job zurückwollen, im Gegenteil: Eine große Anzahl an Selbstständigen entscheidet sich aus anderen Gründen für diesen Schritt. Manche entdecken während der Tätigkeit in der eigenen Firma etwa, dass Unternehmertum nicht zu ihrer Persönlichkeit passt – eine durchaus legitime und nachvollziehbare Begründung.

Viele schätzen zudem die Sicherheit, die ein Angestelltenverhältnis mit sich bringt. Zwar entscheiden sich manche für die Selbstständigkeit, sobald sie eine Familie gründen, um mehr Zeit mit ihr verbringen zu können, doch das kann ebenso Anlass für den gegenteiligen Schritt sein: Für nicht wenige haben in diesem Lebensabschnitt dann nicht mehr Freiheit und Unabhängigkeit, sondern Stabilität und Berechenbarkeit Priorität, schließlich erleben Selbstständige manchmal zwangsläufig eine Flaute und können nicht mit Gewissheit in die Zukunft planen. Auch gibt es keine finanzielle Absicherung in Krankheitsfällen – mal ganz abgesehen davon, dass es außerdem keinen Arbeitgeber mehr gibt, mit dem die Krankenversicherungskosten geteilt werden können.

Zudem sollte nicht vergessen werden, dass Selbstständigkeit nicht zwangsläufig eine bessere Work-Life-Balance nach sich ziehen muss: Das Arbeitspensum ist oftmals hoch und eine strikte Trennung vom Privatleben manchmal unmöglich, wodurch viele Freelancer Schwierigkeiten haben, von der Arbeit abzuschalten. Gerade deshalb lernen manche Selbstständige geregelte Arbeitsverhältnisse erst dann zu schätzen, wenn sie fehlen.

Ohnehin beklagen einige Freiberufler zu weitreichende Zuständigkeiten, wodurch sie sich nicht mehr auf ihre eigentliche Arbeit konzentrieren können: Nebenschauplätze wie Verwaltung, Buchhaltung, Kundenakquise oder Geschäftsführung empfinden viele eher als störend, zumal diese Aufgaben meist außerhalb der eigentlichen Expertise liegen. Verantwortung kann dann durchaus als Belastung wahrgenommen werden, wenn sie sich als Gesamtverantwortung entpuppt.

So klappt es mit der Rückkehr in die Festanstellung

Auch wenn Unternehmen vermehrt gute Erfahrungen mit ehemaligen Freiberuflern machen, wird vielen dennoch Skepsis entgegengebracht. Das erste Vorurteil: Der Wunsch nach einer Rückkehr in die Festanstellung wird mit einem Scheitern der Selbstständigkeit in Verbindung gebracht. Auch sind viele Personaler unsicher, ob Soft Skills wie Teamgeist, Flexibilität oder Anpassungsfähigkeit mitgebracht werden, oder fürchten Chefgehabe und eine Nicht-Akzeptanz der vorhandenen Hierarchien. Besonders eine Frage steht für viele Arbeitgeber im Zentrum: Kann ein ehemaliger Freiberufler in das Unternehmen integriert werden? Umso entscheidender ist es daher, Firmen genau davon zu überzeugen.

Bedeutend ist hierbei eine ehrliche und nachvollziehbare Begründung für den angestrebten Veränderungswunsch. Selbst ein Fehlschlag eigener unternehmerischer Pläne ist bei weitem kein Ausschlusskriterium, solange eine gesunde Selbstreflexion nachgewiesen wird; schließlich sind in einem Unternehmen ganz andere Fähigkeiten gefragt. Zudem wichtig: Der Fokus sollte nicht auf der Entscheidung gegen die Freiberuflichkeit, sondern auf dem Entschluss für die Festanstellung liegen. Ebenso sollte nicht vergessen werden, dass ehemalige Selbstständige durchaus besondere Mehrwerte mitbringen können: Sie werden als besonders tatkräftig, engagiert sowie kreativ angesehen und sind zudem bereits mit vielen modernen und digitalen Arbeitsformen vertraut, die manche Firmen erst noch implementieren müssen. Zudem haben sie durch die Zusammenarbeit mit vielen, unter Umständen ganz unterschiedlichen, Unternehmen einen breiten Erfahrungsschatz ansammeln können, von dem auch ein neuer fester Arbeitgeber profitieren wird.

Ein Problem, besonders für langjährige Freelancer: Eine klassische Vita bringen sie nicht mit, ebenso fehlen Arbeitszeugnisse und manchmal auch Weiterbildungen oder Zertifikate, denn diese kosten für einen Selbstständigen viel Zeit und vor allem Geld. Umso wichtiger ist es deshalb, die eigenen Erfolge, Projekte und Kunden zu dokumentieren – Letztere können im besten Falle auch Referenzen geben. Wer sich unsicher darüber ist, wie man sich in einem klassischen Bewerbungsgespräch verhält (manche Freiberufler haben schließlich möglicherweise noch nie eines geführt), sollte über eine entsprechende Beratung nachdenken.

Die Praxis zeigt, dass Selbstständige, die wieder in ein Angestelltenverhältnis wechseln möchten, mitunter Geduld brauchen, dann aber meistens auch zum Ziel finden. Andere Freelancer wiederum wechseln in die Festanstellung bei einem Unternehmen, das sie bereits durch ein gemeinsames Projekt kennengelernt haben. Dort konnten sie also sowohl ihre professionellen als auch ihre persönlichen Kompetenzen bereits unter Beweis stellen. Häufig geht bei positiver Zusammenarbeit die Initiative zur Festanstellung in solchen Fällen auch von der Unternehmensseite aus.

Eine letzte Herausforderung wartet dann noch: Die Akzeptanz der neuen Arbeitsbedingungen. Steile Hierarchien, strikte Arbeitszeiten und die Zusammenarbeit mit Kollegen sind nur einige der Veränderungen, an die sich Freiberufler unter Umständen (wieder) gewöhnen müssen. Daher ist es wichtig, sich bereits im Vornherein bewusst mit diesem Rollenwechsel auseinanderzusetzen.

Von der Freiberuflichkeit zurück in die Festanstellung? Pros und Contras in der Übersicht

Die Aufgabe der beruflichen Selbstständigkeit hat sowohl Vorteile als auch Nachteile. Wir stellen zum Abschluss beide Seiten der Medaille kurz gegenüber.

Pro – das spricht für eine Rückkehr ins Angestelltenverhältnis:

  • Als Beschäftigter hat man größere finanzielle Sicherheit und somit höhere Stabilität und Berechenbarkeit.
  • Durch geregelte Arbeitsbedingungen ist eine strikte Trennung zwischen Arbeit und Privatleben möglich.
  • Angestellte können sich auf ihre eigentliche Expertise konzentrieren und müssen keine Zeit in Nebenschauplätze wie Buchhaltung, Akquise oder Geschäftsführung investieren.
  • Unternehmertum passt in manchen Fällen schlichtweg nicht zur eigenen Persönlichkeit.
  • Der Sprung in die Selbstständigkeit gelingt nicht immer – eine Rückkehr in die Festanstellung kann die eigene Karriere dann wieder auf Kurs bringen.

Contra – das spricht gegen die Aufgabe der Freiberuflichkeit:

  • Freiberufler besitzen deutlich mehr persönliche Unabhängigkeit und Freiheit – sie entscheiden nicht nur, was sie tun, sondern auch wo und wann.
  • Selbstständige Unternehmer haben die Möglichkeit, selbst etwas aufzubauen und dabei eigene Ideen zu verwirklichen.
  • Die Selbstständigkeit geht oftmals mit einer besseren Work-Life-Balance einher. Das wirkt sich auch auf die Lebensqualität sowie auf die Vereinbarkeit von Familie und Beruf aus.
  • Insbesondere gut ausgebildete Spitzenkräfte verdienen auf dem freien Markt häufig mehr.
  • Eine Rückkehr in die Festanstellung ist nicht immer einfach – noch immer gibt es Vorurteile gegenüber Freiberuflern, weswegen manche Unternehmen selbstständige Bewerber kritisch betrachten.

Freiberuflichkeit oder Festanstellung? Eine pauschale Antwort gibt es nicht, zahlreiche Pros und Contras müssen gegeneinander abgewogen werden. Entscheidend ist hierbei die Reflektion nicht nur der beruflichen, sondern auch der privaten und persönlichen Ausgangssituation. Bin ich eher Unternehmertyp oder Angestelltentyp? Kann ich führen bzw. kann ich geführt werden? Was ist mir gerade wichtiger: Freiheit oder Sicherheit? Anhand solcher Fragen kommen viele Selbstständige am Ende zu einer Entscheidung.

 

Quellen:

Bundesministerium für Arbeit und Soziales

Frankfurter Allgemeine Zeitung

FreelancerMap

Rheinische Post Online

Stepstone

WILA Arbeitsmarkt

 

* Dieser Service stellt keine Rechtsberatung dar und ersetzt diese auch nicht.