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Was tun, wenn der Arbeitgeber das letzte Gehalt nicht zahlt, nachdem man gekündigt hat?

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Kleiner Arbeitnehmer vor großem Chef

Es gibt viele Gründe, warum Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen sich entscheiden, zu kündigen. So können sich durch einen Jobwechsel beispielsweise ihr Gehalt oder ihre Arbeitszeiten verbessern. Ebenso kann der Wunsch eines beruflichen Neuanfangs in einer anderen Branche ein Kündigungsgrund sein. Statistisch führt vor allem mangelnder Respekt vonseiten der Arbeitgeber zu Kündigungen. Laut Umfragen sind vor allem hoher Leistungsdruck (60,3 Prozent) in Kombination mit schlechten oder keinen Leistungsanreizen (53,7 Prozent) Gründe dafür, dass die Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen sich einen Tapetenwechsel wünschen. Auch ein schlechtes Büroklima unter dem Kollegium (64,8 Prozent) kann zu Kündigungen führen. Der am häufigsten gegebene Kündigungsgrund ist allerdings, dass kein Ausgleich für Überstunden stattfindet (67,7 Prozent). Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen sehen also vor allem eine schlechte Work-Life-Balance und fehlende Wertschätzung als Grund für einen Jobwechsel.

Bei der Kündigung müssen die Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen die in ihrem Arbeitsvertrag festgehaltenen Bedingungen einhalten. Einerseits gehört dazu die Einhaltung der Kündigungsfrist, andererseits müssen sie auch weitere Bedingungen beachten. Unter Umständen müssen sie verschiedene Sonderzuwendungen wie Weihnachtsgeld zurückzahlen oder andere offene finanzielle Forderungen begleichen. Das gilt aber in gleichem Maße für die andere Seite. Auch die Arbeitgeber haben bei einer Kündigung Verpflichtungen.

Der Arbeitgeber zahlt das letzte Gehalt nicht: Der erste Schritt

Nach der Kündigung kann es vorkommen, dass den Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen ihr letztes Gehalt vorenthalten wird. So wie bei allen anderen Gehältern auch, ist der Arbeitgeber jedoch verpflichtet, dieses zu zahlen. Als Arbeitnehmer bzw. Arbeitnehmerin hat man nun mehrere Möglichkeiten, dagegen vorzugehen, bevor man einen Anwalt oder eine Anwältin hinzuzieht. Schließlich muss es sich nicht zwangsweise um ein böswilliges Zurückhalten des Gehalts handeln. Ebenso könnte ein Versehen oder ein Fehler in der Buchhaltung dafür verantwortlich sein, dass das Gehalt nicht gezahlt wurde. Dies ist allerdings eher selten der Fall.

Der erste Schritt sollte die schriftliche Kontaktaufnahme mit dem ehemaligen Arbeitgeber sein, in dem das Unternehmen zur Zahlung aufgefordert wird. In dieser Forderung sollten die Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen auch eine Frist setzen, innerhalb welcher die Überweisung zu erfolgen hat. In der Regel ist eine Frist von einer bis zwei Wochen eine angemessene Dauer. Die wichtigsten Inhalte der Zahlungsaufforderung sind die konkrete Summe des ausstehenden Gehaltes und das genaue Datum, wann die Frist endet. Je nachdem, wie das Verhältnis zwischen Arbeitnehmerin bzw. Arbeitnehmer und Arbeitgeber aussah, könnte es auch sinnvoll sein, die Konsequenzen bei einer Nichtbeachtung zu nennen. Während die Kontaktaufnahme über Mail in der Regel genügt, ist es trotzdem empfehlenswert, die Forderung auch in gedruckter Form und unterschrieben einzureichen. Sollte der Arbeitgeber nicht gesprächsbereit sein oder die Frist ignorieren, ist der nächste Schritt für den Arbeitnehmer bzw. die Arbeitnehmerin das Arbeitsgericht. Außerdem kann es sinnvoll sein, die Zahlungsforderung als Mahnung zu formulieren. Im Falle des Nichtzahlend werden so zusätzliche Zinsen und Verzugskosten für den ehemaligen Arbeitgeber fällig. Solche Zahlungsaufforderungen sollten so früh wie möglich verfasst und dem ehemaligen Arbeitgeber vorgelegt werden. Aufgrund von relativ kurzen Ausschlussfristen (auch Verfallsfristen genannt) kann der Anspruch bereits nach drei bis sechs Monaten verfallen, wenn das Gehalt bis dahin noch nicht eingefordert wurde.

Das letzte Gehalt beim Arbeitsgericht einklagen

Wenn der Arbeitgeber der schriftlichen Zahlungsaufforderung nicht nachkommt, ist eine Klage für die Arbeitgeber unvermeidlich. Hierfür müssen Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen nicht unbedingt einen Rechtsbeistand kontaktieren, sie können die Klage beim Arbeitsgericht auch selbst formulieren und einreichen. Hierfür bieten die Arbeitsgerichte eine Rechtsantragsstelle bzw. eine Antragshilfestelle an, die beim Formulieren der Klage helfen können. Sie dürfen allerdings keine Rechtsberatung anbieten. Die sichere Variante ist allerdings immer, einen Anwalt hinzuzuziehen, der neben der Klageformulierung und der Rechtsberatung auch die weitere Kommunikation zwischen Arbeitnehmer bzw. Arbeitnehmerin und Arbeitgeber überwacht. Die Klage führt normalerweise zu einer Güteverhandlung, die rund fünf Wochen nach der Klageeinreichung stattfindet. In den meisten Fällen geben die Arbeitgeber in diesem Verfahren klein bei und zahlen das ausstehende Gehalt. Bei einer gütlichen Einigung fallen außerdem keine Gerichtskosten an, die Arbeitnehmer und die Arbeitnehmerinnen werden also nicht mit zusätzlichen Kosten überrascht.
Falls kein Vergleich mit dem ehemaligen Arbeitgeber stattfindet, steigt das Verfahren in die nächsthöhere Instanz auf. Spätestens jetzt sollte eine Anwältin oder ein Anwalt hinzugezogen werden, der die Erfolgsaussichten beurteilt und einschätzen kann, ob es sinnvoll ist, die Klage weiterzuführen.

Ein Erfahrungsbericht aus Sicht eines Arbeitnehmers

Günther K., 33, arbeitete viele Jahre als Fensterbauer in einer Tischlerei. Er fühlte sich als fester Bestandteil des langjährigen Kollegenstammes. „Das Arbeitsklima bei uns war immer freundlich und sehr angenehm, alles lief prima. Bis zu dem Zeitpunkt, als der Chef ziemlich plötzlich die Geschäftsführung in die Hände seiner Tochter übergab. Sie hatte studiert und wollte nun frischen Wind in die Firma bringen. ‘Neue Besen kehren gut‘, sagt man ja so, aber bei uns war quasi über Nacht ein frostiges Klima, herrische Töne und eine sonderbare Befehlsform an der Tagesordnung.

Alles im Alltag wurde überaus unangenehm. Nach wenigen Wochen hatte der erste Kollege einen neuen Arbeitsplatz gefunden und war ruckzuck weg. Seine Stelle wurde nicht neu besetzt, dafür durften wir Verbleibenden entsprechend mehr und länger arbeiten. Einen Ausgleich dafür gab es – mit Ansage – nicht. Ich habe mich dann auch auf die Suche gemacht und hatte bald Glück, einen neuen Job zu finden. Meine Kündigung habe ich fristgemäß geschrieben.

Die neue Geschäftsführerin war darüber persönlich so beleidigt, dass sie mich mit sofortiger Wirkung von der Arbeit freigestellt und nach Hause geschickt hat. Die Zahlung des letzten Lohns hat sie nicht angewiesen. Nach einer Anmahnung musste ich mein Geld beim Arbeitsgericht einklagen. Das hat sogar alles in allem recht problemlos geklappt, ich hatte alle Unterlagen und Nachweise vollständig dabei. Aber ich habe zwei kleine Töchter und die Rennerei und die Sorgen, die man in einer solchen Situation hat, sind eine unnütze dreifache Belastung. Glücklicherweise habe ich durch einen Vergleich mein Geld dann bekommen. Beim neuen Betrieb habe ich es ganz gut getroffen, aber ich bin noch traurig darüber, dass eine im Grunde schöne und kollegiale Arbeitswelt nach vielen Jahren läppisch zerstört wurde.“*

Rechte und Pflichten gelten wechselseitig

Falls Arbeitnehmern bzw. Arbeitnehmerinnen nach einer Kündigung das Gehalt vorenthalten wird, bekommen sie es in den allermeisten Fällen doch noch ausgezahlt. Wer ordnungs- und fristgemäß kündigt, ist rechtlich auf der sicheren Seite und muss sich über den Ausgang eines Verfahrens in der Regel keine Sorgen machen. Nichtsdestotrotz ist es eine zeitaufwendige und nervenaufreibende Angelegenheit. Im Endeffekt können sich die Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen durch solch einen Prozess bestätigt fühlen, dass es die richtige Entscheidung war, ihren ehemaligen Arbeitgeber zu verlassen.

*Günthers Fall ist fiktiv und beruht auf verschiedenen Erfahrungen von Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen.

 

 

Quellen:

de.statista.com

harbinger-consulting.com

juraforum.de

martin-graner.de

tp-rechtsanwaelte.de

 

Autor: Christoph Deutscher