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Bewerbung während Corona: Die Krise kann auch eine Chance sein

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Mann betrachtet nachdenklich Wand mit Pfeilen, die zu Fragezeichen führen.

Corona beeinflusst unser aller Leben fundamental. Das auch unter dem Namen Sars-CoV-2 bekannte Virus, das die Erkrankung COVID-19 auslöst, hat das öffentliche Leben weitgehend lahmgelegt und auch die Wirtschaft, und damit unser Arbeitsleben, stark verändert. Millionen Beschäftigte arbeiten im Homeoffice und sind in Kurzarbeit, etliche haben gar ihren Arbeitsplatz verloren.

Besonders für Menschen ohne Arbeit spielt die Jobsuche trotz oder gerade wegen der Krise eine zentrale Rolle. Aber auch für Menschen in einem festen Beschäftigungsverhältnis kann die aktuelle Situation ein Auslöser sein, die eigene berufliche Situation zu überdenken. Blickwinkel verändern sich, andere Dinge rücken in den Fokus, viele haben jetzt mehr Zeit also zuvor, ihren Job und ihre berufliche Zufriedenheit infrage zu stellen. Doch wie damit umgehen? Ist es aktuell überhaupt möglich und sinnvoll, sich zu bewerben? Wie läuft das in Zeiten von Kontaktbeschränkungen ab? Stellen Unternehmen überhaupt ein? Und was kann getan werden, um die eigene Position auf dem Arbeitsmarkt für die Zeit nach der Krise zu verbessern? Antworten auf diese und weitere Fragen finden Sie in diesem Artikel.

Soll ich mich während der Corona-Krise überhaupt bewerben?

Für manch einen stellt sich diese Frage überhaupt nicht, denn viele haben gar keine andere Wahl, als sich um einen neuen Job zu bemühen. Doch auch für alle anderen Menschen mit Veränderungswunsch kann diese Frage mit einem klaren „Ja“ beantwortet werden. Sich zu bewerben kann niemals schaden. Ohne Kontaktaufnahme wird der potenzielle neue Arbeitgeber nie erfahren, dass Sie sich für die Stelle interessieren. Außerdem vermitteln Sie potenziellen Arbeitgebern einen positiven Eindruck von sich: Sie arbeiten trotz Krise konstruktiv an Ihrem beruflichen Vorankommen, was auf Zielstrebigkeit und Belastbarkeit in schwierigen Situationen hinweist. Des Weiteren lassen Sie sich – im Gegensatz zu einigen potenziellen Konkurrenten, die sich nicht bewerben – durch die Krise nicht verunsichern.

Sie können eigentlich nur gewinnen: Das größte Risiko besteht darin, dass Sie Absagen erhalten oder – in wenigen Fällen – nicht einmal eine Rückmeldung. Das kann frustrierend sein, sollten Sie aber nicht persönlich nehmen. Zumindest haben Sie auf sich aufmerksam gemacht und man erinnert sich möglicherweise an Sie, sobald das Unternehmen einen möglichen Einstellungsstopp wieder aufgehoben hat oder eine zuvor nicht vakante Position neu besetzt werden muss.

Was tun, wenn meine favorisierte Branche stark von der Krise betroffen ist?

Sollten Sie in einer der krisengeschüttelten Branchen arbeiten möchten, stehen die Chancen aktuell eher schlecht und es ist nachvollziehbar, dass Sie Ihre Bewerbungsanstrengungen vorerst zurückfahren. Auch eine mögliche Lücke im Lebenslauf ist durch die Corona-Krise nachvollziehbar und sollte Sie nicht zu sehr verunsichern. Überlegen Sie stattdessen, welche alternativen Beschäftigungsmöglichkeiten als Überbrückung für Sie in Frage kommen und bewerben Sie sich entsprechend in Bereichen, in denen nach wie vor Mitarbeiter gesucht werden. Bedenken Sie dabei, dass Sie dieser Tätigkeit nur vorübergehend nachgehen, bis eine Bewerbung auf Ihren Wunschjob wieder erfolgversprechender wird. Mit einer spontanen Arbeitsaufnahme in einem sogenannten systemrelevanten Bereich demonstrieren Sie Flexibilität, Einsatzbereitschaft und Hilfsbereitschaft. Diese Stärken sind gefragte Soft Skills, die Sie nun belegbar in Ihrem Lebenslauf und im Bewerbungsgespräch unterbringen können.

Welche Branchen sind von der Corona-Krise betroffen?

Grundsätzlich sind nahezu alle Branchen mehr oder weniger stark durch geltende Kontaktverbote betroffen. Ende April 2020 wurde bereits für mehr als 10 Millionen Arbeitnehmer Kurzarbeit angemeldet und die Arbeitslosenzahl stieg auf 2,644 Millionen (5,8 Prozent). Zu den am stärksten von der Krise betroffenen Branchen zählen dabei Gastronomie, Hotelgewerbe, produzierende Industrie und verarbeitendes Gewerbe, Tourismus, Handel (Supermärkte und Discounter ausgenommen) und Teile der Gesundheitswirtschaft. Hier befinden sich viele der Angestellten in Kurzarbeit und zum Teil gelten Einstellungsstopps. Es ist zwar dennoch möglich, sich in diesen Bereichen zu bewerben, die Erfolgsaussichten sind aktuell aber eher gering, da derzeit auch Entlassungen noch nicht ausgeschlossen sind. Sobald absehbar ist, dass Betriebe in diesen Branchen ihre Arbeit wieder wie gewohnt aufnehmen können, werden auch diese früher oder später wieder verstärkt nach Mitarbeitern suchen.

Derzeit sollten Sie Ihre Bewerbungsbemühungen auf Beschäftigungsmöglichkeiten außerhalb dieser Sektoren konzentrieren. Wenn Sie branchenübergreifende Flexibilität mitbringen, kann sich ein Blick in die systemrelevanten Wirtschaftsbereiche lohnen. Welche Bereiche im Einzelnen als systemrelevant gelten, kann je nach Bundesland variieren. Eine ausführliche Liste der Sektoren, die das Land Nordrhein-Westfalen veröffentlicht hat, gibt jedoch eine gute Orientierung.

Unabhängig von der Systemrelevanz gilt: Berufe, die im Homeoffice ausgeübt werden können, haben aktuell einen Vorteil. Grundsätzlich können hier auch zu Krisenzeiten noch neue Mitarbeiter eingestellt werden, da das sogenannte Onboarding und die Einarbeitung auch im Homeoffice funktionieren können. Bewerbungen bei Unternehmen bzw. in Unternehmensbereichen, deren Arbeit hauptsächlich digital stattfindet, sind daher empfehlenswerter als Bewerbungen für eine Tätigkeit, die eine physische Anwesenheit oder sogar direkten Kundenkontakt beinhaltet – von systemrelevanten Berufen einmal abgesehen.

Was gilt es beim Bewerbungsprozess zu beachten?

Bevor Sie eine Bewerbung einreichen, kann es hilfreich sein, sich bei dem ausgewählten Unternehmen per Telefon oder E-Mail zu erkundigen, ob die Stellenausschreibung trotz der Krise noch aktuell ist. Bei ganz frischen Ausschreibungen können Sie jedoch davon ausgehen, dass das Unternehmen tatsächlich gerade sucht. Auch eine Initiativbewerbung kann erfolgreich sein, da einige Unternehmen möglicherweise gerade suchen, aber in diesen ungewöhnlichen Zeiten bisher nicht dazu kamen, neue Stellenausschreibungen zu schalten. Auch hier sollten Sie sich vorweg durch einen Anruf beim Unternehmen informieren, ob dieses gerade plant, neue Mitarbeiter einzustellen. Thematisieren Sie die derzeitige Krise in Ihrem Anschreiben, wenn sie Ihre Entscheidung für den Jobwechsel nachvollziehbar verstärkt.

Da sich auch viele HR-Abteilungen gerade im Homeoffice befinden, empfiehlt sich besonders die Online-Bewerbung. Die Personalabteilung hat somit sofortigen Zugriff auf Ihre Bewerbung und muss nicht erst den Firmenbriefkasten leeren. Viele Bewerber und Unternehmen nutzen aus unterschiedlichen Gründen mittlerweile ohnehin ausschließlich die Online-Bewerbung, weshalb sich bis hierhin kaum etwas am Bewerbungsprozess geändert hat. Abhängig von der Branche kann es zum Teil länger als üblich dauern, bis Sie eine Rückmeldung zu Ihrer Bewerbung erhalten. Auch der Auswahlprozess kann sich verlängern, da in vielen Unternehmen Neueinstellungen aktuell nicht oberste Priorität haben.

Bewerbungsgespräche während der Corona-Krise

Sollte Ihre Bewerbung auf Interesse stoßen, beginnen nun üblicherweise die Auswahlgespräche. Diese finden durch die Kontaktbeschränkungen aktuell häufig per Videokonferenz statt. Fragen Sie den potenziellen Arbeitgeber vorher, welche Software dafür verwendet wird und installieren Sie diese entsprechend. Unsere Kollegen von Gehalt.de haben einige Tipps für den Video-Call im Bewerbungsprozess. Das Wichtigste zusammengefasst: Bevor das Gespräch beginnt, sollten Sie die Technik geprüft haben. Funktionieren Software, Mikrofon und Kamera? Nutzen Sie eine ruhige Umgebung und achten Sie auf den Hintergrund. Hier machen sich beispielsweise Bücherregale besonders gut, aber auch eine neutrale Wand ist in Ordnung. Achten Sie auch auf den Abstand zur Kamera. Sie sollten weder zu nah, noch zu weit entfernt sitzen. Beachten Sie außerdem die Lichtverhältnisse: Ihr Laptop oder Smartphone sollte, wenn möglich, vor einem Fenster platziert sein, sodass das Tageslicht frontal auf Ihr Gesicht fällt. Denn Tageslicht ist häufig vorteilhafter als das künstliche Licht von Lampen. Sollten Sie Kinder haben, empfiehlt es sich, sich frühzeitig darüber Gedanken zu machen, wie diese während des Calls betreut sind, damit Sie sich ungestört auf das Gespräch und ihren potenziellen zukünftigen Arbeitgeber konzentrieren können.

Bei der Auswahl Ihrer Kleidung für den Video-Call orientieren Sie sich am besten an der jeweiligen Branche. Wenn Sie bei einem Bewerbungsgespräch vor Ort einen Anzug oder ein Business-Kostüm getragen hätten, dann tun Sie dies auch jetzt. Nur weil Sie während des Gesprächs zu Hause in vertrauter Umgebung sitzen, sollte Ihr Erscheinungsbild nicht weniger seriös sein.

Die neugewonnene Zeit nutzen

Befinden Sie sich aktuell in Kurzarbeit, haben Sie die Möglichkeit, Ihren reduzierten Lohn durch Nebenbeschäftigungen bis zur Höhe Ihres regulären Nettoeinkommens anzuheben. Davon würden Sie allerdings nicht nur finanziell profitieren: Durch eine Nebenbeschäftigung haben Sie Gelegenheit, Einblicke in andere Berufsfelder zu bekommen. Zudem haben Sie die Chance, persönliche Kontakte zu knüpfen und Ihre Arbeitserfahrungen zu erweitern.

Sollte es Ihre Zeit zulassen, können Sie Ihr berufliches Weiterkommen auch anderweitig vorantreiben: Nutzen Sie Online-Fortbildungen, um Ihre Qualifikation zu verbessern. Sie könnten beispielsweise neue Fähigkeiten erlernen oder einen Sprachkurs absolvieren. Bei späteren Bewerbungen kommen diese Ihnen garantiert zugute.

Kommen Sie mit Menschen – derzeit vorzugsweise virtuell – in Kontakt und festigen Sie diesen nachhaltig. Die Erhöhung der Aktivität auf Karriereportalen wie Xing oder LinkedIn kann beispielsweise dazu beitragen, dass Sie in den Austausch mit interessanten Menschen kommen oder gar potenzielle Arbeitgeber auf sich aufmerksam machen.

Sollten Sie sich dazu entscheiden, während der Corona-Krise in einem systemrelevanten Bereich auszuhelfen, werden Sie schnell neue Menschen kennenlernen, die zum Teil auch nur aushelfen und aus ganz anderen Branchen kommen. Bauen Sie sich auf diese Weise ein Netzwerk auf und seien Sie immer hilfsbereit. Sogenanntes Vitamin-B ist für das berufliche Vorankommen besonders vorteilhaft.

Fazit: Bewerben Sie sich – aber mit Köpfchen

Sich zu bewerben und ein Jobwechsel sind trotz Corona-Krise möglich. Es kommt hierbei aber vor allem auf die Bereiche an, in welchen Sie sich Bewerben möchten. Einige Branchen suchen händeringend, während in anderen Bereichen flächendeckend Einstellungsstopps gelten. Wer jetzt die Initiative ergreift und sich beispielsweise auf eine Arbeit in einem systemrelevanten Bereich einlässt, kann neue Eindrücke sammeln, sich positiv hervorheben und langfristig davon profitieren.

Allerdings handelt es sich beim Coronavirus nicht um eine harmlose Grippe. Insbesondere Personen, die zu den Risikogruppen gehören, sollten sich an die Empfehlungen der Bundesregierung halten und so wenig physischen Kontakt zu anderen Menschen wie möglich haben. Eine Arbeitsaufnahme in einem Bereich, der viel Kontakt zu anderen Personen voraussetzt, kann trotz der positiven Effekte für den Lebenslauf ernsthafte gesundheitliche Konsequenzen haben. Denken Sie daran, dass es auch noch eine Zeit nach dem Lockdown und der Krise geben wird. Haben Sie etwas Geduld und nutzen Sie die Zeit, um realistische und durchdachte Pläne zu schmieden, sich neue Fähigkeiten anzueignen oder Menschen kennenzulernen, damit Sie gesund und mit ganzer Kraft durchstarten können, wenn die Gefahren durch das Coronavirus so gering sind, dass wir alle wieder zu einem Zustand übergehen können, den viele als ‚Normalität‘ bezeichnen.

 

Quellen:

bernd-slaghuis.de

Bundesregierung

Gehalt.de

SWR 3

Tagesschau

ZDF