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Mit mir nicht! Kollegen und Chefs gezielt Grenzen setzen

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Können Sie Ihren Kollegen oder Vorgesetzten keine Bitte ausschlagen, obwohl dann Ihre Aufgaben leiden? Fühlen Sie sich oft ausgenutzt und dennoch unfähig, Nein zu sagen und Grenzen zu ziehen? Nein zu sagen hat viel mit der Wertschätzung gegenüber sich selbst zu tun: Mit klaren Grenzen schützen Sie sich und Ihre Gesundheit.

Nein sagen zum Boss: Eine gern gesehene Stärke

Einigen Menschen fällt es sehr schwer, dem Chef eine Bitte auszuschlagen. In der Regel haben diese Menschen generell ein Problem mit dem Nein sagen und dieses Problem wird gegenüber dem Vorgesetzten noch ein Stück größer.
Wer schlecht Nein sagen kann, verfügt meistens über ein zu geringes Selbstbewusstsein und Selbstvertrauen. Zudem mangelt es häufig am Respekt gegenüber der eigenen Person. Das Bedürfnis des anderen Menschen ist also wichtiger, als das eigene.

Menschen, die jeder Bitte des Chefs nachkommen, haben das Gefühl, sie würden mit einem Nein eine Schwäche zeigen. Der Boss könnte vielleicht denken: „Na wenn ihr (ihm) diese Zusatzaufgabe schon zu viel ist, dann suche ich mir besser eine andere Mitarbeiterin (einen anderen Mitarbeiter)“. In Wahrheit sehen viele - wenn nicht sogar die meisten – Chefs in der Fähigkeit Nein zu sagen eine Stärke. Menschen, die Grenzen ziehen, sind sich sehr bewusst darüber, wie und unter welchen Umständen sie Qualität abliefern können. Damit sie ihre Aufgaben weiterhin sehr gut erfüllen können, hat für sie ein freundliches und klares Nein nichts mit Schwäche zu tun.

Die Unfähigkeit zum Nein ist besonders bei Arbeitnehmern verbreitet, die noch nicht lange im Unternehmen beschäftigt sind und ebenso bei Berufsanfängern. Man möchte Leistungsbereitschaft zeigen und nimmt bereitwillig jede Zusatzaufgabe an, die einem vom Vorgesetzten auf den Tisch gelegt wird. Auf der Prioritätenliste stehen dann diese Zusatzaufgaben ganz oben und andere, wichtige Aufgaben werden nach hinten verschoben.

Wer ständig Ja sagt, wird nicht mehr ernst genommen. Also wird die scheinbare Bereitwilligkeit für Sonderaufgaben ausgenutzt. Am Ende leidet die Qualität und auf Dauer lässt sich diese „Hilfsbereitschaft“ auch nicht aufrecht halten, ohne dass es zu Leistungstiefs kommt. Ja-Sager sind in den Augen der Vorgesetzten Menschen mit wenig Durchsetzungsvermögen, die sich nicht behaupten können. Diese vermeintliche Hilfsbereitschaft führt nicht dazu, dass man vom Chef Wertschätzung entgegengebracht bekommt und auch mit einer Beförderung ist nicht zu rechnen, da man für verantwortungsvolle Aufgaben in der Lage sein muss, Grenzen zu ziehen, wenn es nötig ist.

Ja-Sager sind beliebte Kollegen – oder doch nicht?

Zusatzaufgaben werden auch gern zum stets Ja sagenden Kollegen geschoben. Das ist praktisch, denn unliebsame Aufgaben können auf diese Weise schnell vom eigenen Schreibtisch gefegt werden. Man hat schließlich im Team den überaus hilfsbereiten Kollegen, der noch nie eine Bitte ausgeschlagen hat.

Ist dieser Kollege beliebt? Könnte er als Kollege des Monats gekürt werden, falls es solche Auszeichnungen im Unternehmen gäbe? Wahrscheinlich nicht, denn Ja-Sager werden von Kollegen genauso wenig ernst genommen, wie vom Vorgesetzten. Das klingt fies und gemein, doch wer als Ja-Sager einmal testen möchte, wie sehr man als Person im Kollegenkreis geschätzt wird, muss nur einmal ganz klar Nein sagen. Dann trennt sich die Spreu vom Weizen und es wird schnell erkennbar, wer lediglich die schöne Möglichkeit geliebt hat, unbequeme Aufgaben abzuwälzen.

Warum fällt Grenzen setzen so schwer?

Die Gründe, warum sich Menschen schwer damit tun, Grenzen zu ziehen, sind ganz unterschiedlich. Oft können Frauen schwerer Nein sagen als Männer, da sie schon in der Kindheit darauf gedrillt wurden, als Mädchen immer lieb, nett und hilfsbereit zu sein. Bei jedem Nein als Erwachsene spüren sie dann innerlich ein Schuldgefühl und haben das Gefühl, ein Egoist zu sein, der nur an sich selbst denkt.
Der Grundstein für dieses Problem wurde in der Regel in der Kindheit gelegt. Manchmal waren oder sind auch die Eltern (zumindest ein Elternteil) nicht in der Lage, Bitten ihrer Mitmenschen abzulehnen.

Menschen, die ein Nein nicht oder selten über die Lippen bekommen:

  • möchten akzeptiert werden und haben Angst vor Ablehnung
  • möchten stets freundlich und nett sein
  • stellen die Bedürfnisse ihrer Mitmenschen über ihre eigenen Bedürfnisse
  • haben Angst vor Kritik und möchten Streit vermeiden, indem sie lieber immer Ja sagen
  • glauben, dass ein Nein ihren beruflichen Werdegang blockieren könnte
  • leiden häufig an ständigen Schuldgefühlen

All diese Gründe müssen nicht komplett auf den einzelnen Betroffenen passen, aber ein roter Faden zieht sich dennoch durch alle, die Probleme damit haben, Grenzen zu ziehen: Ihr Selbstvertrauen und ihr Selbstwertgefühl sind zu gering.

So klappt es mit dem Nein sagen besser

Nein sagen zu lernen hat mit einem gesunden Egoismus zu tun, denn durch diese Fähigkeit schützt man sich selbst vor Risiken wie Burn Out, Depressionen oder anderen Erkrankungen. Niemandem tut es langfristig gut, seine eigenen Bedürfnisse zu missachten, damit es anderen Menschen besser geht. Gegen Hilfsbereitschaft ist nichts einzuwenden. Es ist selbstverständlich, dass man sich gegenseitig hilft, wenn Not am Mann ist. Wird die Hilfsbereitschaft jedoch zum Dauerzustand, wird das gerne ausgenutzt und dabei achten Vorgesetzte und Kollegen nicht darauf, wie es dem Ja-Sager geht.

Nein sagen zu können hat also viel damit zu tun, sich selbst wertzuschätzen und auf sich zu achten. Oft wird die Bitte zwischen Tür und Angel gestellt und man wird förmlich überrumpelt und sagt schnell zu. Der erste Schritt heißt also: Bedenkzeit statt ein schnelles Ja! Dies kann ganz freundlich und höflich ausgesprochen werden, beispielsweise: „Ich kann Dir noch nichts versprechen. Lass´uns in einer halben Stunde noch einmal darüber sprechen“.

Beantworten Sie sich in dieser Bedenkzeit folgende Fragen:

  • Fühle ich mich kraftvoll genug, um dieser Bitte nachzukommen? Möchte ich diese Aufgabe übernehmen oder würde ich nur zusagen, damit Friede herrscht (ich Anerkennung bekomme; vom anderen gemocht werde …)?
  • Leidet mein eigenes Aufgabenfeld, wenn ich diese Sonderaufgabe übernehme? Kann ich weiterhin Qualität abliefern, wenn ich der Bitte der Kollegin (des Chefs) nachkomme?

Fehlt die Kraft, die Zeit und würden die eigenen Arbeiten liegen bleiben oder nur mit viel Stress erledigt werden können, dann folgt der nächste Schritt, nämlich freundlich und deutlich Nein zu sagen. Dieser Schritt ist natürlich der schwerste und den kann Ihnen keiner abnehmen. Geben Sie sich selbst die Erlaubnis, Grenzen ziehen zu dürfen. Auch das kann in freundlichem Ton geschehen, zum Beispiel so: „Es tut mir leid, aber ich kann deiner Bitte nicht nachkommen, da ich selbst noch genug zu tun habe“.
Eine weitere Erklärung ist nicht nötig und es sollte sich auch nicht weiter rechtfertigt werden. Falls der Kollege nun versucht Sie umzustimmen, sagen Sie ganz klar, dass Sie darüber nun nicht diskutieren möchten.

Bestenfalls lässt sich mit den entsprechenden Kollegen ein offenes und ehrliches Gespräch führen, in dem auch klar signalisiert wird, dass man selbstverständlich Zusatzaufgaben übernehmen wird, solange nicht das eigene Aufgabenfeld leiden muss.
Sind es nicht die Kollegen, sondern der Vorgesetzte, der einem ständig Sonderaufgaben aufbrummt, sollte auch hier ein Gespräch gesucht werden. Sagen Sie Ihrem Chef ganz klar, welche Konsequenzen die Zusatzaufgaben nach sich ziehen.

Noch ein Hinweis: Wenn Sie anfangen Grenzen zu ziehen, wird der ein oder andere Kollege die beleidigte Leberwurst spielen. Sie werden vielleicht vorwurfsvolle Blicke oder Kommentare sehen und hören. Doch all das hat nichts mit Ihrer Person zu tun. Es hat lediglich damit zu tun, dass diese Kollegen jetzt jemand anderen suchen müssen, dem sie unliebsame Aufgaben zuschieben können. Das ist unbequem und für diese Menschen ärgerlich. Im Laufe der Zeit und wenn Sie weiterhin dabei bleiben, Grenzen zu ziehen, werden Sie merken, dass der Großteil Ihrer Kollegen Ihnen mehr Wertschätzung und Akzeptanz entgegenbringt. Sie werden ernster genommen, auch vom Chef.
Manchmal hat die Unfähigkeit zum Grenzen setzen tief sitzende Gründe, die nicht alleine aufzulösen sind. Auch in dem Fall sollte man sich so viel Wertschätzung entgegenbringen und Hilfe suchen.

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