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Let’s Talk about Money: In diesen Ländern spricht man über Geld

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„Über Geld spricht man nicht“ – diesen Ausspruch kennt hierzulande fast jeder. Glaubt man dem Klischee, haben besonders die Deutschen diese Regel verinnerlicht. Dabei wirkt sie gerade durch ihren Anspruch auf Allgemeingültigkeit und in Zeiten, in denen andere traditionelle Tabuthemen längst verschwunden sind, überholt.

Warum sprechen viele Menschen in Deutschland so ungern und selten über ihre Finanzen? Wie sieht das in anderen Ländern aus? Ist man dort in Sachen Einkommen und Vermögen kommunikativer?

Diesen Fragen gehen wir hier nach. Zudem werfen wir einen Blick darauf, ob das Schweigen in Geld-Angelegenheiten überhaupt sinnvoll ist oder ob es auch Gründe gibt, sich nicht an diese Regel zu halten.

Darum ist das Thema Geld für viele Tabu

In Deutschland – und übrigens auch in zahlreichen weiteren mittel- und westeuropäischen Ländern – fürchten viele die Reaktionen ihrer Mitmenschen. Höhere Einkommen könnten Neid und Missgunst auslösen, niedrigere Gehälter Hohn und Spott. In beiden Fällen käme es zu einer unangenehmen Situation für die Person, die sich geöffnet und etwas von sich preisgegeben hat. Besserverdiener sehen sich in solch einem Fall häufig dem Vorwurf eines ungerechtfertigt hohen Gehalts ausgesetzt. Dabei unterstellt man ihnen eine Diskrepanz zwischen Leistung sowie gesellschaftlichem Nutzen auf der einen und dem Einkommen auf der anderen Seite.

Geringverdiener schämen sich häufig für ihr niedrigeres Einkommen, besonders wenn andere Personen von der Höhe des Gehalts auf den Wert ihrer Arbeit und ihre menschlichen Qualitäten schließen. Mit diesen Erwartungen scheint es nachvollziehbar, dass die meisten Deutschen ihre finanzielle Situation lieber geheim halten. Das geht sogar so weit, dass laut einer Studie der Consorsbank rund 40 Prozent nicht einmal wissen, was der eigene Partner verdient.

USA, Schweden, China – so gehen andere mit dem Thema Geld um

Dass der Umgang mit Geld eine Frage der Kultur ist, zeigt sich beim Blick in andere ausgewählte Regionen der Welt. In den Vereinigten Staaten von Amerika, die in der Diskussion um die Verschwiegenheit der Deutschen häufig als der Gegenpart dargestellt werden, spricht man zumindest teilweise offener über das Thema Geld.

Ein zentraler Bestandteil des sogenannten „American Way of Life“, also der amerikanischen Art zu leben, ist der „American Dream“. Dieses Ideal geht davon aus, dass jeder Amerikaner alles erreichen und sich sprichwörtlich vom Tellerwäscher zum Millionär hocharbeiten kann. In dieser „Alles-ist-möglich“-Kultur ist jeder der Schmied seines eigenen Glücks, hat die Höhe des Einkommens also selbst in der Hand. Dementsprechend ist man stolz auf das Erreichte und zeigt, was man (geleistet) hat. Neid und Missgunst haben in dieser Philosophie wenig Platz, denn schließlich kann jeder das Gleiche erreichen. Ähnliches gilt für Spott und Hohn Geringverdienern gegenüber: Das Erreichte wird nicht als dauerhaft und gegeben angesehen und jeder weiß, dass es mit dem eigenen hohen Einkommen in Zukunft auch wieder vorbei sein kann. Dass dieser amerikanische Traum nicht viel mit der amerikanischen Realität zu tun hat, dass es für die meisten Menschen dort unmöglich ist, die eigene soziale Schicht zu verlassen, ist dabei erst einmal zweitrangig. Es geht vielmehr um die grundlegende Einstellung.

Es gibt aber auch in den USA gesellschaftliche Schichten, die in der Mehrheit nicht über Geld sprechen. Dazu zählen die seit langem zur absoluten Oberschicht gehörenden, sehr reichen Familienclans, für die Geld einfach nichts ist, über das gesprochen werden müsste. Dort trifft eine bekannte Erweiterung der eingangs zitierten Redewendung zu: „Über Geld spricht man nicht, man hat es.“

Auch in traditionellen, streng hierarchischen Gesellschaften wie z. B. in China ist die Vermögenslage nichts, das versteckt und verschwiegen werden müsste. Hier werden soziale Standesunterschiede vielmehr als normal angesehen, es ist also ganz natürlich, dass einige mehr verdienen und haben als andere. Dementsprechend sind auch Klagen über Ungerechtigkeiten oder Neid und Missgunst nicht so tief in der Gesellschaft verwurzelt wie im auf Gleichheit bedachten Westeuropa.

Einen europäischen Sonderfall stellt Skandinavien dar, von Dänemark mal abgesehen. In Schweden beispielsweise haben gesellschaftliche Transparenz und Vertrauen in den wohlmeinenden demokratischen Staat eine lange Tradition. Dementsprechend machen die Finanzbehörden die zu versteuernden Einnahmen aus Arbeit und Vermögen der Bürger öffentlich. Jeder kann hier problemlos die Einkommensverhältnisse eines jeden Bewohners einsehen – mit Ausnahme der des Königspaars. Ein positiver Effekt dieser Praxis ist die Diskussion über die Angemessenheit von Gehältern, die letztendlich dazu führen kann, dass die Einkommenslücke zwischen Viel- und Geringverdienern, aber auch die zwischen Männern und Frauen verringert wird. Auch die Steuermoral wird erhöht. Schließlich kann jeder einen Zusammenhang zwischen Lebensstil und versteuertem Einkommen herstellen. Gegner kritisieren dieses System beispielsweise aus Angst vor Einbrüchen und Entführungen. Kriminelle bräuchten nur noch die Steuerlisten nach lohnenden Opfern zu durchsuchen.

Übrigens: Auch in Norwegen und Finnland herrscht diese Art der Einkommenstransparenz. Diese staatliche Maßnahme beeinflusst selbstverständlich auch das Sprechen über Geld. Dem Thema wird ein großer Teil der Brisanz und des Geheimnisvollen genommen, es kann ja sowieso jeder nachschauen, was der andere verdient. Dass es auf Island inzwischen verboten ist, Frauen weniger zu zahlen als Männern in vergleichbarer Position, entstammt einer ähnlichen Transparenzkultur.

Was spricht für den Austausch über Geld?

Neben den bereits erwähnten Effekten auf die Ungleichheit in Sachen Bezahlung hat das Sprechen über Gehälter auch für jeden Einzelnen positive Auswirkungen. Durch den Austausch entsteht Wissen, wo sonst nur Vermutungen oder gar völlige Dunkelheit vorherrschen. Wer weiß, was andere mit gleichem oder ähnlichem Job verdienen, erfährt mehr über den Marktwert seiner Arbeit und verbessert dadurch seine Verhandlungsposition gegenüber der Arbeitgeberseite. Diese hat dementsprechend häufig ein großes Interesse daran, dass nicht über Gehälter gesprochen wird. Viele Arbeitgeber verlangen dies von den eigenen Angestellten sogar per Klausel im Arbeitsvertrag. Das Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern hat allerdings schon vor Jahren festgestellt, dass solch eine Klausel nicht rechtens und damit unwirksam ist. Insofern der Verdienst der einzelnen Mitarbeiter nicht Bestandteil des Betriebsgeheimnisses ist, also nicht direkten Einfluss auf die Kalkulation der vom Unternehmen verlangten Preise für seine angebotene Dienste hat, darf den Mitarbeitern nicht verboten werden, sich über Gehälter auszutauschen. Etwas überspitzt könnte man also sagen: Wer aus seinem Einkommen ein Geheimnis macht, spielt damit (in)direkt den Arbeitgebern in die Hände.

Die Tabuthemen Gehalt und Vermögen sorgen auch dafür, dass andere Aspekte des Themas Geld im gesellschaftlichen Austausch häufig ausgeklammert werden. Eine generell offenere Gesprächspraxis würde das Wissen über Finanzprodukte jeglicher Art fördern. Viele Mitglieder unserer Gesellschaft in Deutschland sind in Sachen Finanzen und allem was damit zusammenhängt regelrecht Laien. Damit gibt man jede Menge Macht und Selbstbestimmung in die Hände von Banken, Versicherungen, Finanzberatern und Co. Nicht wenige fordern daher ökonomische Bildung als festen Bestandteil schulischen Unterrichts. Dies könnte perspektivisch zu mehr finanzieller Mündigkeit des Einzelnen führen.

Zusammenfassend lässt sich festhalten: Skandinavische Verhältnisse werden in Deutschland wohl nicht so bald Realität werden. Dafür sind Anonymität, Privatsphäre und Datenschutz viel zu große Werte in der deutschen Gesellschaft. Soweit muss man aber auch gar nicht unbedingt gehen, um das Wissen in Finanzsachen zu vergrößern und das Machtgefüge in Gehaltsverhandlungen zu verändern. Offenere Gespräche mit vertrauensvollen Freunden und Kollegen könnten da schon ein Anfang sein. Dazu sollte sich in Sachen Neid und Missgunst jeder auch einmal selbst kritisch hinterfragen. Denn solange dies die häufigsten Reaktionen auf ein höheres Gehalt sind, werden die meisten Deutschen in Sachen Gehalt weiterhin verschwiegen bleiben – mit allen negativen Konsequenzen.

Solange müssen Sie sich zumindest in Sachen Gehaltsvergleich auch weiterhin auf andere Quellen stützen.

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Quellen:

Bayerischer Rundfunk
FAZ.net
FOCUS Online
SPIEGEL Online
Süddeutsche.de
ZEIT Online