News

Hybrides Arbeiten: Modell der Zukunft?

Tipps & Tricks zum Thema Gehalt, Karriere & Berufsleben
findest du im Stepstone Magazin
Frau sitzt lächelnd an einem Monitor und spricht mit einem Mann über einen Videochat

Knapp anderthalb Jahre ist es her, als deutschlandweit im Zuge der Coronapandemie zum ersten Mal ein Lockdown verhängt wurde. Dieser brachte nicht nur das öffentliche Leben weitgehend zum Erliegen, sondern hatte auch erhebliche Auswirkungen für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer: Millionen Bundesbürger mussten ihr Büro gegen den heimischen Schreibtisch eintauschen, viele erledigen ihren Job bis zum heutigen Tage aus dem Homeoffice.

Angesichts einer kontinuierlich steigenden Impfquote steht eine Rückkehr in die Normalität für viele Unternehmen indessen kurz bevor, und schon jetzt haben viele Firmen ihre Büros wieder vollständig geöffnet. Das bedeutet jedoch mitnichten, dass alles wieder den gewohnten Gang nehmen wird. Während das Arbeiten von zu Hause vor der Pandemie oftmals noch skeptisch beäugt wurde, haben etliche Beschäftigte mittlerweile durchaus Gefallen daran gefunden oder zumindest die Vorteile von Remote Work für sich entdeckt. Arbeitgeber dürften es nach solch positiven Erfahrungen in vielen Fällen schwer haben, ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern eine tägliche Präsenzpflicht schmackhaft zu machen.

Die Coronakrise dürfte für die Berufswelt also mit nachhaltigen Folgen verbunden sein. Eine komplette Verlagerung des Jobs in die eigenen vier Wände ist allerdings unrealistisch, denn viele Angestellte vermissen dennoch das Büroleben und insbesondere den Kontakt zu ihren Kollegen. Hier stellt sich somit die Frage: Büro oder Homeoffice? Für viele lautet die ideale Antwort: Sowohl als auch. Immer mehr Experten plädieren für sogenanntes hybrides Arbeiten, welches beide Welten vereint und sich in Zukunft deswegen als vorrangiges Arbeitsmodell etablieren könnte. Zweifelsohne handelt es sich hier allerdings um Neuland, dessen Erschließung viele Fragezeichen für Unternehmen und Beschäftigte mit sich bringt. Was ist Hybrid Work überhaupt genau? Was sind die Vorteile von hybridem Arbeiten? Und was muss bei der Umsetzung dieses Konzepts beachtet werden? Wir haben uns in diesem Artikel mit diesen Themen beschäftigt.

Zwischen Büro und Homeoffice: Das ist hybrides Arbeiten

Ganz gleich ob Softwareentwickler, Grafikdesignerin oder Call-Center-Agent, lange Zeit galt für Angestelltenjobs solcher Art: Gearbeitet wurde entweder im Unternehmensbüro oder zu Hause. Eine solche strikte Zweiteilung ist heutzutage nicht mehr zeitgemäß, stattdessen können immer mehr Arbeitnehmer selbst entscheiden, wo und wann sie ihre Aufgaben erledigen.

Es sei außerdem erwähnt, dass sich in den letzten Jahren weitere Arbeitsformen herausgebildet haben. Hierzu gehört etwa die Nutzung von Coworking-Spaces, welche beispielsweise im Start-up-Milieu weit verbreitet ist. Jene Option ist vor allem dann attraktiv, wenn Beschäftigte firmenübergreifenden Ideenaustausch schätzen oder nicht die nötige Infrastruktur für Remote Work besitzen. Wird der Job gar komplett ortsunabhängig ausgeführt, dann spricht man von mobilem Arbeiten. Solange sie weiterhin für ihre Kollegen verfügbar sind, können Mitarbeiter etwa auch unterwegs im Zug, in einem Café oder in einer anderen Stadt bzw. gar im Ausland arbeiten.

Hybrides Arbeiten bezeichnet die Kombination verschiedener Arbeitsformen, vor allem von bürobasiertem und heimbasiertem Arbeiten. Wie ein Unternehmen diese Mischform im Konkreten ausgestaltet, muss es nach eigenem Ermessen entscheiden, ein allgemeingültiges Schema gibt es demnach nicht. Im Gegenteil, gerade individuelle Faktoren wie branchenspezifische Anforderungen oder die vorherrschende Firmenkultur dürfen auf keinen Fall vernachlässigt werden. Beispielsweise kann eine Abteilung auf die Anwesenheit bestimmter Mitarbeiter angewiesen sein, während ein anderes Team die Startphase eines Projektes persönlich diskutieren will, wie es vor allem bei Kreativberufen oftmals der Fall ist.

Ein Aspekt ist aber normalerweise in allen Hybridmodellen gleich – ein Teil der Arbeitszeit muss in Präsenz abgeleistet werden. Dies kann etwa so umgesetzt werden, indem die Anwesenheit an einem bestimmten Wochentag als verpflichtend festgesetzt wird. Andere Unternehmen verlangen hingegen, dass ein fixer Prozentsatz der Arbeitszeit im Büro verbracht werden muss. Zu starre Regelungen können allerdings kontraproduktiv sein, schließlich zielt Hybrid Work gerade darauf ab, die Flexibilität und Freiheit für Mitarbeiter zu erhöhen. Im Idealfall sollten diese eine höchstmögliche Entscheidungsgewalt darüber haben, wann und wo sie ihren Job ausüben. Das bedeutet aber ebenso: Wenn gewünscht, muss es einem Arbeitnehmer auch möglich sein, ausschließlich im Büro zu arbeiten. Ein Unternehmen, wo ein derartiges Schema bereits realisiert wurde, ist der Online-Parfumversand Flaconi: Beschäftigte können wählen, ob sie drei oder fünf Tage in der Unternehmenszentrale arbeiten wollen.

Das Beste von beiden Welten: Was sind die Vorteile von Hybrid Work?

Arbeit im Homeoffice ist weniger produktiv – dieser Satz fiel oftmals, wenn nach den Gründen für den vielerorts vorherrschenden Widerwillen gegen Remote Work gefragt wurde. Nachdem dieses Argument aufgrund der Coronakrise notgedrungen auf seine Gültigkeit geprüft wurde, lässt sich konstatieren: Bei dieser Meinung dürfte es sich größtenteils um ein Vorurteil handeln, die meisten Mitarbeiter konnten bei sich keinen Leistungsabfall beobachten. In einer Umfrage der Boston Consulting Group (BCG) gab nur etwa ein Viertel aller Arbeitnehmer an, ihre Produktivität sei im Homeoffice gesunken. Unklar ist zudem, inwiefern sich diese Quote durch bessere Vorbereitung, zum Beispiel bei der technischen Ausstattung, weiter verringern lässt. Der Rest der Befragten konnte sein Leistungsniveau nicht nur halten, sondern oftmals gar steigern.

Der klassische Nine-to-five-Job gehört der Vergangenheit an, schon jetzt bieten die meisten Arbeitgeber flexible Arbeitszeitmodelle an, zum Beispiel durch Gleitzeit oder Jahresarbeitszeit. Diese Flexibilität lässt sich im Homeoffice noch besser umsetzen und nutzen: Länger ausschlafen oder das Kind vor der Arbeit zur Schule bringen? Das ist bei Remote Work kein Problem. Nicht nur ist dieses Modell für einen Arbeitnehmer mit deutlich mehr persönlicher Freiheit verbunden, durch wegfallendes Pendeln bleibt auch mehr Zeit für das eigene Privatleben. Dadurch erhöht sich die Vereinbarkeit von Job und Familie. Zudem wächst für viele Beschäftigte auch die Arbeitszufriedenheit, schließlich fühlt sich nicht jeder in Großraumbüros wohl, und kann stattdessen am heimischen Schreibtisch besser Höchstleistungen abrufen. Etwa drei Viertel aller Mitarbeiter wünscht sich daher, dass Möglichkeiten zum Homeoffice auch nach der Pandemie fortbestehen.

Die Kehrseite der Medaille: Der Kontakt zu Kollegen findet bei ausschließlichem Remote Work nur virtuell statt. So nützlich Zoom oder Microsoft Teams für innerbetriebliche Kommunikation auch sein mögen, vergleichbar mit dem unverbindlichen Plausch vor der Kaffeemaschine oder dem gemeinschaftlichen Lunch sind solche Tools nicht. Wenig überraschend also, dass zwei von drei Arbeitnehmern angeben, ihnen fehle der persönliche Kontakt zur Kollegschaft. In einer hybriden Arbeitsform können Beschäftigte dieses natürliche Sozialbedürfnis weiterhin befriedigen, ohne die Vorteile von Heimarbeit gänzlich aufgeben zu müssen.

Sträubten sich manche Führungskräfte vor der Pandemie noch gegen Homeoffice, scheinen viele von ihnen mittlerweile überzeugt. In einer Umfrage von Microsoft gab mehr als die Hälfte an, die Produktivität ihrer Beschäftigten sei gleichgeblieben, während mehr als ein Drittel gar einen Leistungszuwachs beobachtete. Dementsprechend erwarten rund 90 Prozent aller Entscheider, dass Hybrid Work auch langfristig fortbestehen wird.

Gerade in Zeiten des Fachkräftemangels, in denen oftmals Unternehmen um Angestellte werben müssen anstatt andersherum, ist es essenziell, dass diese mit attraktiven Arbeitsbedingungen aufwarten können. Von Hybrid Work profitieren aber nicht nur Arbeitnehmer, sondern auch Arbeitgeber: Nicht nur dürfte dieses Modell der Mitarbeiterzufriedenheit zuträglich sein, auch erlaubt diese flexible Mischform die individuelle Anpassung von Arbeitszeit- und -ort an die persönlichen Befindlichkeiten eines jeden Beschäftigten. Ob Frühaufsteher oder Langschläfer, ob Büroliebhaber oder Homeoffice-Befürworter– in einer hybriden Struktur können all jene Persönlichkeitstypen symbiotisch koexistieren, was zu positiven Leistungseffekten führen dürfte. Viele Chefs erwarten zudem finanzielle Vorteile, denn durch niedrigere Betriebskosten und geringeres Büromaterial lässt sich allerhand Geld einsparen. In Kombination mit einer verringerten Zahl an Berufspendlern ist dies nebenbei auch noch umweltfreundlicher, ein aktuell noch wenig beachteter Gesichtspunkt, der allerdings in den kommenden Jahren immer relevanter werden dürfte.

Aktuelle Stellenangebote mit Homeoffice-Option:

Bruttogehalt:
Durchschnittliches Bruttogehalt bei 40 Wochenstunden

So gelingt die Umstellung auf hybrides Arbeiten

Dass eine plötzliche Abkehr von einem reinen Präsenzmodell auch ohne große Vorbereitung möglich ist, hat die Coronakrise bewiesen. Dass es in fast jedem Unternehmen noch deutlichen Verbesserungsbedarf gibt, ist aber ebenfalls nicht von der Hand zu weisen. Die während des Lockdowns ausschließlich virtuell stattfindende Kommunikation zwischen Mitarbeitern hat gezeigt: Ohne hochwertige technische Ausstattung fällt das gesamte Hybridgerüst in sich zusammen. Wer noch nicht hinreichend in Digitalisierung investiert hat, sollte dies also schleunigst nachholen. Messenger-Tools wie Slack, Software zur Durchführung von Videokonferenzen sowie cloudbasierte Speicherorte sind nur einige Beispiele für IT-Strukturen, die entsprechend eingerichtet werden müssen. Damit kein Arbeitnehmer ins elektronische Vakuum abgleitet wird, müssen Unternehmen aber nicht nur geeignete Software, sondern auch leistungsstarke Hardware bereitstellen. Wichtig ist außerdem die Klärung rechtlicher Fragen, hier sollten Arbeitgeber vor allem darauf achten, dass alle Datenschutzrichtlinien eingehalten werden.

So wichtig adäquate Arbeitsmittel auch sind, bedient werden diese letztendlich immer noch von Menschen. Nicht jeder Beschäftigte ist allerdings bereits Experte im Umgang mit sämtlichen digitalen Tools, daher bieten sich Schulungen und Trainings an. Noch wichtiger dürften zudem Soft Skills wie Selbstorganisation und Zeitmanagement sein, auch hier können Arbeitgeber dafür sorgen, dass ihre Belegschaft für eine hybride Arbeitswelt qualifiziert ist. Was oftmals vergessen wird – Unsicherheit gibt es nicht nur vonseiten der Mitarbeiter, die sich wandelnde Arbeitslandschaft ist auch für Führungskräfte mit großen Herausforderungen verbunden. Umfragen zufolge fühlen sich rund drei Viertel aller Chefs nicht zureichend darauf vorbereitet, ein Team virtuell zu führen und zu motivieren. Weiterbildungen sind deshalb auf allen Hierarchiestufen vonnöten.

Neben der technischen und der personellen Ebene gibt es zusätzlich noch eine strukturelle Komponente, vor allem die Unternehmensphilosophie muss sich an die neuen Begebenheiten anpassen: Wo im reinen Präsenzbetrieb noch die bloße Anwesenheit als Indiz für Arbeitsaktivität galt und Arbeitgebern ein Gefühl der Kontrolle gab, müssen Führungskräfte jetzt lernen, eine Vertrauenskultur zu etablieren und Autonomie zu fördern. Gleichzeitig bedarf es aber auch transparenter Kommunikation und eindeutigen Regeln, insbesondere zur Verfügbarkeit für Kollegen. Zu welchen Zeiten müssen Beschäftigte erreichbar sein? Wo dürfen sie ihre Arbeit abseits des Büros ausführen, ist möglicherweise gar die Ausübung des Jobs in einer anderen Zeitzone erlaubt? Auf solche Fragen müssen Unternehmen eine klare Antwort geben können.

Die Pandemie hat überdies aufgezeigt, dass im digitalen Milieu gleichermaßen ein Bedürfnis nach informeller Kommunikation besteht. Selbst wenn es weiterhin regelmäßige Präsenzzeiten vor Ort gibt, schätzen Mitarbeiter auch in ihren mobilen Arbeitsphasen eine büroähnliche Atmosphäre. Daher sollte es stets die Möglichkeit geben, sich abseits konkreter Arbeitsaufgaben mit Kollegen auszutauschen. Verbreitet sind etwa Check-ins und Check-outs zu Beginn und Ende des Arbeitstags oder Kaffeepausen via Videokonferenz zu festen Uhrzeiten. Angeraten sind auch Maßnahmen des Teambuildings in der virtuellen Sphäre, zum Beispiel durch gemeinsames Computerspielen. So können Unternehmen sicherstellen, dass Motivation und Zusammenhalt nicht unter den Homeoffice-Phasen leiden.

Damit die Umstellung auf Hybrid Work gelingt, bedarf es also an Anpassungsfähigkeit und Lernwillen von Arbeitgebern wie auch von Arbeitnehmern zugleich. Interesse hieran scheint es von beiden Seiten zu geben, denn aus der Not geborenes Homeoffice hat sich für alle Beteiligten als tragfähiges Arbeitsmodell erwiesen. Ohnehin fortschreitende Paradigmenwechsel haben sich pandemiebedingt beschleunigt, und auch wenn die Coronakrise allmählich abebbt, so dürften ihre Auswirkungen auf die Berufswelt bestehen bleiben.

Quellen:

Boston Consulting Group

Frankfurter Allgemeine Zeitung

Human Resources Manager

Microsoft

Personalwirtschaft.de

Personio

 

Autor: Michel Vo