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Verschwiegenheitsklausel im Arbeitsvertrag: Das dürfen Sie über Gehalt, Bürointerna & Co. erzählen

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Verschwiegenheitsklausel - Kollegen unterhalten sich

Reden ist Silber, Schweigen ist Gold – dieses allseits bekannte Sprichwort lässt sich auch in der Arbeitswelt anwenden, zumindest wenn es nach vielen Arbeitgebern geht. Gemeint sind hier konkret sogenannte Verschwiegenheitsklauseln. Derartige Klauseln verpflichten den Arbeitnehmer über sensible Daten des Unternehmens Stillschweigen zu bewahren. Doch sind solche Klauseln überhaupt zulässig und wann kommen sie zur Anwendung? Welche Informationen fallen unter diese Verschwiegenheitspflicht? Muss man als Arbeitnehmer mit rechtlichen Konsequenzen rechnen, wenn man mit anderen über sein Gehalt spricht?*

Diesen und anderen Fragen wollen wir hier nachgehen und damit Klarheit darüber schaffen, wann und wann nicht Arbeitnehmer zur Verschwiegenheit verpflichtet sind und welche Daten dies genau betrifft.

Grundsätzliche Pflicht zur Verschwiegenheit

Fast jeder Arbeitnehmer kennt diese Situation: Man hat einen neuen Job, unterschreibt den Arbeitsvertrag und dieser enthält Regelungen zur Geheimhaltung von bestimmten Informationen bezüglich des Unternehmens – die Verschwiegenheitsklauseln. Doch prinzipiell gilt auch ohne derartige Klauseln eine Verschwiegenheitspflicht für Arbeitnehmer. Nach allgemeiner Auffassung sind Beschäftigte auch dann zum Stillschweigen über gewisse Interna der Firma verpflichtet, wenn dies nicht explizit im Arbeitsvertrag festgehalten wurde. Dies besagt die sogenannte Schutz- und Rücksichtnahmepflicht, welche in § 241 Abs. 2 BGB festgelegt ist. Dieser Paragraf regelt, inwiefern Arbeitnehmer auf die geschäftlichen Interessen des Arbeitgebers Rücksicht nehmen müssen.

Vertraglich geregelte Geheimhaltungspflicht

Viele Arbeitnehmer sichern sich aber noch zusätzlich ab, indem sie die Schweigepflicht vertraglich erweitern und ausdrücklich Verschwiegenheitsklauseln im Arbeitsvertrag verankern. Diese vertraglich geregelte Geheimhaltungspflicht erstreckt sich auf alle Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse und erfasst darüber hinaus auch schützenswerte Interessen des Arbeitgebers. Unter Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen sind solche Tatsachen zu verstehen, die in Zusammenhang mit einem Geschäftsbetrieb stehen, nur einem eng begrenzten Personenkreis bekannt und nicht offenkundig sind. Diese Tatsachen sollen auf Wunsch des Arbeitgebers im Rahmen seines berechtigten wirtschaftlichen Interesses geheim gehalten werden. Während Betriebsgeheimnisse den technischen Betriebsablauf, insbesondere Herstellung und Herstellungsverfahren betreffen, beziehen sich die Geschäftsgeheimnisse eher auf den allgemeinen Geschäftsverkehr des Unternehmens. Beispiele für solche Geheimnisse sind etwa Informationen über Rezepturen oder Konstruktionspläne, Kundendaten oder Vertragsinformationen.

Allerdings dürfen diese Klauseln nicht zu allgemein formuliert sein, da sie sonst von vornherein nichtig sind und keine Rechtswirkung entfalten. So ist beispielsweise eine arbeitsvertragliche Klausel, wonach „sämtliche während der Tätigkeit beim Arbeitgeber bekannt gewordenen geschäftlichen Vorfälle“ geheim zu halten sind, unwirksam. Ebenfalls unzulässig ist die Verschwiegenheitspflicht bezüglich Tatsachen, welche von jedermann ohne größere Schwierigkeiten in Erfahrung gebracht werden können. Dementsprechend führt z. B. die Veröffentlichung von Informationen in einer Fachzeitschrift oder auf der Website des Unternehmens zur Offenkundigkeit.

Wie lange besteht die Verschwiegenheitspflicht?

Die Geheimhaltungspflicht beginnt grundsätzlich mit Abschluss des Arbeitsvertrages. Doch auch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses ist man prinzipiell noch zur Verschwiegenheit über Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse verpflichtet. Dies gilt allerdings nur insoweit, wie man durch die Wahrung der Verschwiegenheitspflicht nicht in der Berufsausübung unzumutbar beschränkt wird. Demzufolge dürfen Arbeitnehmer das während des Arbeitsverhältnisses erworbene Erfahrungswissen zum eigenen Nutzen weiterverwenden, beispielsweise für die neue berufliche Tätigkeit. Einen weitergehenden Geheimnisschutz kann der Arbeitgeber nur über die Vereinbarung eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots erreichen.

Schweigepflicht auch bezüglich des Gehalts?

Ob man im Gespräch unter Kollegen über die Höhe des eigenen Gehalts sprechen darf oder nicht, ist unter anderem abhängig vom individuellen Arbeitsvertrag. Enthält dieser dazu keine Regelung oder nur eine allgemeine Verschwiegenheitsklausel zu Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen, kann man davon ausgehen, dass in Bezug auf den Austausch eigener Gehaltsdaten keine Beschränkungen vorliegen. Die allgemeinen Verschwiegenheitsklauseln wirken in diesem Bereich in der Regel nicht, da Lohn- und Gehaltsdaten nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts für sich keine Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse darstellen.

Dennoch kommt es nicht selten vor, dass zusätzliche Verschwiegenheitsklauseln den Arbeitnehmern ausdrücklich verbieten, über ihre Vergütung zu sprechen. Die Wirksamkeit von solchen Bestimmungen wurde allerdings bisher nicht höchstrichterlich geprüft, was bedeutet, dass das höchste zuständige Gericht noch keine abschließende Entscheidung diesbezüglich getroffen hat. Jedoch hat das Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern im Urteil vom 21.10.2009 (Az. 2 Sa 183/09) entschieden, dass eine derartige arbeitsvertragliche Verschwiegenheitsklausel unwirksam ist, da sie den Arbeitnehmer unangemessen benachteiligt. Das Landesarbeitsgericht argumentierte in diesem Fall so, dass jeder Arbeitnehmer frei über sein Gehalt sprechen können muss, da derartige Gespräche unter Kollegen die einzige Möglichkeit sind, um überprüfen zu können, ob der Arbeitgeber bei der Lohnhöhe den Gleichbehandlungsgrundsatz einhält. Dieser besagt, dass grundsätzlich alle Menschen gleich behandelt werden müssen. Arbeitsrechtlich bedeutet dies, dass Arbeitnehmer in vergleichbarer Position in der Praxis nicht grundsätzlich unterschiedlich behandelt werden dürfen, z. B. in Bezug auf ihr Gehalt.

Der Austausch über das eigene Gehalt verschafft den Angestellten mehr Transparenz bezüglich ihres Einkommens und ermöglicht ihnen so eine bessere Verhandlungsposition im Falle von Gehaltsverhandlungen. Gespräche über die Angemessenheit von Löhnen können dazu beitragen, die Einkommenslücke zwischen Viel- und Geringverdienern sowie Männern und Frauen zu verringern, und schaffen somit mehr Fairness hinsichtlich der Vergütung. Arbeitgeber haben auch aus diesem Grund häufig ein großes Interesse daran, dass die Mitarbeiter nicht über Gehälter sprechen.

Darüber hinaus verstößt eine vertraglich geregelte Geheimhaltungspflicht bezüglich des Gehalts gemäß Art. 9 Abs. 3 Grundgesetz (GG) gegen das Grundrecht auf Koalitionsfreiheit. Dieses bezeichnet das Recht von Arbeitnehmern und Arbeitgebern, sich zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen zusammenzuschließen. Demzufolge wären aufgrund einer Verschwiegenheitspflicht auch Mitteilungen über die Lohnhöhe gegenüber einer Gewerkschaft unzulässig. Damit wäre auch eine auf das Unternehmen bezogene Tarifpolitik der Gewerkschaft kaum möglich, da diese voraussetzt, dass die Gewerkschaft die Lohnstruktur im Unternehmen in Erfahrung bringen kann.

Jedoch gibt es auch Ausnahmefälle, in denen eine solche Geheimhaltungspflicht bezüglich der Lohnhöhe rechtmäßig ist, und zwar dann, wenn die Gehaltsdaten eine Wettbewerbsrelevanz haben. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn Konkurrenten durch diese Informationen einen Wettbewerbsvorteil erhalten. So entschieden die Richter des Bundesarbeitsgerichts im Urteil vom 26.02.1987 (Az 6 ABR 46/84). Auch in Bezug auf bestimmte Angestelltengruppen besteht hier eine Ausnahme. So dürfen Mitarbeiter der Personalabteilung weder unter Kollegen noch in privaten Kreisen über Gehaltsdaten sprechen, die sie im Rahmen ihrer Arbeit erfahren haben. Angestellte des Personalwesens unterliegen nämlich dem Datengeheimnis im Sinne von § 5 BDSG. Die Verletzung des Datengeheimnisses kann mit empfindlichen Bußgeldern oder sogar mit Freiheitsstrafe geahndet werden.

Rechtliche Folgen bei Verletzung der Verschwiegenheitspflicht

Entspricht die vertraglich geregelte Geheimhaltungspflicht den rechtlichen Bestimmungen und der Arbeitnehmer hält sich trotzdem nicht daran, muss er mit rechtlichen Konsequenzen rechnen. So kann der Arbeitgeber auf die Verletzung der Verschwiegenheitspflicht z. B. mit einer Unterlassungsklage reagieren. Darüber hinaus ist der Verrat von Betriebsinterna auch strafrechtlich relevant. Wer als Beschäftigter eines Unternehmens etwa ein Geschäfts- oder Betriebsgeheimnis, welches ihm im Rahmen des Dienstverhältnisses anvertraut worden oder zugänglich geworden ist, während der Geltungsdauer des Dienstverhältnisses unbefugt an jemanden zu Zwecken des Wettbewerbs, aus Eigennutz, zu Gunsten eines Dritten oder in der Absicht, dem Inhaber des Unternehmens Schaden zuzufügen, mitteilt, wird mit einer Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder einer Geldstrafe belegt (§ 17 Abs. 1 UWG).

Darüber hinaus kann eine Verletzung der Schweigepflicht die ordentliche oder außerordentliche verhaltensbedingte Kündigung rechtfertigen. Weiterhin kann der Arbeitgeber unter Umständen auch Schadensersatzansprüche geltend machen.

Whistleblowing und Datenschutz

Der Arbeitgeber darf Angestellte nicht daran hindern, Betriebsinterna zu offenbaren, wenn diese damit auf wichtige innerbetriebliche Missstände aufmerksam machen, welche auch die Allgemeinheit betreffen. Gemeint ist das sogenannte Whistleblowing. Voraussetzung ist allerdings, dass man zuvor den Arbeitgeber darüber informiert und vergeblich die Beseitigung der Missstände gefordert hat. Handelt es sich bei den dem Arbeitgeber zur Last gelegten Vorfällen allerdings um schwerwiegende Vorwürfe und sind die betreffenden Straftaten vom Arbeitgeber selbst begangen worden, so entfällt die Pflicht des Arbeitnehmers, eine innerbetriebliche Klärung zu unternehmen. Somit gilt: Wenn objektiv kein schützenswertes rechtserhebliches Interesse des Arbeitgebers an der Geheimhaltung einer konkreten Tatsache besteht bzw. diesem andere übergeordnete Interessen entgegenstehen, ist auch eine zur umfassenden Verschwiegenheit verpflichtende Klausel im Arbeitsvertrag unzulässig und kommt nicht zur Anwendung.

Zusammengefasst lässt sich also feststellen, dass hinsichtlich gewisser Daten, wie Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen, eine arbeitsrechtliche Schweigepflicht besteht, auch wenn dies nicht ausdrücklich im Arbeitsvertrag festgehalten ist. Bezüglich der Gehaltsdaten sind derartige Verschwiegenheitsklauseln, egal ob schriftlich fixiert oder nicht, in der Regel unwirksam, es sei denn es besteht ein Ausnahmefall im Sinne der Wettbewerbsrelevanz oder man ist in einem besonderen Arbeitsbereich tätig, welcher dem Datengeheimnis unterliegt.

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Quellen:

arbeitsvertrag.org
Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz
haufe.de
hensche.de
Legal Tribune Online
Zeit Online

 

 

 

 

 

* Dieser Service stellt keine Rechtsberatung dar und ersetzt diese auch nicht.