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Wie viel verdienen EU-Abgeordnete?

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Wehende Europa-Fahnen vor dem EU-Parlament in Brüssel

Es wird wieder gewählt – dieses Mal das Europäische Parlament. Zwischen dem 23. und dem 26. Mai 2019 sind alle wahlberechtigten Bürgerinnen und Bürger der Mitgliedsstaaten der Europäischen Union dazu aufgerufen, bei der sogenannten Europawahl die EU-Abgebordneten ihres Landes zu wählen. Übrigens: Ironischerweise sind auch die Briten dazu aufgefordert, ihre Europaabgeordneten zu wählen – der Brexit ist schließlich (noch) nicht vollzogen und somit ist auch das Vereinigte Königreich von Großbritannien und Nordirland nach wie vor ein Teil der Europäischen Union. Hierzulande werden diejenigen, die nicht per Briefwahl abstimmen, am 26. Mai – traditionell ein Sonntag – zu den Wahlurnen gerufen, um die deutschen Europaabgeordneten zu bestimmen. 96 der insgesamt 751 Abgeordneten des neuen EU-Parlaments werden aus Deutschland kommen – kein anderes Land stellt mehr.

In diesem Artikel werfen wir nicht nur einen Blick darauf, was EU-Abgebordnete tun und wie sie auf diesen Posten gelangen können. Besonders genau betrachten wir darüber hinaus das Gehalt der EU-Parlamentarier und alles, was mit Vergütungen und Bezügen zusammenhängt. Welches Budget steht ihnen für Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen zur Verfügung? Wer bezahlt für Reisen und Unterkünfte in Brüssel und Straßburg? Und dürfen die gewählten Volksvertreter Nebeneinkünfte erzielen?

Was sind die Aufgaben der EU-Abgeordneten?

Abgeordnete im Europäischen Parlament kümmern sich um ähnliche Themen wie Bundestagsabgeordnete im Bundestag, nur eben auf europäischer Ebene. Sie haben die Aufgabe, sich für die Interessen der Bürgerinnen und Bürger einzusetzen, deren offizielle politische Vertreter sie durch deren Votum sind. In Bezug auf Gesetze, die EU-weit gelten sollen, sind sie sowohl an der Vorbereitung als auch an der Gesetzgebung beteiligt. Darüber hinaus übernehmen sie die Kontrolle der Exekutive, also vor allem der Europäischen Kommission.

Neben der Arbeit im heimischen Wahlkreis sind Mitglieder des Europäischen Parlaments (MdEP) hauptsächlich mit Plenartagungen in Straßburg und Brüssel sowie Ausschuss- und Fraktionssitzungen in der belgischen Hauptstadt beschäftigt. In den Ausschüssen, die Gesetze und andere Initiativen für die Plenarsitzungen erarbeiten und vorbereiten, geht es um politische Spezialthemen aller Art, so beispielsweise auch um folgende Schwerpunkte:

  • Finanzpolitik
  • Handelspolitik
  • Sicherheitspolitik
  • Gesundheitspolitik
  • Agrarpolitik

Die Tätigkeit als Europaparlamentarier ist nicht nur durch die Arbeit in den Ausschüssen, im Parlament selbst und im Wahlkreis zeitintensiv, auch das regelmäßige Pendeln zwischen Brüssel, Straßburg und dem Heimatland sorgt für eine große (zeitliche) Belastung.

Gehalt und Co. – das bekommen Europaabgeordnete

Das große Zeitinvest und die verantwortungsvollen Aufgaben spiegeln sich auch in der Vergütung wider. Im Allgemeinen erhalten alle Parlamentarier der Europäischen Union das gleiche Gehalt bzw. die gleichen Dienstbezüge, wie es offiziell heißt.

Die Bezüge, die aktuell bei 8.757,70 Euro monatlich liegen, werden vor der Auszahlung noch durch eine sogenannte EU-Steuer und einen Versicherungsbeitrag reduziert, sodass der Auszahlungsbetrag letztendlich pro Monat 6.824,85 Euro beträgt. Dieses Einkommen muss in der Regel allerdings durch den jeweiligen Abgeordneten noch in dessen Heimatland versteuert werden.

Die Höhe der Grundbezüge richtet sich übrigens danach, was ein Richter am Europäischen Gerichtshof verdient. Bei der monatlichen Grundbezahlung handelt sich um genau 38,5 Prozent des Grundgehalts dieser Richter. Eigene Diätenerhöhungen können die Parlamentarier durch diese Kopplung nicht selbst beschließen – anders als dies bei Bundestagsabgeordneten der Fall ist.

Gleiche Bezahlung – Gründe und Ausnahmen

Das Prinzip der gleichen Bezahlung aller Abgeordneten durch die EU gibt es seit 2009. Vorher wurde jeder EU-Parlamentarier durch sein Heimatland und in der Regel genau wie ein Parlamentarier des heimischen nationalen Parlaments bezahlt. Da dies jedoch zu extremen Gehaltsunterschieden unter den EU-Abgeordneten und für einige Parlamentarier zu Schwierigkeiten bei der Finanzierung der Ausübung ihres Mandats führte, erfolgte eine allgemeingültige Lösung.

Im Jahre der Angleichung, also 2009, konnten sich die damals aktiven Abgeordneten entscheiden, ob sie weiterhin wie die Abgeordneten des Heimatlandes oder nach der neuen Regelung für die EU-Parlamentarier bezahlt werden wollten. Da die damalige Entscheidung für die gesamte Dauer der Zugehörigkeit zum Parlament getroffen wurde, gibt es auch heute noch vereinzelte Delegierte, die nach der alten Regelung, also durch ihr Herkunftsland bezahlt werden. Diese versteuern ihr vollständiges Einkommen dann auch landesüblich und leisten dort die gängigen Sozialabgaben.

Weitere Gelder für EU-Abgeordnete

Jeder, der mindestens ein Jahr als EU-Abgeordneter gearbeitet hat, hat ab der Vollendung des 63. Lebensjahres auch Anspruch auf eine Altersrente. Pro Jahr der Parlamentariertätigkeit stehen dem oder der jeweiligen Person 3,5 Prozent der Dienstbezüge zu, maximal aber 70 Prozent der Bezüge.

Neben von der EU zur Verfügung gestellten, vollausgestatteten Büros in Brüssel und in Straßburg haben die Delegierten in der Regel auch noch ein Abgeordnetenbüro im Heimatbezirk. Für die Deckung der täglichen Betriebskosten der drei Abgeordnetenbüros erhält jeder Delegierte eine monatliche Pauschale in Höhe von 4.513 Euro. Von diesem Betrag werden z. B. Miete und Hardware für das Büro im Heimatbezirk sowie Telefonrechnungen, Portokosten, Abonnements, die Organisation von eigenen Veranstaltungen etc. aller drei Büros bezahlt. Belege müssen hier nicht vorgelegt werden; der Betrag wird jedoch halbiert, falls ein MdEP ohne akzeptablen Grund an weniger als der Hälfte der Plenarsitzungen eines Jahres teilnimmt.

Zusätzlich zu den bereits genannten Bezügen und der Betriebspauschale stehen den EU-Delegierten eine Reihe weiterer finanzieller Mittel zur Verfügung:

  • Tagegeld
    Pro offiziellem Arbeitstag des Parlaments in Straßburg oder Brüssel erhält jeder Parlamentarier eine Pauschale von 320 Euro. Diese ist z. B. für Unterkunft und Verpflegung gedacht und wird nur ausgezahlt, wenn der- oder diejenige sich in die Anwesenheitsliste eingetragen hat. Wer bei den Plenartagungen lediglich anwesend ist und nicht mindestens an der Hälfte der namentlichen Abstimmungen teilgenommen hat, muss eine Halbierung des Sitzungsgelds in Kauf nehmen. Bei Sitzungen außerhalb der EU gibt es bei Eintragung in die Anwesenheitsliste 160 Euro pro Tag sowie die Kosten fürs Hotel.
  • Reisekosten
    Reisekosten zu den Plenartagungen sowie den Fraktions- und Ausschusssitzungen in Brüssel und Straßburg werden bei Vorlage der entsprechenden Belege erstattet. Dabei sind Flüge in der Business Class sowie der 1. Klasse der Bahn zulässig. Zudem wird eine von der Entfernung und Dauer der Reise abhängige Pauschale für sonstige Reisekosten wie Übergepäck, Reservierungsgebühren etc. ausgezahlt. Für weitere mit der Funktion als EU-Abgeordneter zusammenhängende Reisen verfügen die Delegierten über ein jährliches Budget von 4.454 Euro. Bei Reisen innerhalb des Herkunftslandes werden lediglich die Reisekosten, nicht aber damit verbundene Nebenkosten erstattet. In beiden Parlamentsstädten stehen den Delegierten Dienstfahrzeuge des Parlaments zur beruflichen Nutzung zur Verfügung.
  • Mitarbeiterkosten
    Jeder Parlamentarier kann ein monatliches Budget von maximal 24.943 Euro für die Beschäftigung von Assistenten nutzen. Mindestens 25 Prozent dieser Summe muss an akkreditierte, also offiziell zugelassene, Assistenten in Brüssel, Straßburg oder Luxemburg gehen, maximal 75 Prozent darf im Heimatland lokalen Assistenten zugedacht werden. Die Gehälter werden von der EU-Verwaltung direkt an die Assistenten ausgezahlt, gehen also nicht durch die Hände der Abgeordneten. Übrigens: Verwandte dürfen mit diesem Budget nicht beschäftigt werden.

Ist das Mandat eines EU-Parlamentariers beendet, erhält er ein sogenanntes Übergangsgeld. Die Höhe richtet sich nach der Zeit der Parlamentszugehörigkeit. Pro Jahr als Abgeordneter besteht ein Anspruch in Höhe eines Monatsgehalts, für eine fünfjährige Legislaturperiode gäbe es also ein Übergangsgeld in Höhe von fünf Monatsgehältern. Dieses Geld soll den Widereinstieg in einen nicht-parlamentarischen Beruf finanziell erleichtern und darf maximal zwei Jahre lang bezogen werden. Wer also länger als 24 Jahre EU-Abgeordneter war, bekommt dennoch nicht länger als 24 Monate Übergangsgeld. Wird vor Ende des Ablaufs dieser Zuweisung ein anderes Mandat oder ein öffentliches Amt übernommen, verringert sich der Anspruch um die Höhe des neuen Gehalts. Zudem kann das Übergangsgeld nicht zusätzlich zu einer Alters- oder Invaliditätsrente bezogen werden – hier muss der oder die Abgeordnete sich für eine der beiden Leistungen entscheiden.

Ein Thema mit Brisanz: Nebenverdienst als EU-Abgeordneter

EU-Abgeordneten steht es grundsätzlich frei, zusätzlich zu ihren Vergütungen, die sie von der Europäischen Union beziehen, Nebeneinkünfte zu erzielen. Selbstverständlich sollen diese Nebeneinkünfte nicht ihre politische Arbeit beeinflussen, doch häufig sind die Grenzen zwischen Parlamentsarbeit und ‚Nebenjob‘ nicht ganz trennscharf – zumal z. B. Aktienbesitz, der durchaus zu Interessenkonflikten führen kann, überhaupt nicht angegeben werden muss.

Laut einer Studie von Transparency International, die sich der Bekämpfung von Korruption verschrieben haben, bezog rund ein Drittel der aktuellen EU-Delegierten nebenbei ein zusätzliches und meldepflichtiges Einkommen in Höhe von mindestens 100.000 Euro innerhalb der ersten vier Jahre der jetzt endenden Legislaturperiode. Ein pikantes Detail: Mitglieder rechtpopulistischer Parteien sind besonders häufig dabei. 54 Prozent der Delegierten der Rechtpopulisten der ENF-Fraktion (ENF = Europa der Nationen und der Freiheit) verdienen sich nebenbei ein stattliches Zubrot – und das, obwohl besonders aus dieser politischen Richtung die Nebeneinkünfte der Parlamentarier besonders harsch kritisiert wurden und werden. Der genannte Betrag von 100.000 Euro innerhalb von vier Jahren kann in der Realität sogar noch deutlich höher sein. Denn die Abgeordneten müssen nicht genau angeben, wieviel sie nebenher verdienen, sondern ihre Einkünfte lediglich in Einkommensstufen melden. Und bei der Berechnung dieser Zahl wurde von Transparency International die Untergrenze der jeweiligen Stufe als Basis genommen.

Doch nicht nur die Rechtpopulisten verdienen nebenbei hohe Summen, auch (führende) Politiker und Politikerinnen aus anderen Parteien und Fraktionen sind dabei, aus Deutschland zum Beispiel hochrangige Delegierte aus CSU und CDU.

Wie wird man EU-Abgeordneter?

Wer sich durch die lukrativen Einkommensmöglichkeiten angesprochen fühlt, sich im Bereich der europäischen Politik engagieren möchte und sich vorstellen kann, ständig zwischen Heimat-Wahlkreis, Brüssel und Straßburg zu pendeln, kann sich theoretisch selbst um ein Mandat bewerben. Für die Europawahl 2019 ist es selbstverständlich zu spät, die Wahllisten stehen fest, aber in fünf Jahren wird ja wieder ein neues Europaparlament gewählt.

Grundvoraussetzung, um ins Parlament gewählt zu werden, ist die Staatsbürgerschaft eines Landes, das Mitglied der Europäischen Union ist. Auch wenn die meisten Abgeordneten in dem Land gewählt werden, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzen – ein Muss ist das nicht. Ein deutscher Staatsbürger zum Beispiel, der in Frankreich lebt, könnte sich auch dort zur Wahl stellen. Entscheidend ist, es auf die Wahlliste einer Partei zu schaffen. Die Chancen steigen selbstverständlich, wenn die Person bereits seit langem Mitglied dieser Partei und dort gut vernetzt ist. Denn um es auf die Wahlliste zu schaffen, bedarf es einiger Unterstützer, die den potentiellen Kandidaten beim parteiinternen Auswahlverfahren auf die Wahlliste wählen.

Neben guten Kontakten und Einfluss sind selbstverständlich auch politische Erfahrung und Fachkenntnisse wichtige Voraussetzungen für eine aussichtsreiche Kandidatur. Auch sprachliche Fähigkeiten, besonders in Englisch und Französisch, sowie interkulturelle Kompetenzen können auf dem internationalen Parkett hilfreich oder gar vonnöten sein. Wer dies alles mitbringt, muss anschließend ‚nur noch‘ die Wähler von sich und seinen Ideen überzeugen, um es schließlich nach Brüssel zu schaffen und dort ein stattliches Gehalt für eine Menge verantwortungsvoller Tätigkeiten zu beziehen

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Quellen:

Deutsche Welle (DW)
Europäisches Parlament
Spiegel Online
Transparency International
Zeit Online