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Verdienst am Theater: Ausbildung, Jobs und Praktikum

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Ein Mann und eine Frau führen ein Bühnenstück auf.

Von Sophokles über Shakespeare bis zu Brecht: Das Theater als Kunstform hat seit Jahrtausenden Tradition und erfreut sich auch heute noch großer Beliebtheit. Allen Unkenrufen zum Trotz, selbst in Zeiten von Streaming, Fernsehen und Kino zieht es zahlreiche Menschen in Schauspielhäuser. Die Besucherzahlen sind weitgehend konstant, ungefähr zwanzig Millionen Zuschauer strömen in Deutschland jedes Jahr in öffentliche Theater, wo ihnen auf der Bühne im doppelten Sinn Drama dargeboten wird. Ein einmaliges Erlebnis, schließlich kann eine Aufführung hautnah aus nächster Distanz mitverfolgt werden und ist niemals exakt reproduzierbar.

Etwa 140 öffentliche betriebene Theater gibt es hierzulande, hinzu kommen hunderte private Schauspielhäuser. Ganz gleich ob Kammerspiel, Rührstück, Varieté oder Posse, Liebhaber der dramatischen Erzählform kommen definitiv auf ihre Kosten, denn die Auswahl ist groß: Über 5.000 verschiedene Inszenierungen werden jede Spielzeit aufgeführt, das sind mehr als 65.000 Einzelveranstaltungen. Das Spektrum reicht von Klassikern wie Faust, Warten auf Godot oder Drei Schwestern über Opern wie Carmen, La traviata oder Tristan und Isolde bis hin zum komplett drehbuchlosen Improvisationstheater.

Dementsprechend hoch ist der Bedarf an Beschäftigten, circa 40.000 Menschen verdienen in Deutschland ihren Lebensunterhalt vor und hinter der Theaterbühne. Die jährlichen Personalausgaben belaufen sich jährlich auf 2,5 Milliarden Euro brutto, damit gehört die Branche zu den wichtigsten Arbeitgebern im Kulturbetrieb. Wir haben uns das Theaterumfeld genauer angesehen: Kann man einfach eine Ausbildung am Theater absolvieren? Welche Berufe gibt es abseits des künstlerischen Personals? Und wie sieht es mit der Bezahlung aus? Diese und weitere Fragen werden in diesem Artikel behandelt.

 

Tragödie, Oper, Ballett: Welche Formen des Theaters gibt es?

Lautstark deklamierende Schauspielerinnen und Schauspieler, die ihren Text in rhythmischem Metrum zum Publikum sprechen: So stellen sich die meisten Menschen eine Theateraufführung vor. Diese Form ist als Sprechtheater bekannt bzw. wird oftmals schlichtweg unter dem Begriff Schauspiel zusammengefasst. Schauspielhäuser bezeichnen demzufolge eigentlich Institutionen, die sich auf die Inszenierung von vollständig oder überwiegend gesprochenem Drama fokussieren. Das Genre lässt sich in zwei Hauptformen unterteilen: Die Komödie und die Tragödie. Während sich manche Dramatiker auf eine der Stilrichtungen spezialisieren, haben manch andere beide Gattungen im Repertoire. Bestes Beispiel hierfür ist Shakespeare, der sowohl epische Dramen wie Hamlet oder Macbeth als auch komödiantische Lustspiele wie Ein Sommernachtstraum verfasste. Eine eindeutige Zuordnung ist aber gerade bei modernen Stücken oftmals nicht möglich – und selbst Romeo und Julia, das vielleicht bekannteste Theaterstück der Geschichte, vereint Elemente beider Formen.

Das Sprechtheater deckt das Theatergenre jedoch bei Weitem nicht zur Gänze ab, sondern ist nur eine von vier klassischen Sparten. Seit jeher beliebt ist zusätzlich das Musiktheater, bei der die auf der Bühne stattfindende Handlung kontinuierlich mit musikalischer Begleitung verbunden wird; typisch sind hier dann zudem Gesangseinlagen. Der Ursprung des musikalischen Theaters liegt in der Oper, bei der dramatische Dichtungen pathetisch vertont werden. Im Vordergrund stehen nicht Schauspiel und Handlung, sondern vor allem der Gesang. Charakteristisch ist zudem die tänzerische Begleitung durch ein Ballettensemble. Heiterer und leichtfertiger geht es in der Operette zu, bei der zudem nicht sämtliche Dialoge gesungen werden. Die größte Ähnlichkeit zum Schauspieltheater hat das Musical, welches viele Stilelemente aus dem Film wie etwa einen mitreißenden Plot, opulente Kulissen und ausgedehnte Sprechpassagen übernimmt. Zu erwähnen ist abschließend noch das Singspiel, welches einen kabaretthaften Charakter innehat.

Darüber hinaus gibt es noch das Tanztheater sowie das beispielsweise mit Marionetten oder Handpuppen agierende Figurentheater. Jede Sparte des Theaters hat eigene Anforderungen und Merkmale, weswegen sich insbesondere das künstlerische Personal auf bestimmte Formen festlegt. Dass ein Puppenspieler nicht im Ballett eingesetzt werden kann, liegt auf der Hand. Doch auch im Sprechtheater versierte Schauspieler können normalerweise nicht für Musicalvorstellungen eingesetzt werden, da ihnen die nötigen Gesangs- und Tanzfähigkeiten fehlen. Ein besonders für sich alleinstehendes Fach ist außerdem der Operngesang: Hier tätige Vokalisten spezialisieren sich daher schon während ihrer Ausbildung. Zuletzt darf nicht vergessen werden, dass es in Theatern mitunter auch reine Konzertvorführungen geben kann.

 

Mehr als nur Schauspiel und Musik: Berufe und Gehälter am Theater

Tätigkeiten am Theater verbinden die meisten Menschen in der Regel zuerst mit dem Schauspielberuf – tatsächlich machen Darstellerinnen und Darsteller aber lediglich einen kleinen Teil des Personalstamms aus. Von den 40.000 Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen an deutschen Theatern waren 2019 lediglich rund 1.900 schauspielerisch auf der Bühne tätig. Hinzu kommen ungefähr 1.200 Vertreter und Vertreterinnen des Gesangsfachs sowie knapp 1.400 Tänzerinnen und Tänzer. Insgesamt ist ungefähr die Hälfte der Belegschaft dem künstlerischen Personal zuzuordnen – hierzu gehören zusätzlich noch Verantwortliche für Regie, Drehbuch, Choreografie, Dramaturgie, Soufflage und selbstverständlich Musik.

Weitere 13.000 Menschen waren 2019 in technischen Abteilungen aktiv. Neben klassischen Handwerksberufen wie Elektroniker oder Tischler sind das vor allem Tätigkeiten, die speziell auf das Theaterumfeld zugeschnitten sind. Wichtige Arbeitsfelder sind etwa Bühnenbild, Bühnentechnik, Ton, Licht und Make-up. Beispielhaft sei zudem gesondert auf Berufe im Bereich Kostüm und Bekleidung eingegangen: Hier sorgen erfahrene Schneider, Gewandmeister, Schuhmacher, Hutmacher, Maskenbildner, Rüstmeister und Garderobiers im Hintergrund dafür, dass die im Rampenlicht stehenden Darsteller und Darstellerinnen dem Stück angemessen gekleidet sind.

Einige Beispiele für theaterspezifische Berufe im künstlerischen bzw. künstlerisch-technischen Bereich und ihre zu erwartenden Bruttomonatsgehälter:

Hinzu kommen ähnliche Berufe, die jedoch nicht zwangsläufig in Theaterhäusern arbeiten müssen, sondern etwa auch bei Film und Fernsehen, bei Konzerthallen oder in sonstigen Feldern der Veranstaltungstechnik gefragt sind. Exemplarisch seien hier einige mitsamt durchschnittlichem monatlichem Bruttogehalt genannt:

Die Arbeit eines beträchtlichen Teils der Mitarbeiterschaft hat indessen nur indirekt einen künstlerischen Bezug: Über 8.500 Beschäftigte waren 2019 in deutschen Theatern für administrative Aspekte zuständig. Ein klassischer Bürojob mitten im Kulturbetrieb ist also durchaus möglich, denn ähnlich wie jedes andere Unternehmen benötigt auch ein effektiv geführtes Theater kompetente Fachkräfte in Management, Verwaltung, Direktion, Personalwesen, Finanzwesen oder Marketing. Hinzu kommen noch Aushilfskräfte im Verkauf.

Wie können junge Menschen in der Theaterbranche Fuß fassen? Vor allem in künstlerisch-technischen Tätigkeiten ist es hier tatsächlich möglich, direkt eine Lehre am Theater zu absolvieren. Das gilt besonders für Ausbildungsberufe wie Bühnenmaler bzw. Bühnenplastiker, Maskenbildner sowie Fachkraft für Veranstaltungstechnik. Aktuell gibt es an die 1.000 Theater-Azubis in Deutschland.

Anders sieht es bei Schauspielern, Musikern und Tänzern aus: Diese lernen ihr Handwerk an spezialisierten Schulen, zum Beispiel an einer Schauspielschule, einem Konservatorium oder einer Tanzschule. Spätestens während der Ausbildung sollte angehenden Theaterkünstlern aber bewusst sein, in welchem Feld sie später arbeiten wollen, damit rechtzeitig eine entsprechende Schwerpunktsetzung geschieht. Möglich ist ebenso ein Studium – das gilt gleichermaßen für künftige Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen aus Bereichen wie Regie oder Dramaturgie. Wichtig sind hier dann zumeist auch direkte Hospitationen am Theater. Viele Schauspielhäuser bieten außerdem Praktika an, mitunter sogar bereits während der Schulzeit – wer einmal reinschnuppern will, sollte bei hiesigen Theatern nachfragen oder sich gar initiativ bewerben.

An öffentlichen Theatern gelten Tarifverträge – für Musiker ist dies der Tarifvertrag für Musiker in Konzert- und Theaterorchestern (TVK), für alle anderen Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen aus dem künstlerischen oder künstlerisch-technischen Bereich der Normalvertrag (NV) Bühne. Nicht-künstlerisch Beschäftigte fallen hingegen unter den Tarifvertrag für den Öffentlichen Dienst (TVöD).

 

Aktuelle Stellenangebote am Theater:

Bruttogehalt:
Durchschnittliches Bruttogehalt bei 40 Wochenstunden

Überstunden, Niedriglöhne und befristete Verträge – lohnt sich der Traumberuf Theater?

Jeden Abend auf der Bühne vor Tausenden Zuschauern performen oder im Hintergrund die künstlerische Ader ausleben – diesen Wunschtraum hegen etliche theaterbegeisterte Menschen. An Branchennachwuchs mangelt es demnach nicht, im Gegenteil: Die Anzahl an Mitbewerbern ist beträchtlich. Nicht immer gelingt es also, im harten Kunstmetier auch Fuß zu fassen, egal wie viel Zeit investiert wurde, und selbst wenn die erste Hürde überwunden ist, stehen weitere Herausforderungen an, denn die Bezahlung für Einsteiger ist notorisch gering. Durch die vom restlichen öffentlichen Dienst losgelösten Tarifverträge hat sich ein verhältnismäßig niedriges Gehaltsniveau etabliert, hinzu kommen abertausende unentgeltliche Arbeitsstunden von Hospitanten. Gerade durch die hohe Konkurrenz sitzen Künstler und Künstlerinnen allerdings am kürzeren Hebel.

Das heißt nicht, dass Spitzengehälter unmöglich sind, jedoch sind diese einigen wenigen vorenthalten. Stardirigenten an namhaften Theatern können im besten Fall beispielsweise gar Jahresgagen im Millionenbereich erreichen, und auch für Intendanten liegt der Verdienst normalerweise im sechsstelligen Bereich. Wer dauerhaft in einem großen Orchester unterkommt, kann ebenso mit Jahreslöhnen im oberen fünfstelligen Bereich rechnen, zumal oftmals noch Zulagen oder Boni für Tourneen oder Audioaufnahmen hinzukommen. Solche Plätze sind jedoch rar und ausgesprochen begehrt, die meisten Kunstschaffenden im Theater befinden sich am anderen Ende der überaus weiten Gehaltsspanne. Selbst ein festes Engagement ist eher die Ausnahme, üblich sind befristete Verträge, die dann etwa für eine Spielzeit gelten. Viele Musiker, Schauspieler oder Tänzer können von ihrer Tätigkeit am Theater nicht leben, sondern sind auf zusätzliche Aufträge angewiesen.

Vertreter der Kreativbranche und Gewerkschaften monieren aber nicht nur die prekäre Gehaltssituation, sondern auch widrige Arbeitsbedingungen. Arbeit an sechs bis sieben Tage die Woche ist nicht unüblich, denn der öffentlich sichtbare Bühnenauftritt macht nur einen kleinen Teil der Arbeitszeit aus. Der perfekten Vorstellung gehen ausgedehnte Probezeiten voraus, diese können schon früh am Morgen beginnen. Feierabend ist mitunter indes erst spätabends nach Ende der Inszenierung. Stress und Burn-out sind die Folge, viele Kunstschaffende werfen frustriert das Handtuch. Kritisiert wird ebenso, dass freie Tage nicht eingehalten werden, was zusätzlich zur geringen Halbwertszeit eines Theaterlebens beiträgt.

Damit ein Engagement am Theater nicht im wahrsten Sinne des Wortes zur brotlosen Kunst wird, fordern Betroffene bessere staatliche Förderung und eine Überarbeitung der Tarifverhältnisse. Reichtum dürfte einem Großteil aller Beschäftigten allerdings ohnehin nicht winken – das ist Theatermitarbeitern in der Regel aber durchaus bewusst. Dennoch arbeiten viele gerne in ihrem Beruf und empfinden ihn als erfüllend, denn sie schätzen künstlerische Selbstverwirklichung mehr als ein hohes Einkommen. Wer von einer Karriere am Theater träumt, muss sich also nicht zwangsläufig abschrecken lassen. Einen klassischen Nine-to-five-Job gibt es dort aber nicht – im Positiven wie im Negativen.

 

Quellen:

Bundesverband der Theater und Orchester

Business Insider

Statista

taz

Zeit Online

 

Autor: Michel Vo